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Samstag, 15. Januar 2011

Medienfreiheit für Ungarn - kein Blick zurück - Demonstrationen vom 14. Jänner

Foto: Daniel Weber (CC by-nc-sa 2.0)
Am 1. Jänner 2011 trat Ungarn für ein halbes Jahr den EU-Rats-Vorsitz an. Am selben Tag trat ein neues Mediengesetz in Kraft, das zum einen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einer zentralen Lenkung unterwerfen soll, zum anderen das Redaktionsgeheimnis aller Medien aufhebt und Verstöße gegen sehr weit gefasste Vorgaben wie "politische Unausgewogenheit" oder Gefährdung der "nationalen Sicherheit" mit sehr hohen Geldstrafen (bis zu 200.000 Forint bzw. je nach Wechselkurs ~730.000 €, bei Online-Medien und Blogs bis zu 35.000 €) bedroht. Festgestellt werden solche Verstöße durch eine im August 2010 ins Leben gerufene nationale Medienbehörde (kurz: NMHH, siehe auch Wikipedia-Artikel), die zunächst nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständig war. Das Problem dabei, sofern die bisherigen Punkte nicht ohnehin schon Problem genug sind: Das Präsidium, das diese Behörde leitet, wurde ausschließlich durch die Regierungspartei Fidesz von Viktor Orbán ernannt. Die Präsidentin der Behörde, Annamária Szalai, wurde sogar auf 9 Jahre ernannt. Also über die nächsten zwei Wahlen hinaus.

Da das Mediengesetz per 2/3-Mehrheit, über welche die Fidesz seit den Wahlen letzten Jahres verfügt, in der Verfassung verankert wurde, kann an all den genannten Punkten auch nur mit 2/3-Mehrheit wieder etwas geändert werden. Dass dies so schnell bei einer anderen Partei als der Fidesz der Fall sein wird, ist unwahrscheinlich. Und auch die Fidesz selbst kann sich bei den nächsten Wahlen schon mit einer einfachen Mehrheit oder gar einer Koalition zufrieden geben: Die Kontrolle über die Medien wird sie dank parteitreuer Besetzung der Behörde selbst dann noch bis 2020 besitzen.

Großer Tatendrang der Behörde schon am ersten Tag

Dass die Behörde von ihren weit gefassten Rechten Gebrauch macht, zeigte sich bereits am 1. Jänner. Offenbar lange vorbereitet wurde an diesem Tag ein Verfahren gegen Tilós Radio, ein kleiner, ehemaliger Piratensender, "der in alternativen Kreisen Kultstatus genießt", eingeleitet. Vorgeblich deswegen, weil der Song des US-Rappers Ice-T gespielt wurde und dieser einen "jugendgefährdenden" Text enthält. Wenig später wurde ein Verfahren gegen RTL-Club, die ungarische Tochter des RTL-Konzerns, eingeleitet. Beide Fälle stammen aus dem Vorjahr, das Gesetz soll offensichtlich auch rückwirkend Gültigkeit haben. Und ein Journalist beim öffentlich-rechtlichen Radio wurde entlassen, nachdem er in seiner Sendung eine Schweigeminute wegen des Mediengesetzes abgehalten hat.

Völlig zurecht wird daher eine "Vorzensur" bei den betroffenen Medien selbst befürchtet. Um Strafen, die bei keinem Gericht oder einer anderen Stelle als der Medienbehörde selbst beeinsprucht werden können, zu vermeiden, werden sich viele Medien und JournalistInnen lieber selbst an der Nase nehmen.

Nachdem binnen weniger Tage heftige Kritik aus ganz Europa eintraf und EU-Kommissionspräsident Barroso bei einem Besuch in Budapest mahnende Worte ausgesprochen hat, ruderte Orban zuminest verbal zurück. Er kündigte an, Änderungen am Gesetz vorzunehmen, wenn die EU dies für nötig erachte. Nachsatz: Er gehe nicht davon aus, dass dies so sein wird. Das Problem dabei: Bevor die EU das Gesetz prüfen kann, muss es übersetzt werden. Die NMHH hat zwar ebenfalls eine englische Übersetzung auf ihre Webseite gestellt - diese ist jedoch unvollständig. So bleiben bisher nichts als Worte, denen noch keine Taten gefolgt sind. Einzig: Das Verfahren gegen Tilós Radio soll mittlerweile eingestellt worden sein.

Einheitliche Kommunikationslinie Ungarns

Seit mehreren Tagen herrscht nun Ruhe. Zumindest tauchen keine neuen Fälle mehr auf. Die ungarische Regierung hat diese Zeit offensichtlich dazu genutzt, eine einheitliche Kommunikationslinie einzuführen. So war in den letzten Tagen von Orbán, seinem Außenminister oder - wie heute in Wien - von ungarischen Botschaftern und Orbán-Anhängern nur folgendes zu hören:

1.) Ungarn sei Opfer einer Hetze von - wahlweise - Sozialisten/Kommunisten/Paul Lendvai/EU/hysterische Intellektuellen

2.) Jene Kritiker, die nicht in das in Punkt 1 ohnehin sehr breit gefasste Spektrum hineinpassen, haben das Gesetz schlicht nicht vollständig gelesen (was derzeit auch gar nicht möglich ist). Es enthalte nämlich gar keine bedenklichen Passagen, jedenfalls hätten Kritiker bisher nichts konkretes nennen können

Protest-Vernetzung und -Mobilisierung auf Facebook

Jedenfalls möchte sich Orban endlich als EU-Rats-Vorsitzender feiern lassen und die "ärgerliche" Debatte abdrehen. Dass dies nicht gelingt, ist nicht zuletzt einer aufmerksamen internationalen Presse zu verdanken, die wiederum vielfach erst durch Proteste in Ungarn selbst auf die Brisanz der Gesetze aufmerksam gemacht wurde. So wurde bereits im Dezember die ungarische Facebook-Seite Egymillióan a magyar sajtószabadságért ("Eine Million für die ungarische Pressefreiheit") gegründet, die für den 22. Dezember zur ersten Demo rief, die von 1.500 vorwiegend jungen Leuten besucht wurde. Von den selben Leuten wurde auch eine internationale Version der Seite gegründet [und zwischen 17. und 18. Jänner gelöscht, Anmk.], um die Facebook-Weltöffentlichkeit auf die bedenklichen Neuerungen aufmerksam zu machen.

Als am 1. Jänner das neue Mediengesetz inkraft trat und sofort aus fadenscheinigen Gründen ein Verfahren gegen das kleine Tilós Radio eröffnet wurde, startete ich eine deutschsprachige Protestseite: Medien- und Meinungsfreiheit für Ungarn - da sich durch die sofortige Anwendung des Gesetzes eine bedenkliche - und schnelle - Entwicklung abzeichnete, die rasche Reaktionen erfordert. Da mittlerweile in einigen europäischen Ländern bedenklich hohe Verflechtungen von Regierungschefs und Medienkonzernen bestehen - Berlusconi ist nur der Gipfel dieses Zustands - war nicht unbedingt von einem ent- und geschlossenen Vorgehen der EU zu rechnen. Jedenfalls sollte die kritische Öffentlichkeit - nennen wir sie mal Zivilgesellschaft - vorbereitet sein, wenn sie "gebraucht" wird.

