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Donnerstag, 14. Juli 2011

Lobmeyr-Hof geräumt! Wiener Wohnen lässt sich durch WEGA bei "Verhandlungstermin" vertreten

letztes Update Linksammlung + eingebettete Videos zum "Presseverbot": 22. Juli 2011
Am Vormittag des Donnerstag, 14. Juli, wurde der seit 7. Juli besetzte Lobmeyr-Hof polizeilich und unangekündigt geräumt - angekündigt wäre eigentlich ein Verhandlungstermin mit dem städtischen Eigentümer "Wiener Wohnen" gewesen, doch diese ließen sich nicht blicken und gingen, für Nachfragen unerreichbar, auf Tauchstation. Nach knapp vier Stunden (Einsatzbeginn ca. 8:30, Abschluss der Räumung und Hofdurchsuchung kurz vor 12 Uhr) konnte der Einsatz beendet werden.

Mutmaßlich 100 bis 200 PolizistInnen, darunter die WEGA, wurden eingesetzt, um die etwa 30 bis 40 BesetzerInnen aus dem Hof, den Wohnungen und vom verbarrikadierten Dachgeschoß bzw. von den Dachgiebeln zu holen. Diese wurden "erkennungsdienstlich behandelt" (Ausweisleistung/Foto) und werden auf freiem Fuß angezeigt (was meist mangels Zuordenbarkeit der vorgeworfenen Delikte wie Sachbeschädigung auf einzelne Personen ohne Folgen bleibt). Dabei gab es mehrere Verletzte - von Schnitt- und Schürfwunden bis zu Würgemalen am Hals - die jedoch nicht ärztlich behandelt wurden (die Rettung wurde im Gegensatz zur Feuerwehr nicht zur Räumung beigezogen).

Selektive Pressefreiheit - Krone und FPÖ ok - ORF, Kurier & Co nicht

Die Pressefreiheit wurde willkürlich eingeschränkt: So durften kurz nach Räumungsbeginn nur noch Krone- und FPÖ-FotografInnen innerhalb des Hofes anwesend sein, während ein ORF-Kamerateam sowie JournalistInnen und FotografInnen von Kurier, Wiener Bezirkszeitung, WienTV.org sowie freiberufliche mit der Begründung, es sei "zu ihrer eigenen Sicherheit", nicht in den Hof gelassen wurden. Auch die Straßenabschnitte rund um den Hof wurden für alle Personen gesperrt, mit Ausnahme der Durchzugsstraße Wernhardtstraße. Oder wie eine Polizistin es formulierte:



Nach Hinausweisung eines WienTV-Kameramannes begründet der "Polizeijurist" (laut Polizeibeamten; tatsächlich jedoch LVT-Beamter) diese Maßnahme mit: "weil Wiener Wohnen das nicht wünscht":



im Anschluss stehen die Direktorin von Wiener Wohnen und die Pressesprecherin der Polizei Rede und Antwort ... oder auch nicht:



bei einer erneuten Nachfrage behauptet die Pressesprecherin, keinen (Krone-)Fotografen bemerkt zu haben. "Geheime" Aufnahmen von WienTV bezeugen anderes:



