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Freitag, 12. April 2013

11.4.2013 - Erneut Eskalation vor PAZ Rossauer Lände bei Demonstration gegen FRONTEX-Abschiebung

[letzte Aktualisierung der Linksammlung am Artikel-Ende: 16.4.] 
Am Donnerstag, 11. April 2013, versammelten sich ab ca. 18 Uhr bis zu 120 Personen vor dem Polizei-Anhaltezentrum (PAZ) Rossauer Lände um gegen eine Sammel-Abschiebung nach Nigeria zu protestieren. Ein Aufruf ("Stoppt die Charter-Massenabschiebung nach Nigeria!") findet sich u.a. auf no-racism.net. Es kursierte die Information, die Abschiebung solle noch im Verlauf dieser Nacht erfolgen, mit einem Abtransport aus dem PAZ sei ab 22 Uhr zu rechnen. Über die Anzahl der Personen, die erst in dieser Nacht aus dem PAZ zum Flughafen überstellt werden sollen, gab es nur sehr unterschiedliche Angaben.

Letztlich wurden jedoch mindestens 3 Gefangenen-Transporter der Polizei bei der Abfahrt aus dem PAZ beobachtet. Es kam zu Blockadeversuchen und in der Folge zu aggressiven Räumungs- und Vertreibungsversuchen durch die Polizei, bestehend aus behelmten Unterstützungseinheiten (EE) sowie etwa einem dutzend WEGA-Beamt(innen?) - insgesamt wohl 70-80 sowie ein halbes Dutzend Zivil- und LVT-Beamte.

Über den Verlauf der Demonstration und des aggressiven Polizeieinsatzes wurde auf Twitter insbes. von @stopdep und @nochrichten live berichtet. Erst vor wenigen Monaten, am 5. Dezember 2012, kam es bei einer Demonstration gegen eine am selben Abend geplante Abschiebungen zu ähnlichen Vorfällen, bei denen die Polizei mehrere Personen mit Knüppelhieben und Pfefferspray verletzte. Damals berichteten die Massenmedien kein Wort, trotz zweier Presseaussendungen (Sozialistische Jugend und Refugee Camp Vienna), die diese Polizeiübergriffe gegen die Demonstration schilderten.

Zur Chronologie:
 
18:43, ggü PAZ Rossauer Lände

18:30 Ca. 80 Personen sind, teils mit Transparenten und Megaphon, auf dem Grünstreifen zwischen Berggasse und Türkenstraße zur Kundgebung versammelt. Das PAZ ist zur Rossauer Lände hin komplett mit Tretgittern, die nur an den Gehsteigenden noch etwas geöffnet waren, abgeriegelt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, hinter der Werbeplakatwand bzw. auf der Fläche daneben (mit Blick auf die Straße) war ein halbes Dutzend Zivil-Polizisten und Verfassungsschutz-Beamte postiert, die Notizen und Fotos machten und laufend über die Lage berieten und telefonierten. Um 19:51 Uhr traf schließlich auch LVT Wien-Chef Erich Zwettler persönlich vor Ort ein und unterhielt sich mit dem uniformierten Einsatzleiter.

19:00 Mittlerweile sind 110-120 DemonstrantInnen vor Ort. Bis ca. 21:00 bleibt die Lage äußerst ruhig, die Menge schrumpft leicht auf etwa 100 Personen.

19:16
19:45










 
ca. 21:25 Ein Gefangenentransporter kommt aus dem PAZ und fährt auf der Rossauer Lände Richtung Kundgebungsort - einige Leute laufen spontan auf die Straße, der Transporter biegt in hohem Tempo um die Kurve vor der Kundgebungsmenge in die Berggasse ab - und mehrere Straßen später Richtung Ring ein. Einige Personen strömen Richtung Ring, andere sind in die Berggasse gelaufen. Die meisten versammeln sich jedoch in großer Aufregung auf der Kreuzung Rossauer Lände / Türkenstraße und blockieren diese.

21:27 Nach kurzer Verwirrung riegeln PolizistInnen die Rossauer Lände ab, siehe Foto von @stopdep.

21:32
ca. 21:30 Die Polizei stürmt zum ersten Mal in die Menge und versucht diese - teils hängen sich die Leute zu Menschenketten ein - von der Straße zu drängen. Viele Personen versuchen stehen zu bleiben, woraufhin die Polizei zusehends aggressiver, lauter und gewalttätiger wird. Widerspenstige Menschenketten werden mit blitzartigen, sich wiederholenden, Knüppelstößen in den Hüftbereicht drangsaliert, wiederholt werden Personen beidhändig und mit voller Wucht gestoßen, wodurch es teilweise zu Stürzen kommt. Mehrere Personen mit Handy- und Digitalkameras, die diese Szenen Filmen, werden von einzelnen der behelmten Polizisten verfolgt, geschubst, gepackt und geschlagen. Dies zog wiederum immer mehr solidarische Menschen an, die diesen Polizisten folgte, sie verbal von ihren Übergriffen abzuhalten versuchte und dadurch zum Teil selbst wieder Ziel von weiteren aggressiven Polizisten wurden. So gab es in diesen etwa 5-10
21:35
Minuten gleich mehrere Hetzjagd-artigen Szenen, teilweise schien es, die Gruppenkommandanten hätten ihre Gruppen nicht unter Kontrolle. Ein besonders hartnäckiger Polizist, der sich in einen filmenden Aktivisten regelrecht verbiss, ihn verfolgte und attackierte, musste nach mehreren Minuten schließlich mit Körperkraft von einem seiner Kollegen 20-30 Meter zurück zum Rest der Truppe gebracht werden.

Dieses Video zeigt zunächst die Stürmung um ca. 21:30 und im Anschluss den weiteren Verlauf bis zur Kesselung am Ende:


21:40 Die Polizei hat die Menschenmenge auf mehrere Gehsteige der Rossauer Lände und Türkenstraße abgedrängt und ist in Reihen entlang der Gehsteige sowie am Mittelstreifen der Rossauer Lände aufgestellt (etwa 70-80 BeamtInnen, nach wie vor). Die Lage ist nun wieder ruhig, aber äußerst angespannt und durch das brutale Vorgehen der Polizei aufgeheizt. Auf Twitter wird berichtet: Betroffene schildert: Polizist fasst Demonstrantin bei Demo-Auflösung vor PAZ Rossauer Lände gewaltvoll an die Brüste um sie wegzuzerren!!.

21:46
21:43 Die Polizei verkündet nun per Megaphon Richtung Grünstreifen Berggasse-Türkenstraße, dass die Versammlung für aufgelöst erklärt wird. LVT-Chef Zwettler ist ebenfalls dort anwesend. 10 Minuten später erfolgt an der gleichen Stelle die zweite Durchsage. Die Polizei blockiert die Rossauer Lände zeitweise alleine.

22:00 Es gibt ansatzweise den Versuch, das PAZ Rossauer Lände zu umstellen, um alle Ausgänge im Blick zu haben. Es sind jedoch zu wenig Leute vor Ort und als kurz nach 22 Uhr eine Horde Polizisten beim hinaufstürmen der Rossauer Lände beobachtet werden kehren alle zum Kundgebungsort zurück.

Video auf ichmachpolitik.at zeigt ab Min. 0:40 wie Polizei brüllend auf Menge zustürmt und DemonstrantInnen gerempelt und weggezerrt werden.

ca. 22:10 Mehrere Reihen behelmter PolizistInnen stürmt die Rossauer Lände hinauf um die Straße für zwei Gefangenentransporter (die von mehreren Polizeifahrzeugen eskortiert werden) frei zu machen. Es kommt erneut zu tumultartigen Szenen, zahlreiche Personen versuchen vor die Transporter zu gelangen. Polizisten wenden nun auch Schlagstöcke und andere Formen der "unmittelbaren Zwangsgewalt" an um Personen von der Straße zu entfernen.
22:21, Kessel Türkenstr./R. Lände
22:15 Die Polizei versucht ihre Gruppen rund um die Kreuzung zu formieren und einen Kessel zuzuziehen. Da manche Gruppen trödelten gelang das nur zum Teil. Die meisten DemonstrantInnen rochen die Lunte rechtzeizig und brachten sich auf den umliegenden Gehsteigen (vorerst, später wurden Gruppen auch von den Gehsteigen abgedrängt) in Sicherheit. Etwa 30 Personen, die auf dem Gehsteig bzw. auf dem Grünstreifen Türkenstraße/Berggasse waren (wo vorhin per Megafon die Kundgebung aufgelöst wurde), wurden nun gekesselt. Rechtlich gesehen fast schon korrekt, wenn da nicht noch eine ganze Reihe von Personen, teils einige Minuten nach Beginn des Kessels, von Polizisten gepackt und zum Kessel gezerrt wurden. Mal ganz abgesehen davon, dass eine Auflösung einer Demonstration mit dem bloßen Argument eines flüssigen Verkehrs auf der Rossauer Lände verfassungsrechtlich - hier ist das Versammlungsrecht verankert - als äußerst zweifelhaft betrachtet werden muss.

Bis ca. 22:45 Uhr werden die gekesselten Personen im 1-2-Minutentakt einzeln zur Personalienaufnahme abgeführt. Dabei kommt es erneut zu einiger Aufregung, als eine Person von PolizistInnen hinter die Baustellenabsperrung gebracht wird und BeobachterInnen befürchten, es könnte zu Übergriffen kommen. Daraufhin werden auch die BeobachterInnen von einem Trupp PolizistInnen von der Ebene hinter den Plakatwänden verscheucht. In Befürchtung eines Kessels liefen die meisten Personen davon, ohne dass die Polizei direkt einschreiten musste.

Gegen 23 Uhr kann die Versammlung als aufgelöst betrachtet werden. Es gab dutzende Identitäts-Feststellungen und angeblich auch Verhaftungen (unbestätigt). Wie viele Personen in dieser Nacht tatsächlich abgeschoben wurden bzw. unmittelbar zuvor vom PAZ Rossauer Lände überstellt wurden, ist zur Zeit ebenso nicht klar.