Also begann ich - oder besser gesagt "wir" (ich gab im Grunde nur den Startschuss, den Rest erledigt "die Community" von selbst) - diese kritische Öffentlichkeit auf Facebook einzusammeln. Dank Uni- und Anti-Abschiebungs-Protesten bestehen ja mittlerweile schon ganz gut funktionierende Netzwerke/Plattformen zur Mobilisierung. Daraus resultierten längst auch immer dichter werdende persönliche Netzwerke der regelmäßig beteiligten Personen. All dies war die Basis für die neue deutschsprachige Protestseite. Womit auch die von Orbán-Anhängern dogmatisch vorgetragenen Behauptungen, es handle sich bei den AktivistInnen gegen das Mediengesetz (egal ob in Ungarn oder im Ausland) um "ferngesteuerte" Anhänger der ungarischen Sozialisten (oder wem auch immer; die Orban-Fans sind da flexibel) oder gar Marionetten der internationalen Banken und Konzerne (die von Ungarn ja kürzlich mit Sondersteuern belegt wurden), widerlegt sein sollten.

Freilich dauerte es keine paar Stunden, schon wurde auch die ungarische Community in Österreich/Wien auf die Seite aufmerksam. Freilich habe ich ja die neue Seite auch auf der ungarischen und internationalen Facebook-Seite verkündet. Alles andere erledigt sich wie gesagt "von selbst". It's the Community, great!

Schon am 2. Jänner zählte die Seite über 700 "gefällt mir" (oder im alten Duktus: "Fans"). An diesem Tag wurde auf der internationalen Version der ungarischen Protestseite die Demo in Budapest am 14. Jänner angekündigt - und gleichzeitig dazu aufgerufen, in allen europäischen Hauptstädten aus Solidarität ebenfalls Demos zu organisieren. Wie praktisch, dass es in Wien bereits eine entsprechende Seite gibt ;)

Also hab ich auf Facebook einige Kontakte angeschrieben, auf die Solidaritäts-Bitte aus Ungarn hingewiesen und gefragt, ob jemand mit Erfahrung eine Demo organisieren und anmelden würde. Am nächsten Tag fand ich eine Antwort von Sigi Maurer von der ÖH vor, die zwar skeptisch war, ob sich viele Leute zu solch einer Demo mobilisieren ließen, aber nach einer Diskussion der ÖH-Bundesvertretung kam ebendiese zur Übereinstimmung, eine Demo anmelden zu wollen. Jedenfalls sollten noch die Medienrechtsorganisationen, die JournalistInnen-Gewerkschaft und andere potenzielle Unterstützer der Demonstration möglichst mit ins Boot geholt werden. Der Rest der Geschichte ist mehr oder weniger bekannt.

Am Freitag, den 7. Jänner, gab es das OK für die öffentliche Ankündigung der Demonstration. Der Aufruftext war fertig und wurde auf der Facebook-Seite, die mittlerweile über 1.500 UnterstützerInnen zählte, veröffentlicht. Am Montag den 10. Jänner ging eine gemeinsame Presse-Aussendung der Organisatoren (zu diesem Zeitpunkt: ÖH, GPA-djp, Reporter ohne Grenzen, Österreichischer Journalistenclub, Presseclub Concordia, Radio Orange und Amnesty International) hinaus. In den Tagen danach schlossen sich noch weitere Organisationen dem Aufruf an, etwa das International Press Institute und der Österreichische Medienverband.

Bis zum 14. Jänner, dem Tag der Demo in Budapest, der auf Facebook schließlich rund 7.500 Leute ihr Kommen zugesagt haben, erreichte auch die deutschsprachige (Wiener) Protestseite fast 2.000 UnterstützerInnen (zum Vergleich: die ungarische zählte am 14.1. 71.000 "Fans", die internationale Version knapp 2.700), der Wiener Demo-Aufruf rund 470 Zusagen.

Demonstrationen
Foto: Daniel Weber (CC by-nc-sa 2.0)
Einen Tag vor der Demonstration wurde auf Facebook auch für Berlin eine Protestaktion angekündigt. Auf englisch, und mit dem Hinweis, dass es sich um keine angemeldete Aktion handelt, weshalb möglichst Blumen oder ähnliches vor der Botschaft niedergelegt werden sollten. Auch auf polnisch wurde eine Protestaktion angekündigt, vermutlich in Warschau. Näheres ist mir bisher allerdings nicht zu Ohren gekommen, auch keine Übersetzung. Dass in der ungarischen Stadt Pécs (zwei Fotos) demonstriert wird, war hingegen schon seit einigen Tagen bekannt und angekündigt.

In Budapest nahmen schließlich etwa 10.000, die Veranstalter sprechen gar von 15.000, Menschen teil. Eine sehr starke Demonstration, wenngleich der Pester Lloyd etwas relativiert: Der Kossuth-Platz vor dem Parlament wurde nicht gefüllt, der Altersschnitt war (im Gegensatz zur ersten Demo am 22. Dezember) überraschend hoch. Das Programm (Rede- und Musikbeiträge) sei relativ schnell durchgespielt worden, das ganze habe, so der Pester Lloyd, eher wie die Absolvierung eines Pflichtprogramms gewirkt. War es im Grunde ja auch.

In Wien versammelten sich etwa 200 bis 250 Personen vor der ungarischen Botschaft.
Auch hier gab es nur kurze, aber nicht weniger prägnante Redebeiträge. Die Stimmung war gut, das Publikum war sehr vielfältig gemischt. Jung und alt, ÖsterreicherInnen und Auslandsungarn bzw. Austro-Hungaren (falls es dieses Wort überhaupt gibt), Studierende, JournalistInnen, AktivistInnen der teilnehmenden Organisationen und auch eine kleine, aber sehr engagierte und auffällige (einige TeilnehmerInnen trugen Guy Fawkes-Masken, wie sie etwa von den durch die Wikileaks-Affäre bekannt gewordenen NetzaktivistInnen Anonymous getragen werden; es gab eine Piratenflagge sowie ein Freibeuter Sonderblatt der piratischen studentinnen und studenten) Fraktion der Pirat(inn)enpartei - die als einzige politische Gruppierung in Erscheinung trat, was man in Ungarn vermeiden wollte und eigentlich auch in Wien beherzigt wurde.

Aber als Partei, die sich als Kollektiv von NetzaktivistInnen entschieden gegen jede Form von Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit wendet, wodurch sie sich elementar von allen anderen politischen Parteien unterscheidet, halte ich ihre Teilnahme nicht nur für gerechtfertigt sondern auch für höchst erfreulich, erbaulich und lobenswert!

Im Anschluss wurde dem ungarischen Botschafter, der die meiste Zeit vor der Botschaft anwesend war, eine Petition für Medien- und Meinungsfreiheit von Amnesty International überreicht. Unter großem Medieninteresse, einem regelrechten Blitzlichtgewitter, wurden dem Botschafter schließlich mehrere Fragen zu seiner Position gestellt, die er ausführlich, aber pflichtgemäß beantwortete. Für die Menschen hinter den JournalistInnen war dieses Gespräch leider nicht zu hören. Wir warten auf entsprechende Videobeiträge, die wohl im Verlauf des heutigen Tages veröffentlicht werden, und die ich hier in der Linksammlung nachtragen werde.

Aus Pécs wurden übrigens etwa 200 DemonstrantInnen gemeldet, in Berlin sollen 35 Personen demonstriert haben (Quelle: pusztaranger.org). Aus anderen Städten ist (derzeit) nichts bekannt.