Schaulustige PensionistInnen wünschen BesetzerInnen Gaskammer, Haft und Tod

Grund zur Aufregung gab es für die NachbarInnen genug, versperrte doch die Polizei für Stunden die angrenzenden Straßen und Gehsteige, ließ parkende Autos abschleppen und große Feuerwehr-Fahrzeuge um den Hof kreisen (bis sie schließlich abgezogen wurden, da der Wind zu stark war, um die Drehleitern einzusetzen). Erstaunlich aber - selbst für Wiener Verhältnisse - das Verhalten einiger anwesender PensionistInnen, die als erste Reaktion immer "wer muss das alles zahlen - wir! - und die leben auf unsere Kosten" sagten, als zweite Reaktion zumeist bereits Aussagen wie, "der Hitler hätt die olle vergast", "eingsperrt g'herns olle" sowie beim Aufbau der Sprungkissen der Feuerwehr: "sollns doch aufm Asphalt aufschlagen", "mit Samthandschuhen werdn's angfasst" - verbunden mit der Aufforderung "Solln's es doch einfach ausm Fenster schmeißen". Merkwürdig auch die Aussage einer älteren Frau: "Sollen's doch in Griechenland demonstrieren gehen, da hättns ihnen längst a Bomben ins Gsicht gschmissen". Weitere Aussagen - es entwickelte sich ein munterer Dialog im größer werdenden Kreis der PensionistInnen - dieser Art hab ich bereits wieder vergessen - oder verdrängt. Als ein anwesender Kurier-Journalist die PensionistInnen um eine Stellungnahme zur Besetzung/Räumung bat, verweigerten alle die Aussage: "i hob amoi wos gsogt, des is völlig falsch zitiert worden."

Gewaltsame Räumung - von Wohnbaustadtrat Ludwig verleugnet

die Polizei - Freund und Helfer? (Foto: Daniel Hrncir)
Statt VertreterInnen von Wiener Wohnen bezogen ab ca. 8:30 Uhr PolizistInnen sowie die Spezialeinheit WEGA rund um den Hof Stellung, sperrten Gehsteige und Straßenzüge ab, ließen geparkte Fahrzeuge abschleppen, sagten (gegen die Außenmauer) mutmaßlich die Räumung durch und begannen unmittelbar darauf mit ebendieser (vgl. auch Chronik der Räumung). Wiener Wohnen hingegen ging auf Tauchstation, war den ganzen Vormittag über nicht zu diesem Fall zu erreichen. So viel zur Gesprächsbereitschaft der städtischen Wohnungsverwaltung.

Die Räumung lief für Wiener Verhältnisse in relativ "normalen" Rahmen ab. Zunächst wurden jene BesetzerInnen hinausgetragen, die im Hof übernachtet hatten. Dann folgten jene, die in nicht oder kaum verbarrikadierten Wohnungen schliefen oder sich in verschiedenen Gebäudeteilen aufhielten. Zuletzt folgte der Aufbruch der Barrikaden zum Dachgeschoß einer der Stiegen - dieser Teil dauerte mit Abstand am langsten. Wurden JournalistInnen von der Polizei anfangs noch mit "das dauert maximal eine Stunde" informiert, dauerte es schließlich bis ca. 11 Uhr, als auch die verbarrikadierten und am Dach verschanzten BesetzerInnen abgeführt werden konnten. Bis zum endgültigen "OK", dass sich niemand (außer den beiden Wohnparteien) mehr im 165 Wohnungen zählenden Hofkomplex befindet, dauerte es gar bis ca. 11:50 Uhr. Einzelheiten zur Räumung finden sich in alternativen Berichten (siehe Linksammlung am Blogpost-Ende) und als einziges kommerzielles Medium auch im Kurier, der einen engagierten Reporter vor Ort hatte.

Es gab massive Beschimpfungen und Drohungen seitens der räumenden WEGA-BeamtInnen, etwa solche, die Leute vom Dach runterzuschubsen, wenn diese nicht von selbst herunterkämen. Dass die Räumung vor allem jener Personen, die sich im Dachgeschoß, auf der Dachterasse sowie auf den Dachgiebeln verschanzt hatten, nicht ganz ohne Gewalt auskam, zeigen verschiedene Schürf- und Schnittwunden sowie Würgemale (!), die einige BesetzerInnen vor dem Hof den anwesenden FotografInnen zeigten. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Kraft seines Amtes verantwortlich für die Wiener Wohnen Holding, behauptete gegenüber den Medien hingegen ungeniert, die BesetzerInnen hätten den Hof freiwillig verlassen (vgl. derstandard.at).