Linksammlung: Videos und Berichte

Videos:
* welyman94 / Youtube: "Wiener Polizei geht gewaltsam gegen DemonstrantInnen vor." (12.04.) (Video vom Benutzer entfernt; Im Video war klar zu sehen, wie Polizisten sich auf einzelne DemonstrantInnen stürzen, an diesen zerren und versuchen diese hinter die eigenen Reihen zu bringen)
* Peter Romano Horn / ichmachpolitik.at: "11. April 2013 Rossauer Lände, Wien." (12.4.)
* RhabarberTV / Youtube: "Kundgebung gegen Massenabschiebung" (12.04.)

Berichte:
* Sozialistische Linkspartei (SLP): "Menschlichkeit im Kapitalismus? Massendeportation mit Polizeigewalt durchgeprügelt" (Bericht einer Aktivistin, 12.4.)
* Bernhard Jenny: gewaltbereit? die polizei. (12.4.)
* pizza.noblogs.org: repression überall (12.4.)
* Indymedia: Erich Zwettler - Leiter des Verfassungsschutz Wien (13.4.) 
* nochrichten.net: Protest gegen neuerliche Frontex-Sammelabschiebung nach Nigeria in Wien bzw. Radio Orange / cba.fro.at: Protest gegen Frontex-Sammelabschiebung nach Nigeria in Wien (13.4.) 

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Wien: Heftige Konfrontationen vor PAZ Rossauer Lände mit Polizei bei Versuch Abschiebungen zu verhindern (5.12.2012)

 [ Text: FMO, 6.12.2012 / alle Fotos (c) Daniel Hrncir ]

Am Abend des 5. Dezember 2012 versammelten sich gegen 19 Uhr zunächst etwa 30 Personen vor dem PAZ Rossauer Lände (Polizeianhaltezentrum, Schub-Gefängnis), um eine geplante Abschiebung nach Nigeria zu verhindern. Vermutlich wegen der vorangehenden Bildungsdemo waren bereits viele Polizei-Einheiten "bereit", und so füllte sich die Umgebung des PAZ Rossauer Lände rasch mit 10, 20 und schließlich 30 (!) VW-Bussen der Wiener Polizei. Etwa 200 PolizistInnen - also ca. 3 pro DemonstrantIn - "kümmerten" sich in der Folge um eine möglichst verzögerungsfreie Abschiebung. Lieber zigtausende Euro für das Durchboxen einer jeden Abschiebung mit Polizeigroßeinsätzen und Charterflügen investieren als den Leuten Asyl und eine Arbeitsbewilligung zur Selbsterhaltung zu geben. Eine interessante Umsetzung des "Leistungs"-Gedanken der österreichischen Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik! Sadismus muss einem schon was wert sein!

Polizei im Gewaltrausch

Auch die Zahl der Protestierenden wuchs auf etwa 70 Personen an, bis der erste Gefangenen-Transport Richtung Flughafen aus der Garagen-Ausfahrt fahren wollte. Die Menge versuchte am Gehsteig, die Ausfahrt zu blockieren, und als dies nicht gelang, versuchte man, die Transporter auf der Straße zu blockieren. Die Polizei ging dabei immer ruppiger vor.

Wie sich die Ereignisse im Detail zuspitzten, kann ich zur Zeit nicht genau rekonstruieren*, aber Fakt ist - das zeigen zum Teil Fotos und Videos, vor allem aber verschiedene Augenzeugenberichte bzw. Berichte von Beteiligten - dass die Polizei mit ungewohnter Gewalt gegen die unbewaffneten Protestierenden vorging. Es wurden Personen gewürgt bzw. im Würgegriff über die Straße gezerrt, von Blutergüssen, Schürf- und Kratzwunden erzählen andere. Laut einer Presseaussendung der SJ wurden auch Pfefferspray und Schlagstöcke gegen zum Teil noch SchülerInnen eingesetzt! Auch das Refugee Camp Vienna berichtet in einer Aussendung von Polizeigewalt.

Die Kommentare der PolizistInnen vervollständigen das Gesamtbild eines menschenverachtenden, zynischen Abschiebe-Apparats, der keine Skrupel hat, Menschen direkt ins Gefängnis des Herkunftslandes abzuschieben oder ihr Leben anderweitig aufs Spiel zu setzen, der lebensgefährlichen und oft traumatischen Flucht nach Europa Hohn spottend: "auf die frage "was soll das? warum so brutal?", die antwort: "weil ihr es verdient habt" ... auf die frage nach der dienstnummer, die antwort: "0664" (3mal!) und ein blödes grinsen", schildert eine Anwesende auf Facebook.

Wenn die Medien wegschauen


"Herkömmliche" Medien waren wieder mal keine vor Ort. Wenns die APA nicht weiß, macht sich auch sonst kein/e Journalist/in die Mühe, zu einer Spontandemo (über die Stunden im Voraus auch auf Facebook und Twitter durchaus öffentlich mobilisiert wurde) aufzubrechen. Klar, es gibt kaum noch "Reporter/innen" im klassischen Sinn - die auf der Straße Ereignisse beobachten, dokumentieren und zusammenfassend berichten. Das liegt an der Sparpolitik zwecks Gewinn-Maximierung bei Mediaprint, Raiffeisen- und anderen Konzern-Zeitungen (und leider nicht nur bei diesen), aber irgendwo müssen sich auch die JournalistInnen selber an die Nase greifen, denn das kann ja nicht sein, dass im Jahr 2012 PolizistInnen "unbeobachtet" SchülerInnen verprügeln - und niemand nimmt davon Notiz, auch wenn es noch so viele ZeugInnen gibt, denn wo kein "offizieller" Journalist, da keine glaubhafte Meldung (so offenbar das Credo) - meistens bleibt die Kronen Zeitung übrig, die ja ihre Informationen häufig direkt von der Polizei "zugesteckt" bekommt - bloß dann halt so, wie die Polizei gerne berichtet zu haben wünscht - die Krone liefert. Ein Armutszeugnis für den sich gern selbst beweihräuchernden "Watchdog der Demokratie".

Umso stärker empfehle ich daher jene JournalistInnen und Medien, die zwar nicht bei einem Medienkonzern arbeiten, dafür aber unabhängig agieren und keine Mühen scheuen, auch bei Schneeregen zu später Abendstunde und bei riskieren der eigenen Unversehrtheit jene Vorgänge zu dokumentieren, bei denen das offizielle Österreich, inklusive seine (Massen-)Medien, offenbar nur allzugerne wegschaut:




* eine ausführlichere Zusammenfassung der Ereignisse von jenem Journalisten, der von Anfang an dabei war und oben stehendes Video aufgenommen hat, findet man seit 6.12. hier: Richtigstellung von: Anti-Abschiebungs-Demo auf Rossauer Lände: Angeblich Polizeigewalt







Weitere Foto-/Video-/Textberichte:

- Daniel Hrncir: Abschiebung nach Nigeria (flickr)
- Daniel Weber: #NOBORDER Demo gegen eine Abschiebeaktion vor dem PAZ in #WIEN #stopdep (Fotos)
- neuwal.com / Daniel Weber: #NOBORDER Demonstration gegen eine Abschiebeaktion in #Wien (Artikel)
- vienna.at / Daniela Herger: Anti-Abschiebungs-Demo auf Rossauer Lände: Angeblich Polizeigewalt (Artikel)
- akin: PAZ Wien: Wieder Abschiebung durchgeprügelt

 

Freitag, 23. September 2011

Zürich blickt drittem Krawall-Wochenende entgegen

[letztes Update: 24.9. (Fotos, Links)]
Nach zwei Krawall-Wochenenden, die am Schluss nur noch wenig mit der eigentlichen Idee eines RTS ("Reclaim the Streets", unangemeldeter Party-Umzug im öffentlichen urbanen Raum) zu tun hatten, blickt die ganze Stadt nun gespannt dem dritten Wochenende nach Ausbruch der Jugendunruhen (wohl die passendere Bezeichnung) entgegen.

Ich befinde mich mittlerweile vor Ort in Zürich und habe bereits mit einigen Augenzeugen bzw. Anwesenden der Krawalle gesprochen. Hierbei wird eine immer größere Diskrepanz zur Medienberichterstattung, Politik- und Polizeipropaganda offensichtlich. Während Politik, Polizei und Medien überwiegend "Hooligans" und "Linksautonomen" die Schuld an den Krawallen zuschieben - zugegeben mit einem gewissen Vorbehalt, so hat etwa der Tages-Anzeiger zu seinem "Erstaunen" festgestellt, dass letzten Samstag "kein schwarzer Block" an den Unruhen zu sehen war - zeichnet sich nach Angaben von Anwesenden und Augenzeugen ein ganz anderes Bild.

Nach aktuellem Stand der Nachforschungen dürfte die erste Party am Bellevue, zu der am Samstag den 10. September 1.000 bis 2.000 Menschen erschienen, noch tatsächlich in direkter Verbindung zur polizeilichen Auflösung illegaler Partys in und um Zürich in den Wochen davor gestanden sein. Es gab Musik und DJs, nach Provokationen von beiden Seiten eskalierte die Lage, kaum jemand wusste, was vor sich geht, und einige begannen zu randalieren, während der Rest zuschaute oder abhaute.

mit diesen schweren Betonstücken wurde vom Hirschengraben aus der am Central positionierte Wasserwerfer aus knapp 10 Metern Höhe beworfen - das gepanzerte Fahrzeug blieb laut Augenzeugen unbeschädigt. Auch weitere Spuren (Fotos auf flickr) waren 6 Tage nach dem jüngsten Krawall noch zu finden.

