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Freitag, 12. April 2013

11.4.2013 - Erneut Eskalation vor PAZ Rossauer Lände bei Demonstration gegen FRONTEX-Abschiebung

[letzte Aktualisierung der Linksammlung am Artikel-Ende: 16.4.] 
Am Donnerstag, 11. April 2013, versammelten sich ab ca. 18 Uhr bis zu 120 Personen vor dem Polizei-Anhaltezentrum (PAZ) Rossauer Lände um gegen eine Sammel-Abschiebung nach Nigeria zu protestieren. Ein Aufruf ("Stoppt die Charter-Massenabschiebung nach Nigeria!") findet sich u.a. auf no-racism.net. Es kursierte die Information, die Abschiebung solle noch im Verlauf dieser Nacht erfolgen, mit einem Abtransport aus dem PAZ sei ab 22 Uhr zu rechnen. Über die Anzahl der Personen, die erst in dieser Nacht aus dem PAZ zum Flughafen überstellt werden sollen, gab es nur sehr unterschiedliche Angaben.

Letztlich wurden jedoch mindestens 3 Gefangenen-Transporter der Polizei bei der Abfahrt aus dem PAZ beobachtet. Es kam zu Blockadeversuchen und in der Folge zu aggressiven Räumungs- und Vertreibungsversuchen durch die Polizei, bestehend aus behelmten Unterstützungseinheiten (EE) sowie etwa einem dutzend WEGA-Beamt(innen?) - insgesamt wohl 70-80 sowie ein halbes Dutzend Zivil- und LVT-Beamte.

Über den Verlauf der Demonstration und des aggressiven Polizeieinsatzes wurde auf Twitter insbes. von @stopdep und @nochrichten live berichtet. Erst vor wenigen Monaten, am 5. Dezember 2012, kam es bei einer Demonstration gegen eine am selben Abend geplante Abschiebungen zu ähnlichen Vorfällen, bei denen die Polizei mehrere Personen mit Knüppelhieben und Pfefferspray verletzte. Damals berichteten die Massenmedien kein Wort, trotz zweier Presseaussendungen (Sozialistische Jugend und Refugee Camp Vienna), die diese Polizeiübergriffe gegen die Demonstration schilderten.

Zur Chronologie:
 
18:43, ggü PAZ Rossauer Lände

18:30 Ca. 80 Personen sind, teils mit Transparenten und Megaphon, auf dem Grünstreifen zwischen Berggasse und Türkenstraße zur Kundgebung versammelt. Das PAZ ist zur Rossauer Lände hin komplett mit Tretgittern, die nur an den Gehsteigenden noch etwas geöffnet waren, abgeriegelt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, hinter der Werbeplakatwand bzw. auf der Fläche daneben (mit Blick auf die Straße) war ein halbes Dutzend Zivil-Polizisten und Verfassungsschutz-Beamte postiert, die Notizen und Fotos machten und laufend über die Lage berieten und telefonierten. Um 19:51 Uhr traf schließlich auch LVT Wien-Chef Erich Zwettler persönlich vor Ort ein und unterhielt sich mit dem uniformierten Einsatzleiter.

19:00 Mittlerweile sind 110-120 DemonstrantInnen vor Ort. Bis ca. 21:00 bleibt die Lage äußerst ruhig, die Menge schrumpft leicht auf etwa 100 Personen.

19:16
19:45










 
ca. 21:25 Ein Gefangenentransporter kommt aus dem PAZ und fährt auf der Rossauer Lände Richtung Kundgebungsort - einige Leute laufen spontan auf die Straße, der Transporter biegt in hohem Tempo um die Kurve vor der Kundgebungsmenge in die Berggasse ab - und mehrere Straßen später Richtung Ring ein. Einige Personen strömen Richtung Ring, andere sind in die Berggasse gelaufen. Die meisten versammeln sich jedoch in großer Aufregung auf der Kreuzung Rossauer Lände / Türkenstraße und blockieren diese.

21:27 Nach kurzer Verwirrung riegeln PolizistInnen die Rossauer Lände ab, siehe Foto von @stopdep.