Nach Abschluss des Einsatzes gegen 12 Uhr machten sich die BesetzerInnen und SympathisantInnen auf den Weg zur Zentrale der Wiener Grünen in die Lindengasse - wo kurzerhand der Hof besetzt wurde. Es entwickelte sich eine intensiv, aber konstruktiv geführte Diskussion über Zuständigkeiten, Verantwortung, Politik unter Anwesenheit von bis zu 50 Personen. Siehe hierzu auch Indymedia.

Stadt investiert in Zerstörung des Hofes

Schon kurz nach Besetzungsbeginn letzte Woche bezahlte die Stadt Handwerker dafür, dutzende Fenster im Halbgeschoß mit Bohrmaschinen zu fixieren, sodass diese nicht mehr geöffnet werden können. Außerdem wurden sämtliche Eingangstüren im Hof zu den unbewohnten Stiegen mit Holzbrettern verbarrikadiert. Die Wohnungen selbst, die in den letzten drei Jahren bis Ende 2010 von ihren Mietern "befreit" wurden, wurden schon damals gründlich unbewohnbar gemacht: Sämtliche Sanitäreinrichtungen wurden aus den Mauern gerissen, einige Teile des Hofes wurden komplett unter Wasser gesetzt, was an aufgequellten Parkettböden und massivem Schimmelbefall erkennbar ist. Und erst kürzlich wurden für 1.700 € Handwerker dafür bezahlt, sämtliche Kellerfenster zuzuschweißen und Türschlösser auszuwechseln.

Und nun behauptet die Stadt, das Gebäude solle renoviert werden - nachdem sie es selbst jahrelang verfallen hat lassen und schließlich dermaßen grob beschädigt hat, dass eine solche Renovierung unnötig verteuert würde. Die Stadt behauptet zwar, alle ehemaligen Mieter hätten ein Rückkehrrecht erhalten, erwähnt aber gleichzeitig (laut krone.at) auch, dass "niemand" (!) von diesem Recht Gebrauch gemacht habe - bei einst 165 Mietparteien! Ehemalige Mieter selbst wissen angeblich nichts von einem Rückkehrrecht. Gerüchte in der Nachbarschaft besagen zudem, die Stadt habe gar kein Interesse, den Hof zu sanieren, sondern wolle ihn so lange verfallen lassen, bis er die Abbruchreife erreicht habe. Dafür spricht auch jene von Insidern stammende Information, dass bei der Stadt Wien entgegen der Behauptungen von Wohnbaustadtrat Ludwig in aktuellen Medienberichten (wo er ja auch behauptet, die Räumung sei freiwillig erfolgt) keinerlei Baupläne oder Ausschreibungen für Bauaufträge vorliegen. Auch ein Polizist sagte, laut BesetzerInnen auf at.indymedia.org, dass das Haus "ja eh ein Abbruchhaus" sei.

Und selbst, wenn Ludwigs Angaben stimmen würden, dass 2012 oder 2013 mit der Renovierung begonnen werden soll, so ist es umso fragwürdiger, warum die Stadt den Dialog mit den BesetzerInnen, die eine Zwischennutzung bis zum (Um)Baubeginn anstreben, konsequent verweigert bzw. vorgetäuscht wird, um letztlich unter großem finanziellen und materiellen Aufwand das Gebäude unbenutzbar zu machen und die NutzerInnen zu vertreiben. Von Gemeinschaftsräumen und einem großzügigen, begrünten Innenhof - wie sie der Lobmeyr-Hof aus dem Jahr 1901 aufwies - ist bei einem derartigen Genossenschaftsbau jedoch keine Rede mehr.

Linksammlung: Pressespiegel, Aussendungen, Materialien (Stand: 22.7.)