Die daraufhin für den nächsten Samtag (17.9.) angekündigte Party (RTS) am Central wurde aufgrund der großen öffentlichen Aufmerksamkeit und dem "leak" der Ketten-SMS spontan und ohne Vorab-Information der Medienöffentlichkeit auf Freitag (16.9.) vorverlegt (siehe folgender Abschnitt) und erreichte etwa 200 bis 400 Personen. Was dann am Samstag, 17.9., geschah, hatte im Grunde gar nichts mehr mit dem auf den Vortag vorverlegten RTS zu tun. Es kamen nur noch jene, die durch SMS und Medien vom angekündigten Krawall erfahren haben und in der Erwartung eines solchen zum Hauptbahnhof/Central kamen (vgl. auch Tages-Anzeiger, 19.9.: "Sie kamen, um zu prügeln"). Diese Leute werden von Augenzeugen als überwiegend unpolitische Jugendliche beschrieben, die Frust ablassen oder sich mit der Polizei messen wollten. Nun blickt die ganze Stadt gespannt auf morgen Samstag, ob es erneut zu Krawallen kommen wird. Daher noch einmal ein aktualisierter Rückblick auf die Ereignisse der letzten beiden Wochenenden.

die "linke Szene" und die Party

Die sogenannte "linke Szene" hielt sich den Samstags-Krawallen (10.9, 17.9.) überwiegend fern (daher ist es auch überflüssig, den Begriff "linke Szene" konkreter auszudifferenzieren). Sie war lediglich am spontan vorverlegten Freitags-RTS (16.9.) beteiligt, wo es jedoch bis kurz vor Schluss keine Ausschreitungen gab, da von Seiten der Organisatoren (die vermutlich aus der "illegalen Partyszene", die in der Umgebung von Zürich regelmäßig unangemeldete Partys organisiert) und Teilnehmenden kein Interesse daran bestand: die Idee eines RTS ist ja eigentlich, den öffentlichen Raum friedlich durch eine Party "zurückzuerobern". Zu Krawallen kommt es meistens nur dann, wenn die Polizei gewaltsam die Menge aufzulösen versucht. Da die Polizei letzten Freitag die 200 bis 400 Personen am Helvetiaplatz zunächst in Ruhe feiern ließ und auch nicht einschritt, als die Menge Richtung Stauffacher/Langstrasse zog, gab es auch vonseiten der RTS-TeilnehmerInnen keine Aggressionen.

Um auch gegen Ende des RTS die Lage ruhig zu halten, wollten die RTS-Teilnehmenden gegen Mitternacht ein bereits vor einer Weile für mehrere Monate besetztes Haus am Stauffacher erneut (für eine Nacht -> Sauvage) besetzen, das sich bereits aus seiner Besetzungs-Zeit stadtweit einen Ruf als "Party-Location" verschafft hat. Die Polizei - möglicherweise in der Annahme, die Menge wolle in die Innenstadt/Paradeplatz (Sitz der Banken) ziehen - versperrte jedoch die Straße und begann, als die Menge die Sperre über eine Seitenstraße umgehen wollte, mit Gummischrot und Tränengas zu schießen. Die Menge löste sich daraufhin teilweise auf, versammelte sich jedoch neu und zog friedlich zur Langstrasse weiter (alles weitere, siehe letzter Blog-Eintrag).

Hätte man die Jugendlichen ins leerstehende Haus ziehen lassen, um dort abseits der kommerziellen (teurer Eintritt, teure Getränke) und exklusiven (im Sinne von ausschließend --> Türsteher, rassistische und lookistische Türpolitik) Bars und Clubs weiterzufeiern, hätte es wohl auch keine Ausschreitungen gegeben.

mehr Respekt vor der Polizei durch Willkür, Rassismus und Einschüchterung?

Am nächsten Tag (Samstag, 17.9.) gab es dann die Gegendemo zur "Lebensschützer"-Demo christlicher Fundamentalisten, wo es ebenfalls zum Einsatz von Gummischrot und Tränengas gab, was nach Ansicht einiger TeilnehmerInnen vollkommen überzogen und überflüssig war. Die Polizei, angetrieben von ihrer eigenen Unwissenheit darüber, was tatsächlich vorgeht und in dieser Konfusion bestätigt durch verblendende und verhetzende Medienartikel und Politiker-Statements, war wohl bereits zu nervös und unsicher und schritt "präventiv" repressiv ein.

An dieser Stelle muss ausnahmsweise auch mal auf die Gemütslage der PolizistInnen eingegangen werden. Die Stimmung ist wenig überraschend ziemlich unten - von allen Seiten kommt Kritik, die entweder nach mehr Gewalt oder mehr Zurückhaltung ruft. Einen Mittelweg zu finden ist schwierig, zumal in den letzten Monaten und Jahren schon viel Porzellan zerschlagen worden ist. Vor allem die Jugendlichen aus den innerstädtischen ArbeiterInnen-Quartieren links und rechts der Langstraße, die Mehrheit von ihnen mit Migrationshintergrund, nimmt der Polizei die nicht nur rassistischen sondern meist auch willkürlichen und häufig unnötig brutalen Personenkontrollen übel.

Diese Personenkontrollen wurden insbesondere ab 2010 forciert, in einer Aktion namens "Respekt" - womit gemeint war, dass die Jugend mehr Respekt vor der Polizei gewinnen soll (daher wohl auch die Willkürlichkeit und Brutalität, in der Annahme, dadurch Respekt (durch Angst) herstellen zu können). Diese psychologisch in jeder Hinsicht vollkommen widersinnige Annahme konnte nur kontraproduktiven Effekt haben: Es kam bereits 2010 zu einer großen RTS, die die Polizei völlig überraschte und die Bahnhofstraße verwüstete (was nicht unbedingt beabsichtigt war, jedenfalls nicht von jenen, die RTS organisieren und das Soundsystem zur Verfügung stellen). Die Gegend, die unmittelbar an den Hauptbahnhof und seine teueren Büro- und Einkaufsviertel angrenzt, ist zudem seit Jahren Zielgegenstand diverser "Aufwertungs"-Bestrebungen, sprich Gentrifizierung, die auf Kosten (im doppelten Sinn) der bisherigen Bevölkerung geht.

Es zeigte sich jedoch, dass bei der Jugend keineswegs mehr Respekt erzeugt werden konnte, nach heftiger, wochenlanger Kritik durch Medien und Opposition musste die damalige Polizeivorsteherin zurücktreten - sie wurde durch den Grünen Daniel Leupi ersetzt.

Hoffnungen, dass dadurch eine umsichtigere Polizeipolitik zustande kommt, wurden jedoch rasch enttäuscht. Leupi machte zunächst durch verstärkte RadfahrerInnen-Kontrollen auf sich aufmerksam (wohl in jenem opportunistischen Reflex, sich als Grüner nicht als voreingenommen und parteiisch abstempeln zu lassen). Im selben Reflex dürfte auch die Fortführung rassistischer Kontrollen im Dienste der Gentrifizierung im Langstrassen-Quartier erfolgt sein. Zudem fielen in seine Amtszeit die schikanösen Kontrollen von AsylantInnen vor der Autonomen Schule (ASZ), wo BesucherInnen kostenloser Deutschkurse beim Verlassen des Gebäudes abgefangen und teilweise mitgenommen, eingesperrt und abgeschoben wurden. Es wird vermutet, dass sich Teile der Polizei dabei bewusst Anordnungen der Spitze widersetzten, zumal Leupi sich selbst nicht begeistert von derartigen Razzien zeigte.

Dazu muss man auch wissen, dass AsylantInnen in Zürich lediglich mit bescheidenen Migros-Gutscheinen "versorgt" werden, mit denen man weder Busfahren noch sonst irgendetwas machen kann, was es nicht im Migros-Supermarkt gibt. Aus diesem Grund gibt es auch Initiativen, die Migros-Gutscheine gegen Bargeld tauschen und kostenlose Deutschkurse in der ASZ. Diese zivilgesellschaftlichen Initiativen, die im Gegensatz zum Staat auch hilfesuchende Flüchtlinge als Menschen betrachten, wurden vom Staat nicht nur nicht unterstützt sondern durch derartige Polizei-Schikanen auch noch torpediert.

All dies - Polizeiwillkür und -gewalt bei ethnischen Personenkontrollen, Torpedierung zivilen Engagements für stigmatisierte Flüchtlinge, Markierung einer "Law-and-Order"-Politik im öffentlichen Raum und brachiales Durchgreifen bei unangemeldeten Partys, Kundgebungen und Demonstrationen - ist die Grundlage für jenen "mangelnden Respekt", den die Polizei und die Politik nun beklagt, aber genau durch jene "respektfördernden" Maßnahmen erzeugt wurde, wie sie nun im Unwillen zum Erkenntnisgewinn erneut gefordert werden ...

Stadt militärisch besetzen?

Sprichwörtlich den Vogel abgeschossen hat aber die FDP - die Freisinnigen, wie sie sich selbst nennen, oder frei von allen Sinnen, wie wohl die korrektere Ausformulierung ihres Parteikürzels wäre. Diese fantasieren "Londoner Zustände" herbei, weil im Stadtzentrum an zwei Wochenenden in Folge mehrere hundert PolizistInnen und Jugendliche randalierten, und träumen bereits von einer weiteren Eskalation, in der Sorge, dass die Gewaltspirale nachlassen könnte und ihre Forderung nach mehr Polizei und Überwachung dadurch auch weiterhin keine Mehrheit finden kann. Daher ruft die FDP nach dem Ausnahmezustand für Zürich, denn nur in diesem könnte tatsächlich die Schweizer Armee Zürich besetzen, so wie die FDP es wünscht. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, ist zu befürchten, dass sich am kommenden Wochenende FDP-Politiker vermummen und als Provokateure unter die Jugendlichen mischen. Noch wahrscheinlicher ist es jedoch, dass die FDP für diese "Drecksarbeit" Jugendliche bezahlt, die im Dienste der FDP dafür sorgt, FDP-Forderungen nach Polizei- und Überwachungsstaat und Abschaffung staatlicher Sozialleistungen nach britischem Vorbild zu einer Mehrheit zu verschaffen. Klingt absurd? Ich denke nicht. Wer unter gegenwärtigen Zu- und Umständen ohne jegliche Ursachenforschung begeistert nach einer militärischen Besetzung von Zürich ruft, der muss wohl als geistig eingeschränkt leistungsfähig bezeichnet werden und ergo muss solchen Menschen, die zwanghaft jedes Ereignis ins eigene Weltbild zu pressen versuchen, jede Wahnsinnstat zugetraut werden.