Weiterführende Links zu den Demonstrationen

Folgend ausgewählte Berichte kommerzieller Medien sowie eine möglichst umfangreiche Übersicht nicht-kommerzieller Beiträge:

Berichte:
- Martin Juen aus Budapest: Demonstration for free Speech & Press Freedom gegen das neue Mediengesetz | Ungarn
- digitaljournal.zib21.com: Ungarn: Puszta, Paprika, Pressezensur und Protest (eine Zusammenfassung der Ereignisse bis zum 14.1.)
- derstandard.at: Ungarisches Mediengesetz - Facebook-Generation macht mobil
- nochrichten.net: Gemeinsam in Budapest, Wien, Pécs und Berlin für Medienfreiheit in Ungarn
- neuwal.com: "Geben sie Gewissens- und Gedankenfreiheit, Herr Orbán" - Solidaritätskundgebung in Wien
- International Press Institute (IPI) / International Freedom of Expression Exchange (IFEX): Campaigns and Advocacy: IPI, RSF and Austrian Journalists' Union urge Hungarian government to withdraw new media legislation

Fotos
- Martin Juen aus Budapest (flickr-Album)
- Pécsi Napilap: Fotogalerie aus Pécs
- Daniel Weber (flickr-Album)
- AUGE/ug (flickr-Album)
- Daniel Hrncir (Facebook-Album)

Videos / Videoberichte:
- Daniel Hrncir: Aufzeichung des "offiziellen" Livestreams in zwei Teilen (wenig zu sehen, aber Redebeiträge gut zu verstehen)
- Daniel Weber: drei Handy-Livestream-Aufzeichnungen (auf bambuser.com in drei Teilen)
- wienTV.org --> folgt am Dienstag, 18.1.

Audio:
- Cultural Broadcasting Archive (CBA): doku demo: free media in hungary
- CBA: Die Wiener Kundgebung für Medienfreiheit in Ungarn vom 14. Jänner 2011

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Freunde schützen: Kinder in Schubhaft – spontane Soli-Demo in Wiener Innenstadt

[Foto: Ausschnitt aus Video auf ichmachpolitik.at; CC by-nc-sa Stefan Deutsch]

Gestern Früh, 6:30 Uhr, wurden zwei achtjährige Kinder (in früheren Meldungen hieß es noch Neunjährige) gemeinsam mit ihrem Vater (die Mutter liegt wegen Suizidgefahr im Krankenhaus) von zivilen sowie uniformierten Polizisten der Fremdenpolizei und der WEGA festgenommen und in ein Schubhaftzentrum gebracht. "Anziehen und mitkommen", wurden die drei aus dem Schlaf gerissen (derstandard.at). Kaum noch eine Erwähnung wert, da bei frühmorgendlichen Abschiebungen in Österreich, zwischen 4 und 6:30 Früh, ganz normal: Die Kinder durften nicht einmal ihre Sachen einpacken (Kleine Zeitung). Sogar ein Stg77, ein Sturmgewehr, hatte zumindest einer der Beamten bei sich, als die Wohnung der drei künftigen "Schüblinge" betreten wurde.

Die bevollmächtigte Rechtsvertreterin der Familie Komani, Karin Klaric, wurde nicht als solche akzeptiert, obwohl sie den Beamten die schriftliche Vollmacht sogar vor die Nasen hielt. Die Familie Komani wurde ohne ihre Anwältin in das Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände gebracht.

[Foto: Die beiden Kinder im Polizeiwagen; CC by-nc-sa Stefan Deutsch]

Schließlich findet am Folgetag (7.10.) der nächste Frontex-Flug statt und es sind noch Plätze frei, die, wie wir mittlerweile alle wissen, aufgrund der hohen Kosten pro Flug auch gefüllt werden "sollten". Darauf ist Fekter stolz: Auf die professionellen, effizienten und vergleichsweise kostengünstigen Frontex-Abschiebeflüge, die Österreich zu einer beliebten Abschiebe-Drehscheibe für die gesamte EU machten. Schließlich muss mit unserem Steuergeld ja effizient umgegangen werden (ob es nicht effizienter wäre, gut integrierte, unbescholtene Bürger, die bestens deutsch sprechen einfach hier leben zu lassen, diese Frage kommt aus Angst vor Wahl-Gewinnen der FPÖ merkwürdigerweise niemandem in den Sinn. "Merkwürdigerweise" legt die FPÖ bei Wahlen aber trotzdem zu). Das ist auch der Grund, warum man nicht auf die "Genesung" der Mutter wartet. Zudem ist "der Zeitpunkt der Genesung ungewiss", wie die Vize-Präsidentin der Wiener Polizei die Abschiebung zum jetzigen Zeitpunkt unter anderem rechtfertigt (ZIB2, 6.10. (Youtube)). Anmerkung: Die Mutter wurde erst diesen Dienstag, also am Vortag, eingeliefert.

Um sicherzugehen, dass keine "linksextremen Terroristen" durch verbales Beschweren, filmen oder fotografieren die frühmorgendliche (immerhin nicht schon um 4 Uhr, wie auch schon oft genug geschehen, z.B. in Röthis) Amtshandlung sabotieren, waren auch Beamte des Amts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung anwesend. Die sind übrigens Stammgäste bei jeder Versammlung der Zivilgesellschaft (so nenne ich das), bzw. "[potentiellen?] Linksextremen" (so sieht das wohl ihre Chefin, Ministerin Fekter), daher erkennen sie viele auch sofort.

Die ganze Aktion war absehbar. Bereits vergangene Nacht wurde "Alarm ausgelöst" im "Freunde schützen"-Haus des vor kurzem neu gegründeten Vereins Purple Sheep. Unter den wenigen, die dem Alarm folgten und tatsächlich die Nacht in der Arndstraße 88 verbrachten, waren auch "Angehörige" von WienTV, das auch den ersten Videobericht nach der frühmorgendlichen Abschiebung veröffentlichte (Neunjährige Zwillinge mit Vater im Gefängnis). Die Wiener Zeitung lässt es sich übrigens nicht nehmen, über die Anwesenheit von WienTV und anderen Medien zu spotten: Würde nicht, wie schon bei den Zogajs, so ein "Medienrummel" um die Abschiebungen veranstaltet, hätte das Innenministerium ja "still und leise eine Lösung" finden können (!). Dass die Wiener Zeitung offensichtlich erst auf WienTV gesehen hat, was vor Ort eigentlich wirklich (abseits der Polizei-Pressemeldungen) geschehen ist, sagt sie natürlich nicht dazu.

Humanitäres Bleiberecht ist kein Recht

[Screenshot: (c) ORF, ZIB2, von tvthek.orf.at]


Was hat die Familie verbrochen? Nichts. Selbst der ORF zeigt mit einer anschaulichen Infotafel, dass die Familie alle Bedingungen des Humanitären Bleiberechts erfüllt. Doch: "Wenn das alles erfüllt ist, dann können die Behörden immer noch sein sagen", so der ORF.

Die ursprünglich "illegal" aus dem Kosovo geflohene Familie lebt seit sechs Jahren in Österreich, die Kinder sind hier aufgewachsen, die Familie ist unbescholten, gut integriert, sprechen ausgezeichnet deutsch, wie auch Armin Wolf in der ZIB2 betonte. Eigentlich eine Vorzeige-Immigranten-Familie. Doch das "Humanitäre Bleiberecht" ist kein Recht. Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf. Die Behörden entscheiden letztendlich nach eigenem Ermessen, ob jemand aus humanitären Gründen bleiben darf, oder nicht. Und da diese Behörden dem Innenministerium unterstehen, dass eine klare Abschiebepolitik vorgibt, ist es kein Wunder, das 60 % der Anträge auf Humanitäres Bleiberecht, das sind 4.000 Fälle (Quelle: ZIB2, ORF, 6.10.2010), negativ beschieden werden. Ganz egal wie gut eine Familie deutsch spricht, wie brav sie arbeiten geht, wie gut sie integriert sind.