Stellungnahmen der BesetzerInnen
:
- (14.7.) Indymedia: Unsere Barrikaden können sie brechen, unseren Willen aber nicht, und schon gar nicht die Bande zwischen uns (erstveröffentlicht im BesetzerInnen-Blog)
-
(14.7.) Indymedia: Nach der Räumung des Lobmeyrhofes: Grünes Haus in der Lindengasse besetzt!
- (14.7.) Indymedia: Trotz Räumung: Ein Fest für Dieter Schrage
- (15.7.) Indymedia: [PA] Stellungnahme der BesetzerInnen zur Räumung des Lobmeyrhofes - Straßenfest für Dieter Schrage (OTS-Aussendung!)
- (17.7.) Indymedia: Nach der Räumung des Lobmeyr-Hofs - Eine kleine Reflexion einiger weniger Individuen
- (18.7.) Indymedia: Ein paar Gedanken zur Besetzung des grünen Hauses in der Lindengasse
- (19.7.) Reader (Indymedia): Für ein Autonomes Zentrum ... in Wien und überall! ("Eine Sammlung von Berichten und sonstigen Texten rund um die Besetzung des Autonomen Zentrums in Wien-Ottakring, Stand 19. Juli 2011")

Presseaussendungen und Stellungnahmen politischer Organisationen:

- (14.7.) KPÖ Wien: Zach protestiert gegen polizeiliche Räumung des Lobmeyr-Hof
- (14.7.) Grüne Wien: Wurzer zu Hausbesetzung: Gesprächsverweigerung von Wiener Wohnen ist unverständlich
- (14.7.) ÖH: Wien braucht mehr Freiräume!
- (14.7.) GRAS: Räumung des Lobmayrhof unsinnig und kulturfeindlich
- (15.7.) KPÖ Wien: Zensur und Presseverbot - Polizeichef Pürstl bricht abermals die Verfassung
- (15.7.) FPÖ Wien: FP-Mahdalik: "Wir sind kriminell" ;)
- (17.7.) Grüner Parlamentsclub: Wiener Wohnen gewährte nur Kronen Zeitung Zutritt bei Räumung des Lobmayrhofes

Print- und Onlinemedien, Blogs:
[- (11.7.) Josef Penninger, Gastkommentar im Standard (relevante Stellen Auszugsweise in Indymedia): Österreich braucht Spielplätze für Kreativität ("Wissenschaft und Kunst brauchen Freiräume für kreative Prozesse. Schaffen wir sie einfach, forderte Josef Penninger in seiner hier dokumentierten Eröffnungsrede des Carinthischen Sommers am Sonntag.")]
- (14.7.) derstandard.at: Hausbesetzung in Ottakring: Lobmeyrhof von Polizei geräumt
- (14.7.) oe24.at (Österreich): Hausbesetzung in Wien aufgelöst
- (14.7.) orf.at: Polizei löste Hausbesetzung auf
- (14.7.) krone.at: Polizei räumt von Aktivisten besetzte Wohnanlage in Wien (Artikel ok, LeserInnen-Kommentare wie immer unzensuriert in altbewährtem NS-Jargon)
- und nur das immergleiche von der APA abgeschrieben haben: Kleine Zeitung, Tiroler Tageszeitung, Die Presse u.a.
- (14.7.) streifzuege.org: Hausbesetzungen in Linz und Ottakring
- (15.7.) social-innovation.org, Andreas Exner: Wiener Polizei: Stammeln, Vertreiben, Zensurieren
- (15.7.) wienweb.at: Sanierung - Lobmeyrhof wird hergerichtet (Wiener Wohnen schlägt zurück?)
- (15.7./21.7. online) Radio Orange / cba.fro.at: Bericht vom AZ Ottakring und der brutalen überraschenden Räumung.
- (16.7.) Der Standard: Hausbesetzer nehmen Grüne in die Pflicht. Gemeinderätin kritisiert Umgang von Wiener Wohnen mit Lobmeyerhof-Besetzern. (nur Print, 16./17.7., S. 9)
- (17.7.) diefresse.com: die wiener p(r)olizei zeigt uns wieder mal wie ihre rechtsauffassung so ist.. (Polizei und Politik im Umgang mit Kulturprojekten in Ottakring)
- (20.7.) derstandard.at: Diskussion um Lobmeyr-Hof. Unsanfte Begleitmusik einer Renovierung
- (20.7.) fm4.orf.at: Lobmeyr-Hof: Streit um die Räumung
- (22.7.) Martin Juen: Räumung des Lobmeyr Hofes mit „Pressesperre“ und „Presseverbot“ | 14.07.2011