Vom Stolz, vor Krawallen geflüchtete Menschen "erwischt" zu haben

SVP-Stadtpolitiker Mauro Tuena (der Toni Mahdalik von Zürich) ist gegen eine militärische Besetzung ("Nein, nein, nein: Es braucht keine Armee." zitiert ihn Blick am Abend, 22.9.2011, S. 10), denn, so seine Überzeugung: "Die Polizei macht eine ausgezeichnete Arbeit, sonst hätte sie nicht so viele verhaftet."

Diese Aussage ist derart dummdreist, dass man vermuten muss, Tuena wisse um die wahren Umstände der Verhaftungen - im Gegensatz zu den Medienberichten, die unkritisch Polizeiaussagen wiedergeben - Bescheid. Denn von den nach offiziellen Angaben 91 Verhafteten (25 davon unter 18, weitere 3 unter 15 Jahren alt / 76 Schweizer Staatsbürger, insgesamt 3/4 der 91 "Verdächtigen" aus Stadt oder Kanton Zürich) sind vermutlich deutlich mehr als die Hälfte Unschuldige. Sie wurden von der Polizei gegen Ende der letzten Krawallnacht regelrecht eingesammelt, viele sogar mit Gummischrot zusammengetrieben und dann ins Gefängnis verfrachtet. Darunter zum Beispiel sieben Mädchen, die gemeinsam in der Zelle saßen. Vier davon waren eine Gruppe Freundinnen, die gegen 1 Uhr Nacht, als es um das Central (vermeintlich?) bereits ruhig war, ihr Lokal im Niederdorf verlassen haben und nach Hause gehen wollten. Sie wurden von einem Polizeikordon überrascht, der mit großem Abstand offenbar einer Gruppe männlicher Jugendlicher auf den Fersen war - die Mädchen flohen über den Limmatsteg auf den Platzspitz. Dort hatten sich viele Menschen vor den Krawallen zurückgezogen, im Glauben, dort sicher zu sein. Doch wenig später räumte die Polizei den Park und setzte dabei Gummischrot gegen all jene ein, die davon liefen. Also blieben die Mädchen stehen und ließen sich widerstandslos verhaften. Mit ihnen wurden rund 40 weitere Personen verhaftet. Das war die größte Verhaftungs-Welle jener Nacht, auf die rechte Politiker wie Mauro Tuena nun so stolz sind.

Zu Besuch im Mädchenknast - wer Dreads hat, bleibt hier

Die anderen drei Mädchen, mit denen die Freundinnen dann in die Mädchenabteilung eines Gefangenenhauses gebracht wurden, schienen ebenfalls unbeteiligt zu sein. Zwei der Mädchen dürften ebenfalls im Ausgang gewesen sein, eine von ihnen sprach französisch und war offenbar in Zürich zu Besuch. Sie wurde von ihrem Freund getrennt, wusste nicht, was man ihr vorwirft und war ziemlich aufgelöst. Das siebte Mädchen im Mädchenknast zählte zu einer Gruppe "Hippies", die im Platzspitz-Park am chillen waren. Sie hatte Dreadlocks und wurde von der Polizei als erste zum Verhör vorgeladen. Sie dürfte auch das einzige Mädchen gewesen sein, das auch nach 12 Stunden U-Haft nicht freigelassen wurde.

Dieses Vorgehen bei den Mädchen lässt nichts gutes zu den Vorgängen bei den Burschen erahnen. Wer verdächtig aussieht, wird wohl als schuldig befunden. Inwiefern Beweise bei der Verurteilung der Jugendlichen noch eine Rolle spielen, ist fraglich. Laut Medienberichten wurden nach 12 bis 24 Stunden U-Haft 43 Personen wieder entlassen (48 mussten weiter in U-Haft bleiben und wurden von zehn "Sonderstaatsanwälten" verhört), nach zwei Tagen dürften immer noch etwa 20 im Knast gesessen haben. Die Zahl der Anzeigen dürfte aber höher liegen.

das dritte Wochenende

Es kursieren Gerüchte, die auch für diesen Samstag keine friedliche Nacht erahnen lassen. FMO wird versuchen, die Ereignisse dieses Mal aus nächster Nähe zu dokumentieren, wobei das brutale, willkürliche und vor allem rücksichtslose Vorgehen der Polizei auch gegenüber offensichtlich Unbeteiligten zu großer Vorsicht ermahnt. Ohnehin sind unabhängige Blogger/Fotografen/Journalisten bei Polizeiaktionen nicht gern gesehen, anders als in Wien wird die unabhängige Presse hier nicht nur eingeschüchtert und behindert, es wird sogar davor gewarnt, dass die Polizei Kameras beschießt bzw. bei Verhaftung entwendet und "verschwinden" lässt... Mal sehen, was sich tun lässt ...

Sonntag, 18. September 2011

Krawallwochenende in Zürich - Stauffacher/Langstrasse, Helvetiaplatz, Central - 16./17. September 2011

Eine Woche nach den RTS-Krawallen am Bellevue vom 10. auf den 11. September (FMO berichtete) kommt es, wie nach dem Aufruf zur neuerlichen Straßenparty in Ketten-SMS seit letztem Sonntag zu befürchten war, erneut zu Krawallen. Dass es gleich drei werden würden, war jedoch nicht abzusehen.

"Polizei verhindert illegale Party am Central" titelt erfreut die Online-Ausgabe des Blick. Dass dafür vermutlich über 1.000 hochgerüstete PolizistInnen eingesetzt werden mussten, massenhaft Tränengas und Gummischrot verschossen wurde, dutzende Personen verletzt wurden, das Herz der Stadt, direkt vor einem der höchst frequentierten Bahnhöfe Europas, zwischen 23:45 und 3 Uhr früh eher einem Schlachtfeld glich, ist natürlich vernachlässigbar angesichts des herausragenden Erfolgs der vereinigten Schweizer Polizeikräfte gegen Jugendliche aus Zürich, die ihre Party nicht anmelden wollten.

Das vergangene Wochenende im Rückblick:

Freitag, 16.9. - Vorverlegte RTS am Helvetiaplatz, Krawalle am Stauffacher

Bereits am Vorabend des Samstags, 17. September, für den gegen 23:30 Uhr zur Party am Central aufgerufen war, versammelten sich rund 200-400 Leute (bei strömendem Regen) bei der Unterführung am Helvetiaplatz um mit eigener Anlage und DJs eine Alternative zum kommerziellen, ruionös teuren, Party-Treiben in den Clubs und Lokalen der Stadt anzubieten.

Die Polizei war nicht uninformiert, hielt sich aber vorerst im Hintergrund und ließ die Party, die ohnehin auf einem für den Verkehr gesperrten Platz stattfand, gewähren. Gegen Mitternacht setzte sich das mobile Soundsystem samt Anhängerschaft Richtung Stauffacher, wo ein Haus (zur Sauvage, also zum weiterfeiern) besetzt werden sollte, in Bewegung. Die Polizei versperrte jedoch den Platz. Als die Demonstrierenden über eine Seitenstraße ausweichen wollten, wurden sie umgehend mit Gummischrot und Tränengas eingedeckt, der Wasserwerfer wurde eingesetzt. Die Angegriffenen schleuderten Flaschen und andere Gegenstände zurück, zerstreute sich, formierte sich aber bald unweit der Langstrasse (Ausgehmeile und Zentrum zweier ehemaliger ArbeiterInnen-Bezirke, heute mehrheitlich von MigrantInnen bewohnt) wieder.

Tanzend zog die Menge nun in die Langstrasse, wo zahlreiche Schaulustige auf die Straßen strömten - die Polizei hielt sich zurück, zumal die Polizei in dem Quartier keinen guten Ruf genießt. Eine eigene Kampagne der Polizei kümmerte sich letztes Jahr darum, die Straßen "sauber" zu halten - gemeint sind willkürliche Kontrollen an Passanten "mit Migrationshintergrund", wie man "so schön" sagt.

Als die Demo schließlich in die Militärstrasse einbog um Richtung Kasernen-Areal (ehemalige Kaserne) zu ziehen, kam es vor dem dort gelegenen Polizeiposten zur finalen Auseinandersetzung: die Polizei setzte die üblichen Waffen ein, während DemonstrantInnen Müllcontainer und anderes Zeugs auf die Straßen warfen und anzündeten. Zwischen 2 und 3 Uhr waren die Krawalle beendet.

Samstag, 17.9. - Krawalle am Rande von Anti-Abtreibungs-Demo christlicher Fundis

Die Polizei verhinderte am Nachmittag unter großer Gewaltanwendung, dass die vom Revolutionären Bündnis Zürich getragene Gegendemo zur Anti-Abtreibungs-Demo durchbrechen konnte. Protestierende lieferten sich eine Straßenschlacht mit der Polizei. Alles weitere im Tages-Anzeiger, andere Infos liegen leider nicht vor.

Samstag, 17.9. - Reclaim the Streets am Central fällt Polizeiblockade zum Opfer - trotzdem Krawalle

Eigentlich hätten sich um 23:30 Uhr hunderte, wenn nicht tausende, Menschen zur RTS am Central treffen sollen. Doch zum einen regnete es erneut teils heftig, zum anderen glich das Zürcher Stadtzentrum einem Sperrgebiet. Das gesamte Areal zwischen Stampfenbachstrasse, Niederdorf, Hauptbahnhof und Bahnhofstrasse war von hunderten PolizistInnen besetzt - die sich jedoch zunächst in Seitenstrassen "versteckten". Laut Augenzeugen waren die in der Bahnhofshalle eingesetzten Cops eigens aus der französischsprachigen Schweiz zugezogen worden. Über die Zahl der eingesetzten Beamten gibt die Zürcher Polizei allerdings nie Auskunft.

Im Hauptbahnhof hatten sich bereits hunderte Menschen versammelt. Als sich mehrere Personen vermummten griff die Polizei das erste Mal ein: Festnahmen.