ORF und die Familie Komani

[Foto: Medien vor dem PAZ Rossauer Lände; CC by-nc-sa Daniel Hrncir]

Auch der ORF griff das Thema rasch auf und führte vor dem PAZ Rossauer Lände erste Interviews. Vor zwei Wochen hatte die ZIB2 noch den Umzug der Familie Komani ins damals neue "Freunde schützen"-Haus dokumentiert. Also berichtete die Zeit im Bild um 13 Uhr ("Schubhaft für Neunjährige" (Youtube-Link), Dauer 1:10), um 17 Uhr ("Heftige Kritik an Abschiebungen", Dauer 0:33), um 19:30 ("Dramatische Szenen", Dauer 1:38) und schließlich auch in der ZIB24, gegen Mitternacht ("Große Aufregung" (Youtube-Link), Dauer 2:12).

In der ZIB2 um 22 Uhr ("Kritik am Vorgehen der Polizei" (Youtube-Link), Dauer 9:37) lässt sich der ORF auch vom Neusprech der Polizei nicht beirren: "Weil man Kinder nicht einfach so in Schubhaft nehmen kann, nennt es die Polizei jetzt einfach anders – nämlich 'Festnahme zur Sicherung der Abschiebung' – kommt aber aufs Gleiche raus. Die Kinder sitzen hinter Gitter."

Ministerin Fekter wollte nicht in die ZIB2 kommen, da sie "Einzelfälle" nicht kommentiere (das mit den "Rehleinaugen" war wohl ebenso pauschal auf alle Asylsuchenden bezogen). Statt ihr kam die Vize-Präsidentin der Wiener Polizei, Michaela Kardeis, die die undankbare Aufgabe bekam, eine an Unmenschlichkeit kaum zu überbietende Handlung der Polizei zu rechtfertigen. Doch sie nahm die Aufgabe konsequent wahr und betonte, dass die Gesetzeslage nun mal so ist, wie sie ist. Sie erwähnte auch mehrmals bewusst, dass die Polizei die Gesetze schließlich nur "umzuschieben, äh, umzusetzen" (bei 6:05) habe, und dass diese im österreichischen Parlament beschlossen werden. Gesetze "umzuschieben", wenn es etwa um Landeshauptleute oder Journalisten geht, scheint kein Problem zu sein. Doch wenn es um zugewanderte Familien geht, die sich noch dazu einbilden, durch Integration der "Beendung ihres illegalen Aufenthaltsstatus" zu entgehen, da muss der "Rechtsstaat" hart durchgreifen.

Auf Fragen in die Richtung, ob Polizeibeamte oder sie selbst denn keine Bedenken hätten, auch aufgrund der Kritik, dass derartige Abschiebungen menschenrechtswidrig wären, ließ sie sich nicht ein. Nicht einmal indirekte Kritik wollte sie an der aktuellen Gesetzeslage bzw. Politik üben. Das Gesetz habe sich in der Praxis bewährt, antwortete sie kurz auf die entsprechende Frage.

Wenn achtjährige Kinder eine Bedrohung für die Republik Österreich darstellen

Dennoch offenbarte das Interview einige grundlegende Grausamkeiten, die die aktuelle Gesetzeslage in Österreich für den Umgang mit MigrantInnen vorsieht: Humanitäres Bleiberecht ist kein Recht, es ist Willkür. Und selbst wenn es gewährt werden würde, schaffen die Behörden mit vorschnellen Abschiebebescheiden oft vorzeitig "vollendete Tatsachen". Dass die Polizei menschenrechtlich gesehen nicht derart Familien zerreißen dürfe, wird auch von der Vize-Polizeipräsidentin mit dem einzig zulässigen Schlupfwinkel erklärt: die Abschiebung könne dennoch rechtlich korrekt erfolgen, wenn "es erforderlich ist, im Interesse des Wohles des Landes, der öffentlichen Sicherheit, Ruhe, Ordnung" (Zitat Kardeis, ZIB2, bei 6:50).

Dass diese unbescholtene Familie, deren Mutter bereits an den Rand des Selbstmords getrieben wurde (auch hier: unschöne Ähnlichkeit zum Fall Zogaj), abgeschoben wird, wird also mit der Bedrohung von Ruhe und Ordnung, der Bedrohung der "öffentlichen Sicherheit", ja einer Bedrohung für die Republik Österreich begründet! Merke: Flüchtlinge, Immigranten sind eine Bedrohung für dieses Land! So sieht es das Gesetz, auf jeden Fall aber seine Umsetzung in der Praxis.

Spontane Kundgebung

[Foto: Kundgebung vor dem PAZ Rossauer Lände gegen 18:30/19 Uhr; CC by-nc-sa Daniel Hrncir]

Im Laufe des Tages verbreitete sich die Kunde von dieser bevorstehenden, unmenschlichen Abschiebe-Aktion. Auf Facebook, Twitter, via Telefon und SMS wurde die Kunde von der Kundgebung um 18 Uhr vor dem Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände, wo bereits vor einigen Monaten die FC Sans Papiers-Soli-Demos abgehalten wurden, verbreitet. Einige Journalisten, Fotografen, der ORF sowie etwa 200 bis 300 DemonstrantInnen, inklusive mehrerer Grün-Politiker, folgten dem Aufruf. Und die Polizei folgte dem Gesetz: Gegen 19 Uhr wurde per Megaphon die Räumung der unangemeldeten Demo angekündigt. Teil dieser Tonband-Durchsage war auch, dass diese Versammlung eine "Bedrohung für die öffentliche Sicherheit" darstelle und, jetzt kommts, den Straßenverkehr behindere! (Die gesamte Durchsage im O-Ton auf diesem Video ab Minute 1:00) Ja, irgendwann lernt jeder guter Staatsbürger, dass in Österreich das Recht vom Recht auf freien Straßenverkehr und vom Recht auf freie Parkplätze abgeleitet wird.

Spontane Demo: Niemals stehen bleiben

[Foto: Nach mehrfacher Drohung der Auflösung der Kundgebung setzt diese sich via Kai in Bewegung; CC by-nc-sa Daniel Hrncir]

Außer lautstarkem Getöse und Buh-Rufen gab es jedoch keine Reaktion, auch nach der zweiten und dritten Ankündigung. Die Polizei stockte ihr (bescheidenes) Kontingent nach und nach auf. Einige Leute setzten sich auf die Straße. Als die Polizeikette mehrere Schritte nach vorne trat, setzte sich die Menge in Bewegung. Wie bei früheren unangemeldeten Demos hat sich auch hier wieder gezeigt, dass nur die Flucht nach Vorne bleibt: Immer in Bewegung bleiben! Das war dann auch das inoffizielle Motto der "unendlichen" Demonstration. Bloß nicht zu lange stehen bleiben, sonst wird gekesselt und es gibt eine Anzeigenflut. So zeigen es die Erfahrungen von früheren Demos gegen Abschiebungen, gegen Rechtsextremismus.