TV- und Videoberichte:
- (14.7.) ORF Wien Heute: Lobmeyerhof geräumt
- (14.7.) Daniel Hrncir / WienTV: Räumung des AZ Ottakring trifft auf Presseverbot (unglaubliche O-Töne der Polizei!)
- (14.7.) Krone TV: Polizei räumt von Aktivisten besetzte Wohnanlage in Wien
- (14.7.) vienna.at: Hausbesetzung in Wien-Ottakring von Polizei aufgelöst (kurzer Videobericht)
- (14.7.) WienTV: Besetzung grünes Haus (Interview mit Birgit Hebein und Martina Wurzer von den Grünen)
- (15.7.) WienTV: Wiener Wohnen und die Polizei verhindern Berichterstattung (Interview mit Direktorin von Wiener Wohnen und Pressesprecherin der Polizei)
- (16.7.) WienTV: Repression against journalists in Austria (Wiener Wohnen und Polizei gegen die Presse)
- (17.7.) WienTV: Krone ja! Kritische Medien nein!

Fotos:

- (14.7.) Martin Juen: mehr war nicht möglich - "pressesperre" durch wr. wohnen | wien 14.07.2011

Freitag, 8. Juli 2011

Lobmeyr-Hof in Wien-Ottakring besetzt!

Seit kurzem - und seit 7. Juli öffentlich bekannt - ist der Lobmeyr-Hof (Roseggergasse 1-7) in Wien-Ottakring besetzt [Anmerkung: am 14. Juli wurde geräumt]. Der in etwa 50 bis 100 Wohnungen zählende Hof, einst Vorzeigeobjekt des sozialen Wohnbaus, steht derzeit bis auf zwei Mieter/innen - die sich über die unerwartete Unterstützung erfreut zeigen - komplett leer. Grund dafür ist, dass die Stadt Wien ("Wiener Wohnen") den Hof komplett leer haben will, um ihn - und hier gehen die Angaben auseinander - "aufzuwerten" (aufstocken, Wohnungen zusammenlegen, Lifte einbauen und schließlich zur doppelten Quadratmeter-Miete an eine andere Klientel neu vermieten) oder gar abzureißen (Haus verfallen lassen, bis der teilweise Denkmalschutz aufgrund von "Abbruchreife" hinfällig ist), um einem Neubau-Projekt (kolportiert wird u.a. der Bau eines Einkaufszentrums) Platz zu machen. Und das in einer Zeit, in der in Wien trotz internationaler Finanz- und Immobilienkrise (wohl eher: gerade deswegen) die Eigentums- und Mietpreise immer steiler in die Höhe schießen. Der Grund liegt auf der Hand: Immobilien sind eine sichere, inflationsunabhängige, Geldanlage. Da helfen auch noch so viele den sozial gerechten Wiener Wohnungsbau bejubelnde Inserate von Wohnbaustadtrat Ludwig in allen Boulevard-Zeitungen nicht, um diesen Umstand, dass Mietwohnungen in Wien immer teurer und für immer breitere Schichten der Bevölkerung unleistbar werden. Zeitgleich stehen rund 80.000 Wohnungen leer - viele davon nur, da sie als Spekulationsobjekt nur gewinnbringend gehandelt werden können, wenn keine Mieter drinnen sind. Ganz egal, wie gut der Zustand der Wohnungen ist und je besser die Lage, desto leerer und teurer die Objekte ...