Die Menge zog zum Central und wurde durchgelassen. Doch bevor dort die Party losgehen konnte wurde binnen weniger Minuten ein Kessel erzeugt - die ersten Böller wurden Richtung Polizei geworfen und es passiert, was in so einem Fall in Zürich immer passiert: Gummischrot, Tränengas, Pfefferspray, Wasserwerfer ... Zusätzlich waren viele Polizisten in zivil eingesetzt, einige auch als sogenannte "Chaoten-Zivis", die aussehen sollen wie autonome Demonstranten (Rucksack, Kapuzenpulli etc.) und als "Greifer" Leute aus der Menge ziehen (ähnliche Bilder kennt man etwa aus Barcelona, wo im Umfeld der friedlichen Massenproteste am 15. Juni d.J. einige eingeschleuste Provokateure entlarvt und vertrieben wurden). Auch aus Zürich gibt es Videos von optisch möglichst angepassten Zivi-Cops, die Leute aus der Menge heraus verhaften, wie etwa regelmäßig am 1. Mai. Das treibt dann mitunter auch skurrile "Blüten", wie etwa dieses Video zeigt.

Mit Gewaltorgie zum Orgasmus? StaPo testet ihre neueste Lustinnovation.

Erneut kamen bei der Gewaltorgie der Polizei viele Unbeteiligte zum Handkuss: Diesmal wurde gleich das ganze Areal um den Hauptbahnhof in Trängengas gehüllt, im unterirdischen "Shopville", das unter dem Hauptbahnhof als Verbindung zur Bahnhofstrasse sowie als Shoppingcenter dient, hingen ebenfalls Schwaden von Tränengas. Oberirdisch wurden die rund 500 bis 700 Partywilligen zum Hauptbahnhof zurückgetrieben (sogar im Tages-Anzeiger steht im Bildtext: "Die Polizei trieb die Menge erst zum Central, anschliessend wieder zurück zum Hauptbahnhof."), in dessen Umgebung sich die Krawalle nun abspielten. Auch in der Altstadt, dem Niederdorf, soll es Auseinandersetzungen gegeben haben. Berichte darüber liegen (noch) keine vor.

Vom Hirschengraben über dem Central aus, das in einen Hang hineinreicht, wurde die Polizei mit Gegenständen und Baumaterial beworfen. Der Wasserwerfer, der sich nahe der den Hang abstützenden Mauer befand, wurde aus knapp 10 Metern Höhe mit kiloschweren Steinplatten beworfen - das Fahrzeug blieb unverletzt.

Der Weg zur Bahnhofstrasse - als teuerste Einkaufsstrasse der Schweiz auch das beliebteste Riot-Areal - wurde von einem Wasserwerfer versperrt. Also tobten sich einige an der Tram-Haltestelle Hauptbahnhof aus, zerstörten die Glasflächen, zündeten Zeitungsständer an, randalierten.

Weitere Angriffe der aufgebrachten Jugendlichen richteten sich gegen ein "ziviles" Polizeifahrzeug (die VW-Bus-Flotte der Zürcher Polizei, die für das Stadtbild prägend ist, ist in den Farbcodes blau, weiß und grau, sind - bis auf ein einziges, abnehmbares Blaulicht am Dach, von außen nicht als Polizeifahrzeuge zu erkennen), welches kurzerhand umgeschmissen wurde (Bilder davon finden sich auf 20min.ch und blick.ch, die freilich nicht von einem Polizeifahrzeug schreiben; nur der Tages-Anzeiger erkennt das Polizeifahrzeug, wie die Bildbeschreibung verrät).

Laut Tages-Anzeiger dauerten die Krawalle bis zumindest drei Uhr früh an, auch danach soll es noch vereinzelt Zwischenfälle gegeben haben. Dass der Versuch, die erschienene Menschenmenge in "Gaffer" und "Chaoten" zu spalten, nicht besonders hilfreich ist, da der Übergang mitunter ein fließender ist, zeigt eine Bemerkung im Tages-Anzeiger-Artikel: "Die Unruhestifter dürften die gleichen gewesen sein wie vergangene Woche, waren jedoch überraschend zahlreich. Die Gaffer glichen weniger den jungen Partygängern von letzter Woche als jenem Publikum, das man normalerweise am 1. Mai antrifft."

Gebt der Zürcher Polizei ein Gummi-MG!

Besonders hässliche Szenen soll es zwischen Hauptbahnhof, Limmatufer und Platzspitz gegeben haben, wo gegen Ende der Krawalle noch ein beliebig wirkender Kessel aufgezogen wurde und die darin gefangenen Menschen mit heftigen Salven aus Gummischrot in die Enge getrieben wurden - laut Augenzeugen waren kaum "Randalierer" oder "Chaoten" darunter, sondern "Gaffer" (Schaulustige) und Nachtschwärmer, die nicht wussten, wie ihnen geschah (Bild 14 in der Tages-Anzeiger Fotoreihe). Mögliches Motiv: Nach nur zwei (!) Verhaftungen am letzten Samstag sucht die Polizei nun (wie schon öfter in der Vergangenheit) durch willkürliche Verhaftungen dem Erfolgsdruck der Opposition und der gesamten Presse gerecht zu werden. Dass dabei jedes Mal dutzende, wenn nicht Hunderte, Zivilisten auf verschiedene Weise direkt mit Polizeigewalt konfrontiert werden, was im besten Fall von vertränten Augen bis - im schlechtesten Fall - gebrochener Nase durch Gummischrot reicht, scheint niemanden zu stören.

öffentliche Meinung - who cares?

Von Verletzten ist wie fast immer in den Medien nichts zu lesen - es müssen einige Dutzend gewesen sein an diesem Wochenende, viele mit blutverschmierten Gesichtern wegen des Gummischrots. Aber auch das ist Teil des perversen Spiels von Polizei, Politik und Medien, das in Zürich schon in den 80er-Jahren gespielt wurde und offenbar auch im Internetzeitalter noch erstaunlich und unwidersprochen gut funktioniert. Die Polizei schießt lieber aus der Distanz, die Leute laufen davon, die Medien schreiben die Presseaussendungen der Polizei ab, statt sich in Krankenhäusern nach den tatsächlichen Verletztenzahlen zu erkundigen (sie würden wohl staunen). Die (rotgrüne) Stadtregierung gibt sich besorgt über Gerüchte von Polizeigewalt, was von der rechten Opposition umso stärker kritisiert wird, da die Polizei selbst das größte Opfer sei und dringen mehr Geld und Personal benötige. Die so jedes Mal aufs neue für dumm verkaufte Öffentlichkeit weiß auch nicht mehr was sie glauben soll - dabei haben sie ohnehin immer nur die selbe Lüge erklärt bekommen. Weder auf Indymedia noch auf Twitter oder in eigenen Blogs bzw. Videoplattformen macht die linke Szene auf derartige Missstände aufmerksam. Hier klafft ein großes Loch, das beispielsweise in Wien (wohl insbesondere seit den Massenprotesten gegen Schwarz-Blau im Jahr 2000, bei denen Mailverteiler eine sehr wichtige Rolle gespielt und somit wohl das Internetzeitalter in der "Zivilgesellschaft" miteingeleitet haben) durch autonome Blogs und Portale wie WienTV.org, nochrichten.net, ichmachpolitik.at, no-racism.net, Indymedia sowie diverse Fotografen (was natürlich immer wieder zu Konflikten führt, andererseits besteht zu den aktivsten meist eine gute vertrauensbasis hinsichtlich Gesichter-nicht-erkennung), die ihre Fotoalben auf flickr oder eigene Blogs stellen, gefüllt wird.

Der Kampf um die öffentliche Meinung wird in Zürich vermutlich von vielen als aussichtslos betrachtet, nur hin und wider finden sich (in der Regel anonyme) Aussendungen auf Indymedia. Andererseits gibt man so der Polizei keinerlei Angriffsfläche, wodurch diese sich nach jedem Krawall wieder splitternackt den Medien und der (rechten) Opposition stellen und den Vorwurf gefallen lassen muss, komplett ahnungslos zu sein - was auch seine Reize hat. Alternative, unabhängige Medienschaffende, zu denen ein Vertrauensverhältnis (insbesondere was den Schutz der Anonymität der AktivistInnen betrifft) besteht und die ohne Verfolgungsdruck Meldungen veröffentlichen können, die Dinge beschreiben, die nur Anwesende gesehen haben können, könnten die Anonymität der AktivistInnen gewährleisten und durch Dokumentation und Veröffentlichung von Polizeigewalt via (etablierter) Medien (die zumindest in größeren Fällen oder bei spektakulären Aufnahmen auf den Zug aufspringen) und einer informiert(er)en Öffentlichkeit Druck auf die Polizei ausüben. Die Polizei wird aus Steuergeldern informiert und es das gute Recht eines jeden, ihr bei der Arbeit gründlich auf die Finger zu schauen.

weitere Links (Auswahl):
-
videoportal.sf.tv: Kurzbericht des Schweizer Fernsehens (das gleiche Video, es handelt sich offenbar um Agenturmaterial (das erklärt auch, warum SF nur 50 Sekunden lang berichtet und das ganze abrupt abwürigt), findet sich unkommentiert auch auf orf.at)
- rjz.ch - Revolutionäre Jugend Zürich: Fight for your Right to Party!
- linksunten.indymedia.org: (Jugend) Unruhen in Zürich (Schweiz)?

Freitag, 5. August 2011

Der Wiener Weg: Die Stadt gehört sicher nicht dir! - oder: Squat til you drop!

[Update: In der Nacht von 4. auf 5.8. wurde kurrzeitig die Triester Straße 114 ("MA 2412") wieder besetzt. Sollten dort laut Wohnbaustadtrad Ludwig nicht seit Montag die Umbauarbeiten stattfinden? --> Meldung auf Indymedia, 5.8.]
letztes Update: 5.8.2011
Nach der (überraschenden, da bereits Sonntagvormittag, 31. Juli, geschehenen) Räumung der Triester Straße 114 (diente einst als Kulisse der ORF-Sitcom "MA 2412") ließen sich die BesetzerInnen nicht lange lumpen und besetzten kurzerhand - am Abend des selben Tages - ein leer stehendes 4-Sterne-Hotel in der Grünbergstraße 11. Die Besetzung war "still", wurde also nicht nach außen bekannt gegeben. Erst am nächsten Morgen wurde via Twitter und Indymedia dazu eingeladen, auf eine Pizza vorbei zu schauen. Doch kaum war diese Meldung draußen, wurde das Hotel von der WEGA in Begleitung des LVT gestürmt, mehrere Personen wurden sogar vorübergehend festgenommen (alle Angaben laut der einzigen Mitteilung der BesetzerInnen auf Indymedia). Daraufhin zog eine Spontandemonstration via Gudrunstraße u.a. zum zuständigen Polizeirevier/Gefängnis, bis einige Stunden später alle frei gelassen wurden.