Seit der No-WKR-Demo im Jänner 2010 ist das Vertrauen in die Polizei bei Demonstranten ohnehin dahin. Damals wurden 677 Personen wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz angezeigt – obwohl laut Polizeiangaben nur 500 Personen an der Demo teilnahmen. Der Grund: es wurden rücksichtslos auch Büroangestellte am Nachhauseweg, verirrte Touristen, Lokal- und Café-Besucher und sogar Personen, die als letzte Kunden gegen 19 Uhr die Hofer-Filiale verließen, eingekesselt, teilweise bis 2 Uhr früh festgehalten (man ging die Sache gemütlich an, schließlich sollte nicht die Gelegenheit geboten werden, dass sich die "freigelassenen" Demonstranten anschließend wiederversammeln). Seither, und dazu muss man der Polizei wirklich gratulieren, fürchten viele Demonstrierende, bei jeder erstbesten Gelegenheit gekesselt, möglicherweise stundenlang festgehalten und auf jeden Fall wegen diverser "Vergehen" angezeigt zu werden. So viel zur Versammlungsfreiheit in Österreich, in Wien, 2010.

Folge dieser harten (wohl Fekter zuzuschreibenden) Politik, die eindeutig gegen "linke Demonstrationen" gerichtet ist (ungeachtet, ob die wirklich alle links sind oder sich einfach für Menschenrechte, für ihre Mitmenschen einsetzen) und zum Schutz des "rechten Establishments" (rassistische Gesetze, Burschenschafter-Bälle, rechtsextreme Demos, FPÖ-Veranstaltungen usw.) dient, ist unter anderem die Zunahme unangemeldeter, länger andauernder Demonstrationen auf spontan festgelegten Routen.

Demo-Verlauf

[Foto: Demo am Ring, Richtung Schottentor und Rathaus; CC by-nc-sa Daniel Hrncir]

Eine sehr laute Demo setzte sich in Bewegung. Etwa 300 Leute zogen über den Kai und die Maria-Theresien-Straße rauf zum Schottentor. Die Polizei sicherte die Straßen, der restliche Trott trottete hinterher. Ein paar haben sich auch in den VW-Bussen chauffieren lassen. Insgesamt aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu viele. Jedenfalls nicht im Vergleich zu früheren Demos, und seien es bloß unibrennt-Demos gewesen.

Ziel war das Rathaus, das man über die Ringstraße und jene Seitenstraße neben der Uni erreichte. Die Polizei, genauer gesagt etwa 8 bis 10 Polizisten, versuchten, den breiten seitlichen Zugang zum Rathausplatz "abzuriegeln", was natürlich kaum jemanden beeindruckte. Eine hölzerne, rot-weiße, hüfthohe Baustellenabsperrung (!) wurde sogar verwendet (oder sie stand schon da, ist letztlich egal) um den Gehsteig (der Straße vor dem Rathaus) abzusperren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kam erstmals die Frage auf, ob die Polizei vielleicht unterbesetzt ist an diesem Tag. Denn bei vergleichbaren illegalen Demos hat man es oft rasch mit mehreren Hundert Polizisten und Kolonnen aus Dutzenden VW-Bussen, ja sogar großen Polizei-"Reisebussen" zu tun (so etwa bei einer der letzten Anti-Abschiebungsdemos vor den Sommerferien, an der etwa 200 Personen teilnahmen).

Viele sind sich aber auch sicher, dass die Polizei, wären nicht grüne Nationalratsabgeordnete und der ORF da, deutlich härter vorgegangen wäre. Man erinnere sich an vergleichbare Aktionen im Zuge der FC Sans Papiers-Abschiebungen: Als sich nach einer unangemeldeten Kundgebung vor dem PAZ Rossauer Lände die Leute in Bewegung setzten, blieb die Polizei dran und zerschlug die Demo auf Höhe Schwedenplatz – die Menge zerstreute sich in den Gassen der angrenzenden Innenstadt.

Am Weg zum Rathaus wurde "Nieder, nieder, nieder mit der SPÖ" geschrien. Anschließend ging es an der ÖVP-Zentrale vorbei, und es hieß "Nieder, nieder, nieder mit der ÖVP". Ebenfalls "Spruch des Zeitpunkts": Vor der Wahl, nach der Wahl, kein Mensch ist illegal. Dass sich Häupl als Bürgermeister nicht zu den Abschiebungen äußert, oder nach Vorbild des Bürgermeisters von Röthis in Vorarlberg, sich schützend vor integrierte Familien stellt, nehmen ihm viele krumm. Woher der Hass auf die ÖVP kommt, muss wohl nicht extra erklärt werden.

Die am häufigsten gerufen Parolen waren ohnehin eher folgende:
- Erst freie Menschen, dann freie Straßen
- Say it loud, say it here [oder: clear], refugees are welcome here
- Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord, Bleiberecht für alle und sofort
- Um Europa keine Mauer, Bleiberecht für alle und auf Dauer

[Foto: Beinahe wäre das Innenministerium gestürmt worden; CC by-nc-sa Daniel Hrncir]

Über Auerspergstraße, Schmerlingplatz und Bellariastraße ging es dann wieder zum Ring. Ein Teil dachte, die SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße wäre das nächste Ziel, doch die Mehrheit bog Richtung Heldenplatz ab. Das Ziel war nun das Innenministerium, das via Ballhausplatz am Minoritenplatz erreicht wurde. Nach wie vor waren etwa 250 Personen anwesend, der Minoritenplatz wurde gestürmt. Mehrere Polizisten postierten sich eilig vor dem Eingangstor des Innenministeriums, das Tor schloss sich langsam. Da die Demo von der ersten bis zur letzten Sekunde friedlich war, reichten diese fünf Polizisten, um eine Stürmung des Ministeriums zu verhindern. Die neue Parole am Minoritenplatz lautete nun: "MigrantInnen bleiben, Fekter vertreiben".

Eigentlich wäre der Minoritenplatz ein guter Ort für eine Art Schlusskundgebung gewesen. Doch von allen Seiten wurden wir längst von VW-Bussen der Polizei umkreist, und der Minoritenplatz gibt an sich einen guten "Kessel" ab. Der erfahrenere Teil der Demonstranten war ziemlich unruhig und drängte darauf, weiterzugehen. Nach 5 bis 10 Minuten zog die Menge daher auch tatsächlich weiter – allerdings gab es nun kein Ziel mehr. Erste Diskussionen entstanden in der Herrengasse. Da es eine spontane, unangemeldete Demo war, gab es niemanden, der für alle gültige Entscheidungen treffen konnte, also standen wir alle etwas ratlos da. Am liebsten wären viele wohl am Minoritenplatz geblieben, bis die Sache sich von selbst aufgelöst hätte – so mein Eindruck. Doch wie gesagt, Stillstand kills, niemand will eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrechtes, niemand will in einem Kessel gefangen werden.

Schließlich ziehen wir über die Freyung zum Schottentor. Eine Art "Notplenum" wird mitten auf der Kreuzung abgehalten. Nach 10 bis 15 Minuten Diskussion über eine Auflösung der Demo verschwinden die meisten. Etwa 30 bis 50 Personen ziehen jedoch weiter über den Ring, zurück zum PAZ Rossauer Lände.

Ende der polizeilichen Geduld

Mitten auf der Ringstraße zog diese Gruppe also Richtung Alte Börse hinunter. Auch die Polizei schien sich kurz zu beraten, mit dem Entschluss, die Leute auf den Gehsteig zu drängen. Dies gelang mit etwa 20 Beamten eher schlecht, als Recht – die "Gruppe" war auch sehr weit verstreut unterwegs. Erst in der Maria-Theresien-Straße machte die Polizei ernst. Mit Polizeiwägen wurden die Menschen von der Straße gedrängt, unter Mithilfe von behandschuhten PolizistInnen.