Frei- und Grünräume der Öffentlichkeit zugänglich machen

Das Problem: eine/r der beiden Mieter/innen möchte seinen Mietvertrag nicht auflösen, alle anderen Mieter wurden, so Nachbarn, teils mit unsanften Methoden hinausgedrängt. Diese Methoden und der Umstand, dass es in Wien zu wenige Freiräume gibt und überhaupt kein autonomes Wohn- und Kulturzentrum, veranlasste die BesetzerInnen zur Besetzung des Lobmeyr-Hofes. Dort sollen ab nun mit Unterstützung solidarischer und interessierter Menschen Volksküche, Infoladen, Mediathek, Projekträume, Frauenraum und Kindersalon entstehen, der Spielplatz im Innenhof sowie die dortigen großzügigen Grünflächen sollen der Öffentlichkeit (die Nachbarschaft ist dicht verbaut) wieder zugänglich gemacht werden.

Macht Rot-Grün mit Legalisierung von Zwischennutzungen ernst?

Seit die Polizei die Besetzung am 7. Juli bemerkt hat, stattete sie den BesetzerInnen drei Besuche ab. Ab dem zweiten, am Morgen des 8. Juli, war auch eine Vertreterin von Wiener Wohnen dabei, die mit den BesetzerInnen in Verhandlungen trat. Doch jegliche Kompromissbereitschaft wurde von Anfang an abgeschmettert, das Haus müsse umgehend verlassen werden, die Polizei ergänzte, dass jegliche "Irritation" Grund zur Räumung sei. Letztlich liegt es aber an Wiener Wohnen als Eigentümer, mit den BesetzerInnen eine Lösung zu finden. Laut rot-grünem Koalitionspapier sollen leerstehende Räumlichkeiten, so es die Besitzer wünschen, einer Zwischennutzung zugeführt werden. Das rot-grün regierte Wien könnte als Eigentümer des Lobmeyr-Hofs mit gutem Beispiel voran gehen und mit den BesetzerInnen eine Zwischennutzung bis zur Klarheit über die Weiternutzung des Hofes bzw. bis zum etwaigen (Um)Baubeginn vereinbaren. Wie dies in der Praxis möglich ist, zeigen internationale Beispiele wie etwa die seit 1990 rot-grün regierte Stadt Zürich. Dort werden Hausbesetzungen als Zwischennutzungen so lange toleriert, bis der Eigentümer einen rechtskräftigen Abriss- oder Bautitel in den Händen hält. Stadt und Polizei halten es dort für wenig sinnvoll, ohnehin leer stehende Häuser in kostspieligen Großeinsätzen zu räumen, um sie danach erst recht wieder leer stehen zu lassen. Empörten Hausbesitzern, denen eine Räumung ihrer leerstehenden Häusern gar nicht schnell genug gehen kann, hält die Zürcher Polizei das Merkblatt Hausbesetzungen entgegen, wo genau festgehalten wird, wann die Polizei räumt und wann nicht.

Die Besitzer behaupten zwar gerne, dass eine Räumung rasch nötig sei, da Bauarbeiten "unmittelbar" bevorstünden, doch der Wahrheitsgehalt liegt in der Regel nahe Null, wie man bei früheren Besetzungen in Wien gesehen hat - so steht etwa das 2009 spektakulär geräumte Haus in der Triester Straße ("MA 2412"-Haus) nach wie vor ungenutzt leer, nachdem die Räumung mit bevorstehenden Bauarbeiten für ein Büroprojekt argumentiert wurde. Ähnlich in der Burggasse 2: das Haus in Top-Lage, das etwa 10 Jahre lang leer stand, wurde mehrmals besetzt und in Großeinsätzen geräumt - mit Bauarbeiten wurde erst dieses Jahr, 2011, begonnen.

Von einer Tolerierung oder gar Unterstützung der Zwischennutzung seitens der Stadt kann derzeit jedoch nicht gesprochen werden. Der wohl nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag der Vertreterin von Wiener Wohnen, die BesetzerInnen könnten doch einfach die Donauinsel nutzen, dort gebe es genügend Freiraum, wurde von den BesetzerInnen als wenig konstruktiv erachtet.

