Mittwoch, 26. März 2008

The JO must go on

Ein denk-, nein, ein regelrecht tenkwürdiges konzert fand diese nacht im JO Ottensheim statt.... der Jugendkulturverein, der seit Anfang der 90er-Jahre Ottensheim mit hochqualitativen Rock- und anderen Konzerten bereichert und am 30. dieses Monats sein Begräbnis begehen wird. Bis dahin, von 23. bis 30. märz, findet im JO jeden tag ein konzert statt.

Das "letzte Abendmahl" wird von der lokal-regionalen Jugend begeistert aufgenommen. Am Ostersonntag haben rund 200 personen die bescheidenen räumlichkeiten und den hof des JO bevölkert. Die Bands Sutinit und Heiligenblut waren Anlass dafür. Am nächsten Tag folgte eine geballte Ladung elektronischer Experimentalmusik. Mit IBM und Breakcore wurde das Publikum vollgedröhnt.

Osterdienstags folgte schließlich die nächste Eskalationsstufe. Die 5 Reiter derRock-Apokalypse - PORN TO HULA - brachten das JO zur Explosion. Während ihrem 1,5-stündigen Konzert blieb niemand trocken, der nicht rechtzeitig den Konzertraum verlassen hat. Kaum einer der rund 100 Besucher blieb von den pausenlosen Bierduschen, die vor der Bühne im JO-Konzertraum über das Publikum einhergingen, verschont. Immerhin haben sie etwas Luft auf der "Tanzfläche" verschafft, wo sich bald viele nur noch mit nackten Oberkörpern zu bewegen wagten. Die andere Hälfte des Publikums lauschte aus dem trockeneren Barraum oder von der wärmenden Feuertonne im Hof.

Dokumentiert wurde das in die Ortschronik eingehende Konzert von einem der tapferen Fotoclub-Fotografen, die bereits am letzten Open Air in Ottensheim mit Porn to Hula und den von ihnen entfachten Begeisterungsstürmen in Kontakt kamen. In der Ecke verschanzt, konnte er den nackten, bierverschmierten Wahnsinn für die Ewigkeit fest halten.

Was von dem für eine 4.500-Einwohner zählenden Gemeinde vor den Toren Linz' überwältigend gefüllten Konzert im JO bleibt: Ein Scherbenmeer aus Bier und Erinnerungen für die Ewigkeit an die einzigartige Jugendinitiative die in der Umgebung von Linz seinesgleichen sucht. Der Jugendkulturverein, aus dem 2004 auch die Veranstalter des legendären Openair als eigener Verein hervorgingen, schließt nach der letzten Märzwoche für immer seine Pforten am Ottensheimer Marktplatz - aber nicht ohne nochmals lautstark auf sich und die Notwendigkeit eines unkommerziellen Veranstaltungsortes für Jugend und junggebliebene in Ottensheim aufmerksam zu machen.

Discos und Bars mit Mainstream-Ausrichtung samt Koma- und Bingedrinking-Aktionen dürfen nicht die einzigen Ausgehoptionen für Jugendliche der Vorstädte und -orte nördlich von Linz sein. Die Gemeindepolitik muss Jugendkulturinitiativen aktiv unterstützen um einerseits die Jugend in der Gemeinde zu halten und andererseits gegen die Massenverblödung durch gewinnorientierte Discos und Bars mit Trash-Musik und Komasaufaktionen aktiv zu werden. Gerade in Ottensheim, wo man mit dem JO vielfach positive Erfahrungen gemacht hat, sollte dies besonders geschätzt und unterstützt werden. Schließlich haben andere Gemeinden der Region nicht zu unrecht stets auf die jugendkulturellen Aktivitäten in Ottensheim geschielt - kam doch ein Gutteil der Besucher und Aktivisten des JOs auch aus teils viele Kilometer entfernten Gemeinden des westlichen Mühlviertels.

3 Konzerte, einen normalen Barbetriebsabend und zuletzt ein Bestattungsumzug am Sonntag wird das JO noch veranstalten, bevor die Gemeinde Ottensheim mit den Umbauarbeiten für das neue Gemeindeamt beginnen wird. Eine zentral gelegene Veranstaltungslokalität konnte bisher weder für den Jugendkulturverein Ottensheim (JO) noch für den quasi-Nachfolgeverein KOMA (Kultur Ohne Momentane Ansiedlung) gefunden werden.
 
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