Nach mehreren "Umstellungen" von etwa 20 Personen am Gehsteig – zwischendurch ging es immer wieder ein Stückchen weiter (die Polizei verzichtete offenbar auf eine konsequente Einkesselung). Vor der Rossauer Kaserne dann die letzte "Anhaltung". Mittlerweile versammelten sich auch immer mehr PolizistInnen in der Umgebung. Das Verhältnis kippte zusehends deutlich zugunsten der Polizei. Was das ganze noch für einen Sinn haben sollte, unangemeldet, umgeben von 50, 70 und mehr Polizisten, vor dem PAZ zu demonstrieren, wo wir einst nach Räumungsdrohung weggegangen sind, erschließt sich mir nach einer erfolgreichen Demo quer durch die Innenstadt zwar nicht mehr, doch hab ich auch den letzten Zug bis zu dieser Stelle noch, mit etwas Abstand, begleitet.

In etwas Abstand standen auch ein paar "alte Bekannte". Verfassungsschützer, wie mir bei früheren Demos erzählt wurde. Wenn man wissen will, ob der Staat eine Demo ernst nimmt, sollte man nach diesen Geichtern immer Ausschau halten. Je mehr, umso besser ;) Man kann sie auch ansprechen, was weniger scheue Teilnehmer an Demonstrationen auch manchmal machen. Ich gehöre allerdings nicht dazu. Dennoch hab ich sie über die Demo resümieren gehört. Der eine meinte zum anderen, es sei ja vollkommen OK und ein demokratisches Grundrecht, wenn "270 Leute" auf der Ringstraße demonstrieren. Aber wenn am Schluss nur noch "30 Leute" unbedingt weiterhin am Ring demonstrieren wollen, dann sei das einfach eine unnötige Schikane des Verkehrs – so die durchaus pragmatische Einstellung dieser Staatsbeamten zur Versammlungsfreiheit. Warum die Polizei diese Leute nicht einfach von der Straße nehme, wegen Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung, war der letzte Satz, dem ich noch gelauscht habe.

Danach ging ich. Der "harte Kern" aus etwa 20 Personen, der zu diesem Zeitpunkt bereits von etwa 50 Polizisten umgeben war, erhielt schließlich Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Versammlungsfreiheit UND gegen die Straßenverkehrsordnung. Festnahmen gab es keine, so nochrichten, eine verlässliche Informationsquelle der Gegenöffentlichkeit auf Twitter.

Weitere Infos, Blogs, Videomaterial

Twitter:
- unter dem Hashtag #Abschiebung und/oder #purplesheep (nicht alle tweets verwende(te)n diesen Hashtag, aber viele), automatisch generierte Zusammenstellung der Links auf twazzup
- nochrichten auf Twitter: Chronik zur Demo (Achtung: wegen der täglich fortschreitenden Timeline nur in den nächsten Tagen ohne große Umstände nachsehbar)

Videos:
- ichmachpolitik.at: ungeschnittenes Video (31 Min) vom Eintreffen der Polizei und Mitnahme der Familie Komani (davon ein Zusammenschnitt, 2:16 Min)
- WienTV.org: ebenfalls von Anfang an vor Ort. Videobericht (bei Überlastung: Ersatzlink Youtube) von den Ereignissen gegen 6:30 Uhr
- Daniel Hrncir: "Abschiebungsdemo wegen Familie Komani" - geschnittenes Video von der gesamten Demo, sehr guter Überblick! (6:41 Min)

Fotos:
- kellerabteil auf flickr

Blogs (Stand: 7.10., 3 Uhr):
- bernhardjenny.wordpress.com: polizisten sind täter. kleine mädchen sind opfer. 6.10.
- franz-joseph.at: Abschiebung! Where the fuck is Häupl?, 7.10.
- haftwien.wordpress.com: Spontane Demonstration vor Schubgefängnis Rossauer Lände, 7.10.
- ... folgt noch? ;)

Montag, 12. Juli 2010

Anti-Repressionsdemo in Wien, 12. Juli 2010 - Solidarität mit den drei U-Häftlingen...

Am Montag, 12. Juli, fand eine kurzfristig anberaumte und angemeldete Demo gegen Repression in Wien statt. Unter dem Titel "Gemeinsam gegen Repression - Solidarität mit den drei in U-Haft sitzenden Personen" wurde gegen jüngste Razzien und Festnahmen der Polizei protestiert, die in ihrer Vorgehensweise stark an die Tierrechts-AktivistInnen-Causa erinnern.

Am 6. Juli wurden drei WGs in Wien von der Polizei gestürmt, dabei wurden drei Personen in U-Haft genommen. Zeitgleich, gegen 16 Uhr Nachmittag, wurde das Vereinslokal des Kulturvereins Kaleidoskop (der sich übrigens ausdrücklich auch gegen Polizei-Repression wendet, vgl. Juli-Programm-Flyer) auseinandergenommen. Die Beschreibung der Vorgehensweise der Polizei bei dieser Razzia erinnert eher an Einbruchsdiebstahl: Türe eingetreten und Schloss aufgebrochen, Computer, Festplatten und auch der Tresor und die Handkasse wurden neben anderen Dingen (wie z.B. Seifenblasenlauge [!?]) mitgenommen. Informiert wurde auch nach der "Tat" niemand, immerhin ließ man die Feuerwehr die Türe wieder verschließen.

Warum?

Der Vorwurf, der den drei Verdächtigen gemacht wird, lautet, dass sie an einer Aktion gegen das Arbeitsmarktservice (AMS) am 29. Juni 2010 beteiligt waren, bei der Mülltonnen angebrannt wurden. Der Verein "Kaleidoskop" soll der Polizei zufolge als Vorbereitungs-, Ausgangs- und Lagerort der Aktion gedient haben.

Welche Aktion?

Obwohl die in der Stellungnahme von Kaleidoskop genannten Links zu "mehr Infos dazu" auf mittlerweile gelöschte Indymedia-Seiten verweisen, lassen sich - auch auf Indymedia - rasch andere Quellen finden. Die aussagekräftigste ist wohl diese hier (linksunten.indymedia.org), da hier sogar Fotos und ein Video (das verlinkte Video auf vimeo wurde zwar auch bereits gelöscht, doch findet sich das vermutlich selbe Video auch direkt auf einem indymedia-Server) der "Tat", einer Art Brandanschlag auf Mülltonnen im Eingangsbereich des AMS, beinhaltet. Diese Aktion nannte sich "BRANDZEICHEN SETZEN! - Direkte Aktion beim Arbeitsmarktservice Redergasse in Wien" Das AMS wurde demnach als "zentrales Organ des Kapitalismus" zum Ziel, da dort Menschen zur Ausbeutung am Arbeitsmarkt diszipliniert würden.

So what?