Über Details zur Räumung, den Gründen der Verhaftung und ob das Hotel tatsächlich leer stand (es hieß, die Betten seien gemacht gewesen und jemand meinte, das Hotel sei nur zur Renovierung geschlossen - Angaben, die ich persönlich leider nicht überprüfen konnte und kann, da ich derzeit nicht in Wien bin) wurde nach außen nichts bekannt gegeben, wäre jedoch noch interessant. Denn wenn es zu Verhaftungen kam und augenscheinlich nicht einmal einen Räumungsbescheid gab [Foto des Räumungsbescheids bei Martin Juen] (auch bei der Triester Straße-Räumung hieß es bereit, es hätte laut Einsatzleiter keinen Räumungsbescheid gegeben; kann dies mittlerweile bestätigt werden?), dann liegt es mit dem Rechts- und Polizeistaat gleich in mehrerlei Hinsicht im Argen.

Wien ist und bleibt anders. Keine Frage. keine Diskussion.

Es ist augenscheinlich, dass die Stadt - und mit ihr und sowieso die Polizei und der LVT - nervös ist. Der Vorteil einer Hausbesetzung in Österreich ist, dass die Politik eine solche nur schlecht "aussitzen" kann (und eine solche sowohl zivil- als auch verwaltungs- und strafrechtlich schwer zu fassen ist). Und aussitzen ist die stärkste Waffe, die die österreichische Politik kennt - zumal man Problemen am liebsten aus dem Weg geht und sich dadurch Konfrontationen erspart. Bei Hausbesetzungen geht das nicht. Daher kommt nun Aufgregung in den friedlich vor sich hin dampfenden Misthaufen namens Wiener Stadtverwaltung und dem mit ihr eng verflechteten Polizeiapparat. Wenn aussitzen nicht funktioniert - und für diese Erkenntnis braucht man selbst in Wien nicht lange, wozu gibts denn die Experten vom LVT? - greift man bekanntlich zur nächstbesten Methode, wenn man auf dem längeren Ast sitzt: ausgrenzen, aussperren, austreiben. Oder anders gesagt: Gewalt, Repression.

Daher ist es kein Wunder, dass Stadt & Polizei nun bei jeder neuerlichen Besetzung, kaum wird diese öffentlich bekannt (oder sogar schon davor), umgehend mit der WEGA antanzt. Und wer beim ersten Mal (Lobmeyr-Hof) nicht hören will (wo man sich noch Mühe gegeben hat, den Schein zu wahren), braucht bei den nächsten Malen wirklich nicht zu erwarten, dass sich der Moloch namens Wien auch nur einen Deut um Gesetze, Verfassungsrechte oder sonstigen Gutmenschen-Schnickschnack schert: Raus mit dem Pack, aber zackig! Am besten gleich einsperren, rechtliches Zeugs hin- oder her, und für ein paar Stunden U-Haft braucht es ja nicht mal irgendeinen haltbaren Vorwurf. Praktisch!

Und somit ist es allerhöchste Zeit, sich zu fragen, wie das ganze weitergehen soll. Der "Wiener Weg" ist klar vorgegeben - war er auch immer schon - und es war klar, dass sich die Stadt nicht von ein paar Grünen in "ihrer" Regierung oder ein paar "Antikapitalisten" davon abbringen wird: Wohnbaustadtrat Michael "bekannt aus Inseraten in ihrer Gratiszeitung" Ludwig hat erst vor wenigen Tagen nochmal betont: "Hausbesetzungen werden nicht toleriert." Punkt. Fertig. Ende der (nie begonnenen) Diskussion.

Wie weiter?

So weit, so schlecht, so klar, so absehbar. Mit jedem Mal wird die Repressionsstufe weiter erhöht. Das Ziel ist eindeutig: Es soll auch dem letzten Möchtegern-Hausbesetzer (innen und am besten überhaupt außen) so rasch wie möglich klar werden: Wien bleibt Wien, mia bleim mia und ihr kinnts eich schleichen! Wer Freiraum will, kann ja auf die Donauinsel. Wer "irgendwas autonomes" will, soll ins EKH oder Amerlinghaus gehen (und Krankenhaus gibts ja auch schon eines, wozu noch eins?) und wem das alles nicht passt, soll doch auswandern.

Auch wenn einem das alles bewusst ist, droht es einen doch irgendwann zu zermalmen. Was kann man dagegen machen? Eins ist klar: jetzt aufgeben bringt gar nix. Nächstes Jahr wird es sicher nicht leichter. Es sei denn, die Wirtschaftskrise schlägt voll durch und auch zweiseitige "Heute"-Inserate trösten die WienerInnen nicht mehr über immer höher werdende Mieten hinweg - Bobo-Aufstand in Neubau und in der Josefstadt! Dass so etwas möglich ist, dafür gibt es täglich mehr Beispiele: die großen Proteste (kürzlich 150.000 Demonstrierende auf den Straßen in den Städten des Landes) gegen explodierende Mieten in Israel, die man vor wenigen Wochen noch nicht für möglich gehalten hätte, sind nur das jüngste. Dass in Spanien immer noch täglich Plena in den Stadtbezirken (barrios) abgehalten werden, steht zwar in keiner Zeitung, passiert aber trotzdem. Und es wird noch bald genug wieder so weit sein, dass auch bei uns wieder was darüber in der Zeitung steht. Und dass es in Italien schon seit Jahren gärt, kümmert zwar keinen Café Latte-Trinker in den Lieblings-Cafés der Wiener JournalistInnen, aber auch das ist trotzdem (dürfens denn das?) so! Echt!

Aufstand im Bobo-Land

Aber wahrscheinlich ist ein solcher Bobo-Aufstand trotzdem nicht. Von nichts kommt nichts. Aber wie sich schon vor zwei Jahren bei der erstmaligen Besetzung der Triester Straße 114 gezeigt hat, haben Hausbesetzungen (und Besetzungen als radikales Mittel der Verneinung herrschender (Besitz-)Verhältnisse) enormes Potenzial, Proteste zu katalysieren. Nur zwei Wochen nach Räumung der Triester Straße im Oktober 2009 wurde die Akademie der bildenden Künste und schließlich das Audimax der Universität besetzt: für zwei Monate! Und jetzt sage niemand, das habe eh alles nix gebracht ... wenn dem so wäre, warum ließt du dann eigentlich diesen Blog??? Und warum schreibe ich ihn? ;)

à propos Medien, da sind wir eh schon beim richtigen Thema: die Besetzung des Lobmeyr-Hofes und jene der Triester Straße (also alle diesjährigen Besetzungen, die mehr als zwei Tage Bestand hatten!) haben es zu - je nach Perspektive - erstaunlich großer Medienberichterstattung gebracht (nicht nur derstandard.at - ganz im Gegenteil, die MA2412-Räumung war am ersten Tag de facto eine Exklusiv-Story des ORF). Und auch wenn die Kronen Zeitung als offizielles Organ der Stadt Wien verlautbart, dass es nur der Sicherheit der Nachbarn gedient habe, den Lobmeyr-Hof zu räumen, gibt es dennoch - sogar bei der Krone - jedes mal ein paar Tausend LeserInnen, ich wage sogar zu behaupten, ein paar Hunderttausend - die ganz genau wissen, was für Bullshit ihnen da aufgetischt wird, und dass die Suppe anders gekocht wurde, als sie ihnen serviert wird.

Und überhaupt: Über die Qualität der Berichte lässt sich bei allen Medien vortrefflich streiten (bzw. auch nicht, da wir uns vermutlich rasch einig sein werden), denn dass die meisten JournalistInnen keine Ahnung haben, was das ganze überhaupt soll und ob das nicht irgendwie lächerlich ist, sowas in Wien aufzuführen (wieder mal: dürfens denn das??), das geben sie in ihrer Überforderheit mit dem Thema sogar schon selber zu (vgl. Roman Rafreider in der ZIB 24). Aber: es wird berichtet. Und mit jedem Bericht wird die Sensibilität für neue Besetzungen erhöht. Mit jedem Bericht steigt der Kreis jener Menschen, die das ganze nicht nur als Lückenfüller im Sommerloch sondern als eine Entwicklung oder Bewegung wahrnehmen. Und mit jedem und jeder, der dies so wahrnimmt, steigt die Zahl jener, die beim nächsten mal einen Teppich vorbeibringen, oder eine Couch, oder eine Matratze - oder sich selbst. Das weiß auch die Stadt (daher die immer schnelleren Räumungen) und das sollten daher auch die BesetzerInnen wissen.

Squat til you drop

Mit jedem Bericht steigen auch die Kenntnisse der JournalistInnen, die durch die Ereignisse (und das Sommerloch) gezwungen werden, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. Und ja, ich glaube, manchen macht das sogar Spaß ;) Kapitalismuskritik ist ja derzeit ziemlich in Mode, HausbesetzerInnen hätten das Zeug, in gewisser Weise als Trendsetter wahrgenommen zu werden (auch wenn ich vermute, dass es nur wenig gibt, was sie mehr ankotzen würde; aber man muss es ja auch nicht so PR- und werbegestört formulieren, wie ich es gerade tue. Aber man kann es. Und es zeigt, dass die Mechanismen, mit denen uns tagtäglich das neue beste ultrageile Waschmittel verkauft wird im Grunde genau so gut durch subversive Botschaften ersetzt werden könnten. In diesem Sinne muss Squatting also Trendsport werden ;)).