Wiener Wohnen verbarrikadiert Türen und Fenster

Wiener Wohnen zerstört neu eingebaute Fenster und günstigen Wohnraum

Da die BesetzerInnen auf die "Vorschläge" der Vertreterin von Wiener Wohnen nicht eingehen konnten, veranlasste diese, Nägel mit Köpfen zu machen - oder besser gesagt: Schrauben. Ein Handwerker-Team wurde angefordert, das unter Beisein der Polizei alle (!) Fenster des Hofes im Erdgeschoß mit Bohrmaschine zuschrauben ließ. Dabei wurden einfach die Fensterrahmen durchbohrt, die vielfach neu eingesetzten Fenster mit ihrer Fassung zusammengeschraubt. Dieses Vorgehen spricht doch eher gegen die Behauptung, das Haus würde später renoviert und weiter vermietet werden - wenn bereits renovierte Fenster gedankenlos zerstört werden. Sämtliche Eingangstüren wurden mit Brettern zusammengeschraubt.




Nach Auszug der Mieter werden die Wohnungen von der Stadt gründlich unbewohnbar gemacht


Haus bleibt besetzt

Derzeit stehen vor den beiden noch benützbaren Eingängen (es gibt zwei Wohnungs-Mieter sowie ein Blumengeschäft im gesamten Hof-Komplex) zwei PolizistInnen, die niemanden hineinlassen sollen [Anmerkung: am selben Abend, ca. 20 Uhr, wurden diese abgezogen]. Die BesetzerInnen bitten dennoch um rege Unterstützung von Außen - Fakt ist: die Zahl der BesetzerInnen wird immer größer, die Volxküche nimmt ihren Betrieb auf und Schlafplätze sind ohnehin schon eine Weile eingerichtet und nahezu unbegrenzt erweiterbar. Lebensmittel und nützliche Dinge aller Art können und sollen vorbeigebracht werden, einfach nach BesetzerInnen an den Fenstern Ausschau halten, irgendwie hat noch jede/r reingefunden ;) Nachtrag: die VoKü platzt schon jetzt aus allen Nähten - Gebrauchsgegenstände, Werkzeuge, Kabeln und Lampen usw. sind jetzt (u.a.) gefragt; außerdem: ein erstes Interview aus dem Hof (ichmachpolitik.at).

In der Nachbarschaft und auf Indymedia wird derzeit der Text "Warum wir im Lobmeyr-Hof sind" verbreitet. Zeitgleich wurde übrigens auch in Linz ein Haus besetzt. Auch dort verlangt die Jugend nach einem neuen autonomen Zentrum.

Auch in Linz wurde besetzt: hauszweiundvierzig.blogsport.eu

Links (letztes Update: 15.7. - alles ab der Räumung im neuen Beitrag vom 14.7.)

Mitteilungen der BesetzerInnen:

- (seit 4.7.) offizieller Blog: http://autonomizethecity.blogsport.eu
- (4.7.) Indymedia: AUTONOMES ZENTRUM / AUTONOMOUS CENTRE (Ankündigung deutsch/english)
- (7.7.) Indymedia-Termin: Platz ist da! (Ankündigung der Eröffnung)
- (8.7.) Indymedia: Adresse des AZ Wien-Ottakring (frühzeitige Bekanntgabe der Adresse nach Entdeckung durch Polizei / also in english)
- (8.7.) Indymedia: Warum wir im Lobmeyr-Hof sind (Text aus dem Vorjahr + neuer Text als "Ergänzung" mit Hintergrund der Besetzung, Forderungen/Pläne/Wünsche)
- (9.7.) platzda.blogsport.eu: Hausbesetzung für ein Autonomes Zentrum in Wien (Vorstellungen / Wünsche / Forderungen)
- (10.7.) Indymedia: [Fotos] Autonomes Zentrum Wien Ottakring im besetzen Lobmeyr-Hof
- (10.7.) Indymedia: Have you ever squatted the heart of the beast?
- (12.7.) Indymedia: verfassungsschutz im besetzten lobmeyerhaus (Kurznachricht) + [Besetzung Lobmeyr-Hof] Stadt Wien ordert Barrikaden an - mit Fotos (Kurznachricht)
- (12.7.) Indymedia: Dringender Aufruf: Solidarität mit der Besetzung des Lobmeyr-Hofes! Kommt vorbei, nutzt alle Kanäle, um eine Räumung zu verhindern! (Lagebericht)
- (12.7.) Indymedia: Offener Brief aus dem AZ Ottakring im besetzten Lobmeyr-Hof

alternative Medien:

- (8.7.) ichmachpolitik.at: Interview im Hof (Video)
- (8.7.) cba.fro.at (Radio Orange): Hausbesetzung in Wien: Neues „Autonomes Zentrum Ottakring“ (Telefon-Interview um 17 Uhr)
- (8.7.) nochrichten.net: Neues „Autonomes Zentrum Ottakring“ – Lobmeyrhof besetzt. (Blog)
- (8.7.) Martin Juen: Hausbesetzung Lobmeyrhof – Roseggergasse 1-7 | Wien 08.07.2011 (Blog, u.a. Verhandlungen mit Wiener Wohnen + Fotoset auf flickr)
- (9.7.) Martin Juen: Hausbesetzung Lobmeyrhof – Roseggergasse 1-7 – ein update | Wien 09.07.2011 (+ weiteres Fotoset auf flickr)
- (10.7.) Martin Juen: Hausbesetzung Lobmeyrhof – Roseggergasse 1-7 – weiteres update | Wien 10.07.2011
- (10.7.) storiesfromaustria: Immer wieder diese Hausbesetzungen... (mit kurzem Video, siehe Ende dieses Blogposts)
- (11.7.) cba.fro.at (Radio Orange): Hausbesetzung in Wien: Autonomes Zentrum Ottakring – Besetzung und Belebung geht weiter. (Telefon-Interview mit Besetzer: Stand der Dinge, Projekte, Visionen ...)
- (12.7.) it's politics, stupid!: squatted in ottakring (Fotos vom 11.7.)
- (12.7.) ichmachpolitik.at: Lagebericht vom AZ Ottakring (Lobmeyerhof) vom Montag den 11.7.2011 (Video)
- (12.7.) diebin.at: Ferienzeit ist Squatting-Zeit: Autonome Zentren jetzt!
- (12.7.) schaetzchen.blogsport.de: wiener hausbesetzung
- (12.7.) Martin Juen: Hausbesetzung Lobmeyrhof – Roseggergasse 1-7 – Zusammenfassung | Wien 12.07.2011 (mit Updates vom Abend, sehr empfehlenswerter Tagesüberblick!)
- (13.7.) Commons und solidarische Ökonomie: Zwei neue Hausbesetzungen
- (13.7.) Daniel Weber: Auf Kurzbesuch im Autonomen Zentrum #az16 #lobmayrhof (Besucherbericht :))
- (13.7.) WienTV.org: AZ Ottakring (10min-Reportage! -> Spontandemo von Schrage-Gedenken zum Lobmeyr-Hof, zahlreiche Interviews mit Kulturschaffenden und Lokalpolitikern von Rot und Grün)

kommerzielle und Massenmedien, Presseaussendungen:

- (10.7.) Kronen Zeitung: Ottakring: Autonome besetzen Lobmeyr-Hof (Randnotiz, Faksimile)
- (11.7.) derstandard.at: Hausbesetzungen in Wien und Linz
- (11.7.) viennaonline: Aktivisten besetzen Lobmeyr Hof (mit Video und Interview)
- (12.7.) OTS-Aussendung der GRAS: Forderung an Rot-Grün: Unterstützen statt Lobmayrhof räumen! (Erinnerung an "Agentur für Zwischennutzung")
- (13.7.) OTS-Aussendung der GAJ: Keine Räumung des Lobmeyr-Hofs
- (13.7.) OTS-Aussendung der Grünen Wien: Grüne Wien solidarisch mit BesetzerInnen des Lobmeyrhofs (Utl.: Zwischennutzung erwünscht)
- (13.7.) wienweb.at: Ottakring: Autonome kapern Lobmeyr-Hof


 
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