Unabhängig davon, wer die Tat begangen hat, wie man zu diesem Brandanschlag (anders kann das wohl nicht bezeichnet werden) steht und wie sinnvoll es ist, als Täter oder eingebundener Zeuge Fotos und ein Video zu machen und diese auch noch auf mehreren Webseiten hochzuladen, muss man letztlich nüchtern feststellen: Die "Brandzeichen"-Aktion gegen das AMS ist rechtlich gesehen reine (wenn auch vorsätzliche) Sachbeschädigung. Aber seit wann wird man wegen Verdachts auf vorsätzliche Sachbeschädigung tagelang in U-Haft genommen? Überseh ich da als Nicht-Jurist etwas? [Nachtrag: Danke an die Juristen unter uns ^^]

Und mit welcher Begründung wird die U-Haft länger als zwei Tage aufrecht erhalten? Tatwiederbegehungsgefahr? Fluchtgefahr? ...spätestens ab jetzt wirds merkwürdig! Und ein Vereinslokal - das praktischerweise fast ums Eck liegt - soll die Basis für diese Aktion gewesen sein? ...spätestens jetzt riechts nach § 278a - Bildung einer kriminellen Aktion! Offenbar zielt das Vorgehen der Polizei (Staatsanwaltschaft) auf diesen Paragraf hin ab. Sachbeschädigung als vergleichsweise banales Delikt reicht dem Staat nicht aus. Er will nicht die Tat ahnden, er will die politisch motivierten TäterInnen dauerhaft aus der Gesellschaft entfernen.

Ein solch energisches Vorgehen gegen politisch motivierte "Delikte" legt der Staat selten an den Tag, wenn die Täter gegen Minderheiten, Linke oder - ja, auch hier - den Staat vorgehen und agitieren. Ob es dabei die "richtigen" trifft, diese Frage stellt sich für die Behörden bei Linken gar nicht. Der Verein liegt ums Eck, die Leute sind links - ab in den Knast, da lässt sich schon was konstruieren... Notfalls reichen ja auch fehlende Beweise als Beweis, wie man im TierschützerInnen-Prozess staunenden Auges mitverfolgen darf.

zunehmende (?) Repression unter Fekter - überall

Folgerichtig stellten die Initiatoren der Demo, dem Vernehmen nach das dem Verein Kaleidoskop übergeordnete Kunst-, Kultur- und Medien-Netzwerk KuKuMA, eine Verbindung zwischen anderen Repressionsfällen, insbesondere in Bezug auf Paragraf 278a, und den jüngsten Razzien her, wie etwa den harten Urteilen gegen Anti-Fekter-DemonstrantInnen in Salzburg, denen "schwere Körperverletzung" (jede Berührung mit einem Polizisten (was als Rempeln oder Schubsen ausgelegt werden kann und oft auch wird) ist rechtlich gesehen "schwere Körperverletzung", "leichte" gibt es hier nicht!) angedichtet wurde, die Gewaltorgie gegen 1. Mai-DemonstrantInnen in Linz 2009 (in der Folge wurde auch hier jenen, die man wahllos aus der Menge gezerrt hat, "Widerstand gegen die Staatsgewalt" und "Schwere Körperverletzung" vorgeworfen, jedoch wurden letzendlich alle frei gesprochen), der stundenlangen Einkesselung und Anzeigen-Sintflut gegen 673 Teilnehmer und Nicht-Teilnehmer der NO-WKR-Ball-Demo, die bekanntlich auf "Anweisung von oben" derart massiv unterdrückt wurde, oder auch zuletzt die Vorfälle an der "Goodbye Daddy's Pride"-Demo... näheres zu diesen Zusammenhängen und eine Übersicht über jüngste Anti-Repressions-Demos und -Aktionen auf Indymedia.

Demo

--> mehr Fotos hier

[Bild rechts: Immer mit dabei, die Zivi-Kieberei...]
Die Demo selbst ist (zum Glück) in wenigen Worten abzuhandeln, da sie friedlich und ohne jeglichen Zwischenfall verlief. Die Polizei verzichtete ebenso auf Provokationen wie auch (selbstverständlich) die TeilnehmerInnen der Demo. Da die für 16 Uhr angekündigte Demo aber erst um 17 Uhr startete und nach 18 Uhr das PAZ Hernalser Gürtel erreichte, hatte es die Polizei etwas eilig, die DemonstrantInnen von der Straße zu bringen (entweder war die Demo planmäßig nur bis 18 Uhr angekündigt oder die Polizei wollte generell den (Abend-)Verkehr(sterror) am Gürtel nur so kurz wie möglich aufhalten), was aber reibungslos verlief - schließlich war die Wiese im Schatten des Gürtelbogens ohnehin attraktiver als das aufgeheizte Pflaster und eigentlich war, der Ankündigung zufolge, schon für 18 Uhr der Beginn der After-Soli-Party im TüWi geplant (wohin viele auch rasch abzogen).

Um 16 Uhr befanden sich erst wenige Personen, etwa ein bis zwei Dutzend, am Treffpunkt am Schottentor, vor der Uni. Erst gegen 16:30 schien das Potential einer kurzfristig anberaumten Soli-Demo an einem heißen Sommernachmittag in der zweiten Ferienwoche ausgeschöpft zu sein, als etwa 75 Personen da waren. Als die Demo kurz nach 17 Uhr los zog, waren es schließlich über 150 Personen, was für eine gute Organisation, Vernetzung und Vorbereitung spricht - wenn man diese Demo mit anderen, zumeist wesentlich länger und umfangreicher angekündigten, der jüngeren Zeit vergleicht. Ebenfalls (leider) keine Selbstverständlichkeit (wie man zuletzt am Bildungsaktionstag im Juni an der Kundgebung vor dem Parlament und der anschließenden Demo gesehen hat): es gab Transparente, und zwar einige und aussagekräftige. Auch Flyer gab es mehr als genug, mit denen insgesamt ca. mehrere Hundert interessierte Passanten informiert wurden.

Die durchgehend von mehr oder weniger vielen Personen gerufenen Parolen lauteten u.a. "Solidarität muss Praxis werden - Feuer und Flamme den Repressionsbehörden" und irgendwas, das mit mit "...Freiheit für alle politischen Gefangenen" endete (wobei auf Intervention einzelner das "politischen" aus der Parole entfernt wurde). Je näher die Demo zum PAZ Hernalser Gürtel zog, desto öfter waren auch Anti-Abschiebungs-Parolen zu hören, etwa gegen die "Festung Europa", "no border, no nation, stop deportation" und am Hernalser Gürtel schließlich auch - wir erinnern uns - "solidarité avec des sans papiers".

Das sichtbare Polizeiaufgebot war vergleichsweise gering. Ein halbes Dutzend Kleinbusse, ein paar Streifenwägen, ein paar Motorräder. Insgesamt vielleicht 50 bis 100 PolizistInnen. Kein Vergleich zu früheren, ähnlich großen Demos. Die Polizei hat vermutlich - wie auch ich - mit deutlich weniger DemonstrantInnen gerechnet. Eine kürzlich stattgefundene Anti-Rep-Demo in Wien, an der ich nicht war, soll etwa 50 Personen gezählt haben.

Die Demoroute: Vom Schottentor über die Alserstraße zum Landesgericht, gegen den Uhrzeigersinn 1,5 Mal ums Landesgericht, dann die Florianigasse und Skodagasse zur Josefstädter Straße, von dort schließlich zum Gürtel mit Ziel PAZ Hernalser Gürtel. Dort angekommen war die Demo gegen 18:20 Uhr, um 18:30 war die Fahrbahn auch schon wieder frei.