Man muss eben die richtige Mischung aus "streichelweich" und "radikal" finden, dann wird man womöglich sogar noch Liebling der Woche in der Tierecke bei Maggie Entenfellner - und es gibt nichts in diesem Land, wovor die Herrschenden mehr Angst hätten ...

Wenn Hausbesetzen nicht nur Mittel zum Zweck (zB. Wohnen) ist, sondern ein politisches Statement, eine Kampfansage an den Kapitalismus - oder auch einfach "nur" das Vorzeigen einer Alternative zu festgefahrenen Lebensentwürfen, dann brauchen Hausbesetzungen auch öffentliche Aufmerksamkeit. Und wenn mehr als nur "die üblichen Verdächtigen" erreicht werden soll, braucht es mehr, als Indymedia und Blogs wie diesen. In diesem Sinne halte ich es durchaus für berechtigt, sich Gedanken zu machen, ob und wie man in den Medien vor- bzw. ankommt, selbst wenn es noch so verabscheuungswürdige Produkte wie Krone, Heute oder Österreich sind. Und es ist ja nicht so, dass sich niemand darüber Gedanken machen würde. Lobmeyr-Hof und das MA2412-Gebäude waren ja regelrechte "PR-Erfolge", wenn man so will.

Umso wichtiger ist es daher, jetzt nicht nachzulassen, die eigenen Botschaften weiter auszuformulieren (wenn in der Zeitung steht, man würde "Sanierungen bekämpfen", ist irgendwas schief gelaufen ;)) und sich von Polizeigewalt und systematischen Gesetzesverstößen der Repressionsbehörden nicht einschüchtern zu lassen, sondern ganz im Gegenteil, diese zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Das sorgt für Gesprächsstoff und bringt die Verantwortlichen unter Druck. Denn ist eine Information erst einmal (im Internet) veröffentlicht, findet sie immer ihren Weg zu jenen, die sie am dringendsten benötigen - und auch zu jenen, denen sie am unangenehmsten ist.

siehe auch:
- Indymedia, 1. August 2011: 4* Hotel besetzt
- Indymedia, 1. August 2011: [wien] Besetztes Hotel wurde heute geräumt
- Martin Juen, 1. August 2011: Besetztes Haus Kaiserpark Schönbrunn – eine Zusammenfassung | Wien 01.08.2011
- ORF, ZIB 24, 3. August 2011: Hausbesetzung 2.0 (youtube)

Montag, 2. Mai 2011

Demonstration gegen Staat und Justiz - die Exekutive war auch da

Freispruch für alle in allen Anklagepunkten! So endete heute der Prozess gegen die TierrechtsaktivistInnen in Wiener Neustadt. Für den Tag der Urteilsverkündung, den 2. Mai, wurde daher via Flyer seit einigen Tagen unter dem Motto „Nach dem Prozess ist vor dem Prozess!“ zur „Demonstration gegen Staat und Justiz“ aufgerufen. Dadurch sollte zum einen darauf hingewiesen, werden dass dieser medial viel beachtete Prozess nicht der einzige ist und § 278a nach wie vor dazu eingesetzt wird, organisierte Proteste zu kriminalisieren (vgl. Verfahren gegen Akademie-Studierende, denen das filmen einer Abschiebung als „Vorbereitung einer strafbaren Handlung“ angelastet wird), zum anderen sollte gezeigt werden, dass sich durch diese Repression niemand einschüchtern lässt.

Im Flyer-Text heißt es: „Jahrelange Bespitzelungen, Überwachungen, Hausdurchsuchungen, Festnahmen, über 3 Monate Untersuchungshaft und nun nach über einem Jahr der plötzliche Versuch gegen die 13 Tierrechtsaktivist_innen so schnell wie möglich ein Urteil zu sprechen. […] Repression ist auch kein Einzelfall, sondern ein Teil des System[s], ein Versuch 'unliebsame, kritische Stimmen' Mundto[t] zu machen, weg zu sperren und kann jede und jeden treffen!“


"Nach dem Prozess ist vor dem Prozess" - "Wir sind alle 278 a!"

Wie zum Beweis versammelte sich heute gegen 19 Uhr die Polizei gegenüber der Universität Wien, um besagte Demonstration zu unterbinden. Was der Großteil der Versammelten vermutlich nicht wusste (und was eigentlich, zumindest bei einer Demonstration zu einem anderen Anlass, unerheblich sein sollte): am selben Abend wurde – wie heute in Zeitungen zu lesen war – der türkische Staatspräsident Abdullah Gül anlässlich eines dreitägigen Staatsbesuchs von Bundespräsident Heinz Fischer feierlich empfangen. Dementsprechend hoch war die dafür vorgesehene Polizeipräsenz im Bereich um die Hofburg, ein Polizeihelikopter kreiste über die Wiener Innenstadt.

Gegen 19:30 waren etwa 150 bis 200 Protestierende anwesend, als via Megaphon vorgeschlagen wurde, via Landesgericht zum PAZ Hernalser Gürtel zu demonstrieren. Als die Menge über den Gehsteig Richtung Universitätsstraße loszog, rannte sogleich ein Zug PolizistInnen über den Ring um sich an die Demo anzuheften. In der Folge versuchten sie die Menge davon abzuhalten, von den Straßenbahngleisen auf die Universitätsstraße zu wechseln. Doch ab der ersten Kreuzung „sicherten“ Polizeimotorräder und -fahrzeuge die umliegenden Kreuzungen, der Demonstrationszug durfte die gesamte Fahrbahnseite beanspruchen. Vor, neben und hinter der Demo marschierte ein Teil der BeamtInnen her, zahlreiche weitere fuhren in VW-Bussen neben und hinter der Demo.


Nach dem Kessel ist vor dem Kessel
Als der Demonstrationszug auf der rechten Seite vollständig durch den Universitätscampus eingegrenzt wurde, fuhr das Lautsprecherfahrzeug der Polizei vor und spielte das (schlecht verständliche) Band zur Auflösung einer Versammlung ab – man habe sich sofort zu zerstreuen (was zu diesem Zeitpunkt, umringelt von Polizeieinheiten und Campus, nicht möglich war). Laut Indymedia-Protokoll war dies kurz vor 20 Uhr. In den nächsten 5 Minuten wurden die ca. 150 Personen durch den mittleren Eingang in den Campus hineingedrängt. Ein Teil davon zerstreute sich in verschiedene Richtungen, der andere Teil zog geschlossen über den Eckeingang des Campus zurück auf die Universitätsstraße. Um 20:06 hieß es dazu auf Indymedia: „Demo bewegt sich wieder zurück Richtung Landesgerichtsstraße, Aktivist_innen gehen teilweise am Gehsteig und auf der Straße, Polizeiwägen sind mitten drinnen“. PolizistInnen liefen die Alser Straße hinunter und versuchten die Menschen auf den Gehsteig zurückzudrängen, zogen zu diesem Zweck auch an den Transparenten und schubsten die eine oder den anderen. Die Menge wurde nun Richtung Landesgerichtsstraße/Garnisongasse abgedrängt, zerstreute Teile kehrten zur Demo zurück.

Als die Spitze der Demo in die Garnisongasse einbog, schnitten ihnen mehrere VW-Busse über die Garelli- und die Frankgasse den Weg ab. Die Spitze wurde vom Rest der Menge, die aus der Garnisongasse zurückwich, abgetrennt. Es kam zu kleineren Gerangeln und Schubsern durch die Polizei, ein weiterer Zug PolizistInnen wurde als Verstärkung angefordert und zog eine zweite Linie hinter dem Kessel, um die „Amtshandlungen“ abzuschirmen. Etwa 30 bis 40 Personen befanden sich nun innerhalb der Polizeisperre, die von niemandem betreten werden durfte, weitere 60 bis 70 außerhalb, dazu einige aufmerksam gewordene PassantInnen, die sich über den Grund des massiven Vorgehens der Polizei wunderten.

Wenns scho do san, soins a wos hackln!

Und warum eigentlich das Ganze? Als mittlerweile gelernter Wiener und regelmäßiger Demo-Beobachter liegt die Ursache tatsächlich „auf der Hand“, wie einer der Polizisten in einem Gespräch mit außen stehenden Personen andeutete. Zunächst ging es um die Frage, ob eine Demonstration, die nicht mindestens 24 Stunden zuvor angemeldet wurde, „illegal“ sei, oder ob das Verfassungsrecht auf Versammlungsfreiheit nicht überwiege (vgl. auch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30.11.1995: "Auch sogenannte Spontanversammlungen [...] sind als Versammlungen iS des VersammlungsG zu qualifizieren [...] Die Mißachtung der Anzeigepflicht allein rechtfertigt die Auflösung einer Versammlung noch nicht.").

. Laut den anwesenden PolizistInnen steht das außer Frage: „Selbstverständlich“ ist eine unangemeldete Demo illegal und zur Herstellung der „öffentlichen Ordnung“ aufzulösen. Aber dies geschehe nur deswegen nicht jedes Mal, da es nicht immer genügend PolizistInnen gibt, um eine spontane Demo aufzulösen. Da müsse man eben „Kompromisse eingehen“. Dass dies nach Ansicht der außen stehenden Personen dem auf Verfassungsrang stehenden Versammlungsgesetz widerspreche, zumal es auf der Demonstration keinerlei Zwischenfälle gegeben habe oder absehbar wären, wurde von den anwesenden PolizistInnen nur mit einem herzhaften Auflachen kommentiert. „Studiern's erst amol fertig!“, meinte einer der Beamten zu einem JUS-Studenten.

Ein anderer Beamter fragte, ob wir denn nicht gewusst hätten, dass heute Staatsbesuch ist und deswegen auch der Hubschrauber kreise. Auf Nachfrage, was das denn mit dieser Demonstration zu tun haben solle, hieß es, „ihr wisst's ja eh, wie des is“. Bei so hohen Anlässen sei man eben sehr sensibel, und sie selbst, also die Hundertschaft an PolizistInnen vor Ort, seien heute nur für den Staatsbesuch eingesetzt. „Wäre heute also kein Staatsbesuch gewesen, wäre die Demo auch nicht aufgelöst worden?“ - „Najo“ [aufsteigende Betonung auf dem „o“] lautete kopfnickend die Reaktion des Beamten.

Dies würde eine Erfahrung bestätigen, die immer wieder gemacht werden kann, zuletzt im Vorfeld der diesjährigen noWKR-Demonstration in Wien. Neun Tage davor, am 19. Jänner 2011, wurde eine spontane Demonstration gegen die Abschiebung einer Frau, die sich als Opfer von Menschenhändlern der Wiener Polizei gestellt und ausgesagt hat, ebenfalls eingekesselt. Die in einem Großaufgebot präsente Polizei setzte 14 (!) VW-Busse, acht Funkstreifen und einen Gefangenentransportwagen zur glorreichen Einkesselung und Besiegung von etwa 50 Personen ein. Diese wurden daraufhin wegen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung angezeigt, da eine Auflösung der Versammlung damals nicht durchgesagt wurde. Auch damals wurde ein Zusammenhang mit dem Ball des rechtsextremen Wiener Korporationsring vermutet und von einem Beamten bestätigt.

Wiener Kesselhüpfen #3/2011

Das dritte Wiener Kesselhüpfen in diesem Jahr - nach einem intensiven Jänner mit Kesselungen am 19.1. und 28.1. - fand also nach über dreimonatiger Pause wieder relativ überraschend statt. Notwendigkeit gab es auch dieses Mal keine, aber das ist fester Bestandteil der Veranstaltungsreihe und sorgt für den gewissen Überraschungsmoment. Etwas, was an keiner guten Demo fehlen sollte. Im Vergleich zu den anderen beiden Kesseln dieses Jahr ging es dieses Mal schon relativ routiniert zu, man merkt den TeilnehmerInnen auf beiden Seiten die zunehmende Erfahrung an. Auch auf das Abspielen des Tonbands zur Versammlungsauflösung wurde dieses Mal nicht vergessen, ganz im Gegenteil: bis ins kleinste Detail durchorchestriert fuhr das Lautsprech-o-mobil just in jenem Moment an der Demo vor, als diese am mittleren Campus-Eingang umzingelt wurde. An den Lyrics ließe sich aber noch arbeiten, auch das Soundsystem auf dem Dach des Polizeifahrzeuges fiel mit geschätzten 2 Watt deutlich geringer aus als jenes der Demonstrierenden am Anhänger eines Fahrrads.

Dennoch lässt sich bereits ein gewisser Trend ablesen: Großveranstaltungen, Staatsanlässe oder bevorstehende Polizeigroßeinsätze (wie etwa die Massenmobilisierung zum 28.1., wo Teams aus unterschiedlichen Bundesländern zusammenarbeiten und eingerostete Bereitschaftspolizisten aufgewärmt werden mussten) befördern die Wahrscheinlichkeit einer Kesselung, während verfassungs- und strafrechtlichen Grundlagen nur nachrangig Bedeutung zukommt. Eine Nicht-Anmeldung einer Versammlung kommt also laut gegenwärtiger Praxis der Wiener Polizei einem Verbot gleich.

Links

- nochrichten.net: § 278a: Freispruch für Tierrechtsaktivist_innen. Polizeikessel für Antirepressionsdemonstrant_innen.

- Indymedia: Nach dem Prozess ist vor dem Prozess: Bericht und Fotos vom Kessel in der Garnisonsgasse

Fotos:
-Rosa Antifa Wien: Eindrücke aus Wiener Neustadt [und Wien]

Samstag, 29. Januar 2011

No WKR 2011 - Die verbotene Demo

[letztes Update: 3.2.2011 (+Karte + Links)]
#nowkr 2011-Protest Map ;)
Einschub: Der Verlauf der Proteste an beiden Tagen (mit bebildertem Überblick über die verschiedenen Treffpunkte) aus Sicht der VeranstalterInnen wurde mittlerweile auf linksunten.indymedia.at veröffentlicht

Nach der für viele überraschenden Kesselung bei der NoWKR-Demo 2010 (bei der alle rund 500 DemonstrationsteilnehmerInnen angezeigt wurden sowie rund 170 unbeteiligte PassantInnen) setzte die Polizei dieses Mal auf ein totales Demonstrations- und Kundgebungsverbot - mit der absehbaren Folge einer Zersplitterung der Proteste auf die gesamte Innenstadt (besonders auf die Bezirke 6 bis 9, wie sich letztlich gezeigt hat). Abermals dürften rund 500 Personen an den dezentral, via SMS und Twitter koordinierten Proteszügen teilgenommen haben - Brennpunkte waren die Mariahilfer Straße und die Westbahnstraße, beide im siebten Bezirk, wo die Polizei zwei vom Gürtel hereinströmende Protestzüge gegen 19/20 Uhr einkesseln konnte.

Weitere Auseinandersetzungen bzw. Zusammenstöße mit der Poliei gab es im Laufe des Abends (bis etwa 23 Uhr wurden Aktivitäten gemeldet) beim Rathaus, vor dem Burgtheater, Heldentor (zeitweise großes Polizeiaufgebot, dann wieder fast gar keines), Volkstheater, Karlsplatz/TU (Foto), Kettenbrückengasse, Schwedenplatz, Stubentor und PAZ Rossauer Lände [Aufzählung mittlerweile mehr oder weniger vollständig; letztes Update: 30.1.2011] - die von der Polizei unter großem Personal- und Materialaufwand großräumig abgesperrten Bereiche um die Staatsoper, den Universitäts-Campus sowie die gesamte Innenstadt (die schon am Vorabend Schauplatz von Protesten war, siehe voriger Blogeintrag) wurden hingegen von den Demonstrierenden gemieden.

Außerdem gab es verschiedene Aktionen von Kleingruppen: so gelang es etwa, ein Transparent an der Hofburg anzubringen. Ein weiteres Transparent wurde am Gitter des Heldenplatzes angebracht, in Straßenbahnen und Bussen waren "Burschis platzen"-Luftballone zu sehen. Weiters wurde der erste Abend von einigen auch der Verschönerung revisionistischer Denkmale gewidmet.

Treffpunkte für die größten Demonstrationszüge (jeweils etwa 150 bis 200 Personen) waren zunächst die U6-Station Alser Straße, die U6-Station Burggasse sowie die Akademie der Bildenden Künste, wo der erste Protestzug schon um 17:40 Uhr (Quelle: SLP-Ticker) startete (und über die Mariahilfer Straße via Neubaugasse, Lerchenfelderstraße und dann zerstreut zur Alser Straße zog und sich teilweise mit den dort versammelten Personen traf).

Nach rund fünf bis sechs (!) Stunden an mehreren Dutzend Schauplätzen in den westlich der Innenstadt gelegenen Bezirken und Straßenzügen konnte die Polizei die Demonstrationen dann tatsächlich so weit zerstreuen und von einer Neu-Organisation abhalten (Twitter-Meldungen wurden zeitecht mitverfolgt), dass von einem durchschlagenden Erfolg des Polizeikonzeptes, das nach Medienberichten rund 1.200 [ursprünglich waren 900 angekündigt; nach Presse-Bericht am 30.1. korrigiert] BeamtInnen (mit Unterstützung aus den Bundesländern) miteinbezog, gesprochen werden muss. Oder anders gesagt:

"Sie [die Polizei] wollten mit möglichst viel Aufwand wenig erreichen und das ist ihnen gelungen"
(Zitat Wolfang Weber, WienTV.org
)

Ein Polizist meint sogar, "... die Demonstration is besser organisiert wie wir" (beim Eintreffen der Polizei in der Westbahnstraße/Gürtel auf diesem Video (bei 1:54) zu hören).

Radio Orange 94.0 berichtete den ganzen Abend über live von den Protesten. Den gesamten Mitschnitt gibts im Sendungsarchiv zum nachhören (Zusammenfassung).

BerichteViceland Today: WIEN DEMONSTRIERT ODER KESSELHÜPFEN FÜR FORTGESCHRITTENE
derstandard.at: Riesiges Polizei-Aufgebot, 500 Demonstranten, vier Festnahmen
scoop.at:
Wiener Linien, Polizei und der WKR-Ball 2011
fm4.orf.at: Katz und Maus
Die Presse: Wien: Die Demo-Metropole
SLP: NoWKR-Ticker des Demo-Abends der Sozialistischen Linkspartei
zurPolitik.com:
Die Vollkoffer im eigenen Auge
nochrichten.net: Unaufhaltsam, unberechenbar, vielfältig wie noch nie: Proteste gegen WKR-Ball 2011.

be24.at:
#nowkr - Wir sind Ägypten

Fotos
cg-politics: #nowkr2011 - demo(s) gegen ball des wiener korporationsring in der hofburg

Daniel Weber: Demonstration gegen den WKR-Ball 2011
... deutscher Berufsdemonstrant ;)

Videos und Videoberichte:
Wien Heute (ORF / keine Berichte in der Zeit im Bild!):

-> Bericht über Demonstration gegen WKR-Ball
WienTV.org:
-> NOWKR 2011 (ausführlicher Bericht mit Interviews des Polizeisprechers Hahslinger)
-> Daniel Hrncir:
NOWKR 2011 (wie es zum Kessel in der Westbahnstraße kam)
AG Doku:
-> 20110129 NoWKR (Eindrücke, Chronik-artig)
ichmachPolitik.at:
-> Spontane Demo gegen das Demonstrationsverbot zum WKR-Ball (am Vorabend, Innenstadt)
-> Erste Eindrücke der dezentralen Protestzüge, Neubaugasse Wien ... (Fahrrad-Kamera)
-> Nowkr-Demo: Dialog zwischen PassantInnen und 2 Polizisten vor dem Kessel in der Westbahnstrasse

-> Der brutalste Kessel bei der #nowkr Demo vor dem Burgtor ...
-> Einkesselung von ca. 200 Demonstranten in der Westbahnstrasse, ORF-Team wird (auch nicht) durchgelassen ...
diverse:
-> NO WKR Demo Impressionen 28/01/2011 (abgeriegelter Uni-Campus)
-> Superheld zum WKR-Ball ;)
-> OE24.AT // WKR Ball Demonstration 28.01.2011
 
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