Freitag, 30. April 2010

Spontandemo gegen Abschiebung des FC Sans Papiers

Im Sommer 2002 wurde der Fußballverein "Sans Papiers - Die Bunten" in Wien gegründet. Er besteht hauptsächlich aus Asylwerbern und Menschen mit unklarem oder illegalem Aufenthaltsstatus in Österreich, da sie keine Papiere besitzen, die ihre Identität oder Staatsbürgerschaft nachweisen können. Immer wieder verlor der Verein - nach österreichischem (Un-)Recht "logischerweise" - Spieler durch Abschiebungen. Doch was sich gestern (DO, 29.4.2010) an der Marswiese, dem Trainingsplatz des Vereins, abspielte, war einmalig: Praktisch der gesamte Verein, inklusive Trainer, fünf der 16 Spieler (lt. Blog: sportswire.de), wurden in einer konzertierten Aktion, an der rund 100 Polizisten beteiligt waren, festgenommen und in Schubhaft gesteckt. Bereits heute Freitag, 7 Uhr, sollen die ersten abgeschoben werden (wohin eigentlich?).

Eine nach internationalem Vorbild (Sans Papiers-Vereine gibt es in einigen Ländern, allen voran in Frankreich, wo das ganze seinen Ursprung hat) aufgebaute Aktion für Toleranz und Menschenrechte fand somit ihr Ende durch ein intolerantes Unrechtssystem in Österreich, dem eine die Menschenrechte verhöhnende Ministerin vorsitzt und vergeblich als "eiserne Lady" der FPÖ Stimmen abzugraben versucht - ohne zu bemerken, dass die FPÖ-Sympathisanten diese harte Linie ohnehin als Verdienst der jahrelangen FPÖ-Vorarbeit werten und das ganze der ÖVP letztlich kaum eine Stimme bringen wird. Dass die ÖVP, und in ihrem Windschatten die SPÖ, schon seit Jahren FPÖ-Politik betreibt, ohne der FPÖ dadurch zu schaden (ganz im Gegenteil), ist ihnen offenbar noch immer nicht klar. Wen die ganze konzertierte Abschiebeaktion gegen organisierte Flüchtlinge an Operation Spring erinnert - zurecht.

Mobilisierung und Blockaden

Ab etwa 18 Uhr wurde die Verhaftungsaktion der Öffentlichkeikti via Twitter bekannt. Bereits kurz danach wurde zu einer Versammlung am Rathausplatz aufgerufen (Foto). Gegen (laut krone.at) 19:30 Uhr bildete sich schließlich eine Demonstration aus etwa 200 bis 300 Personen (manche Zeitungen schreiben 150 bis 200, der ORF/ZIB24 sagt 250, Teilnehmer sagen mitunter bis zu 400), die via SMS-Ketten, aber auch über Twitter und Facebook mobilisiert wurden, am Hernalser Gürtel [korrigiert, 30.4., 15:15h] (Foto 1, Foto 2), wo ein Polizeitransporter mit den Fußballspielern erblickt wurde und vorübergehend blockiert wurde. Dem Polizeitransporter wurde ein Reifen aufgeschlitzt, der Gefangene wurde in ein anderes Fahrzeug gebracht, der Polizeitransporter abtransportiert (Foto). Die Demo wurde gegen etwa 21 Uhr aufgelöst, es gab insgesamt etwa 46 (Indymedia) vorübergehende Verhaftungen (Video), denen Anzeigen wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen die Staatsgewalt folgen werden. Bei der Auflösung der Blockaden wurden zahlreiche Personen grob von der Straße gezerrt, mindestens ein Demonstrant wurde beim Polizeeinsatz (an den Rippen) verletzt und ins Krankenhaus überstellt. Die Demo zog nach der Auflösung der Blockade (via Alser Straße) Richtung Polizeianhaltezentrum (PAZ) Rossauerlände, wo die Sans Papiers und die Demonstranten inhaftiert worden sein sollen (Fotos: Demo am Weg zur Rossauer Lände 1, 2).

Bis Mitternacht wurden die meisten der vorübergehend festgenommenen Demonstranten wieder (mit Anzeigen) frei gelassen, nach Mitternacht löste sich die Versammlung, die noch immer aus etwa 100 Personen bestand, allmählich auf. Zuletzt gab es noch die Androhung einer gewaltsamen Räumung der Blockade der Rossauer Lände seitens eines "Polizeivermittlers". Ab Mitternacht soll es unter dieser Adresse auch Livestream gegeben haben (jetzt wird dort ein Video von der Demo ab der Alser Straße gestreamt).

APA-Aussendung und Medienberichte ab etwa 22 Uhr

APA-Reporter dürften rasch von der Sache Wind bekommen haben und gegen 22 Uhr eine Aussendung hinausgegeben haben (und kamen damit offenbar und zum Glück der Polizei zuvor, die bekanntlich nur einseitige Meldungen herausgibt, die nichtsdestotrotz unhinterfragt von den meisten Medien abgeschrieben werden). So gab es bereits Donnerstag-Spätabend erste Meldungen - über die Qualität des Inhalts sowohl der APA-Meldung als auch der Redaktionen lässt sich allerdings streiten. Generell werden die Demonstranten als blöd dargestellt (sie hätten gegen eine Abschiebung mobilisiert, doch eigentlich ging es ja "nur" um eine "Überstellung" [in ein Schubhaftzentrum wohlgemerkt, aber das spielt ja keine Rolle]), die Kleine Zeitung lässt sich zur interessanten Formulierung hinreißen, "es kam zu einer Sachbeschädigung" [was stark nach Vandalismus klingt], fügt aber dann doch dazu, dass es sich dabei um den Reifen des Polizeitransporters handelt. In den Meldungen ist zudem dauernd von einem Nigerianer die Rede - also DER "Klischee-Afrikaner", der zudem von einschlägigen Politikern mit dem Attribut "Drogendealer" versehen ist - sprich, die denkbar beste Charakterisierung eines Ausländers, dessen Abschiebung der Bevölkerung möglichst sympathisch erscheinen soll. Ich wage daher diese Angaben zu bezweifeln, zumal es sich bei den Spielers des FC Sanspapiers zu einem Gutteil, wie der Name schon sagt, um papierlose, staatenlose handelt:
- derstandard.at
- news.at
- kleinezeitung.at
- diepresse.com
- Vienna Online
- ORF-ZIB24 (45 Sekunden)

Selbst die Krone berichtet über die Demo und zeigt von allen Zeitungen das eindeutig gewagteste Foto, auf dem zwei Polizisten zu sehen sind, die einen Demonstranten mit dem Kopf nach unten offenbar in diesem Moment grob von der Straße wegreißen: Titel des Berichts: "Wien: Turbulente Demonstration gegen Abschiebung" (die Überschrift erwähne ich deshalb, da es ab und zu vorkommt, dass Berichte, die zu positiv (und relativ neutral ist in der Krone schon "zu positiv" für den Chef) über jugendliche Aktivisten geschrieben sind, nachträglich "korrigiert" werden. So wurde aus einem Bericht über den Protest zu Ministerin Karls Angelobung aus einer Überschrift à la "Lautstarker Protest gegen Karl-Angelobung" (oder so ähnlich) "Wir begrüßen die neue Ministerin im Amt" [!], nicht wortwörtlich, aber sehr ähnlich!)

Auch die ÖH Wien brachte bereits um 22:33 Uhr eine OTS-Aussendung zur spontanen Demo heraus.

Die offizielle Webseite der Sans Papiers in Wien, http://www.fcsanspapiers.org, verzeichnete gestern (29.4.) 716 Abrufe - von 1.205 seit Start der Seite Anfang Jänner 2010 (davor dürfte der Verein unter anderer URL online gewesen sein).

zuletzt aktualisiert: 30.4., 3:30 Uhr (die Uhrzeit da unten stimmt überhaupt nicht)
 
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