21:32
ca. 21:30 Die Polizei stürmt zum ersten Mal in die Menge und versucht diese - teils hängen sich die Leute zu Menschenketten ein - von der Straße zu drängen. Viele Personen versuchen stehen zu bleiben, woraufhin die Polizei zusehends aggressiver, lauter und gewalttätiger wird. Widerspenstige Menschenketten werden mit blitzartigen, sich wiederholenden, Knüppelstößen in den Hüftbereicht drangsaliert, wiederholt werden Personen beidhändig und mit voller Wucht gestoßen, wodurch es teilweise zu Stürzen kommt. Mehrere Personen mit Handy- und Digitalkameras, die diese Szenen Filmen, werden von einzelnen der behelmten Polizisten verfolgt, geschubst, gepackt und geschlagen. Dies zog wiederum immer mehr solidarische Menschen an, die diesen Polizisten folgte, sie verbal von ihren Übergriffen abzuhalten versuchte und dadurch zum Teil selbst wieder Ziel von weiteren aggressiven Polizisten wurden. So gab es in diesen etwa 5-10
21:35
Minuten gleich mehrere Hetzjagd-artigen Szenen, teilweise schien es, die Gruppenkommandanten hätten ihre Gruppen nicht unter Kontrolle. Ein besonders hartnäckiger Polizist, der sich in einen filmenden Aktivisten regelrecht verbiss, ihn verfolgte und attackierte, musste nach mehreren Minuten schließlich mit Körperkraft von einem seiner Kollegen 20-30 Meter zurück zum Rest der Truppe gebracht werden.

Dieses Video zeigt zunächst die Stürmung um ca. 21:30 und im Anschluss den weiteren Verlauf bis zur Kesselung am Ende:


21:40 Die Polizei hat die Menschenmenge auf mehrere Gehsteige der Rossauer Lände und Türkenstraße abgedrängt und ist in Reihen entlang der Gehsteige sowie am Mittelstreifen der Rossauer Lände aufgestellt (etwa 70-80 BeamtInnen, nach wie vor). Die Lage ist nun wieder ruhig, aber äußerst angespannt und durch das brutale Vorgehen der Polizei aufgeheizt. Auf Twitter wird berichtet: Betroffene schildert: Polizist fasst Demonstrantin bei Demo-Auflösung vor PAZ Rossauer Lände gewaltvoll an die Brüste um sie wegzuzerren!!.

21:46
21:43 Die Polizei verkündet nun per Megaphon Richtung Grünstreifen Berggasse-Türkenstraße, dass die Versammlung für aufgelöst erklärt wird. LVT-Chef Zwettler ist ebenfalls dort anwesend. 10 Minuten später erfolgt an der gleichen Stelle die zweite Durchsage. Die Polizei blockiert die Rossauer Lände zeitweise alleine.

22:00 Es gibt ansatzweise den Versuch, das PAZ Rossauer Lände zu umstellen, um alle Ausgänge im Blick zu haben. Es sind jedoch zu wenig Leute vor Ort und als kurz nach 22 Uhr eine Horde Polizisten beim hinaufstürmen der Rossauer Lände beobachtet werden kehren alle zum Kundgebungsort zurück.

Video auf ichmachpolitik.at zeigt ab Min. 0:40 wie Polizei brüllend auf Menge zustürmt und DemonstrantInnen gerempelt und weggezerrt werden.

ca. 22:10 Mehrere Reihen behelmter PolizistInnen stürmt die Rossauer Lände hinauf um die Straße für zwei Gefangenentransporter (die von mehreren Polizeifahrzeugen eskortiert werden) frei zu machen. Es kommt erneut zu tumultartigen Szenen, zahlreiche Personen versuchen vor die Transporter zu gelangen. Polizisten wenden nun auch Schlagstöcke und andere Formen der "unmittelbaren Zwangsgewalt" an um Personen von der Straße zu entfernen.
22:21, Kessel Türkenstr./R. Lände
22:15 Die Polizei versucht ihre Gruppen rund um die Kreuzung zu formieren und einen Kessel zuzuziehen. Da manche Gruppen trödelten gelang das nur zum Teil. Die meisten DemonstrantInnen rochen die Lunte rechtzeizig und brachten sich auf den umliegenden Gehsteigen (vorerst, später wurden Gruppen auch von den Gehsteigen abgedrängt) in Sicherheit. Etwa 30 Personen, die auf dem Gehsteig bzw. auf dem Grünstreifen Türkenstraße/Berggasse waren (wo vorhin per Megafon die Kundgebung aufgelöst wurde), wurden nun gekesselt. Rechtlich gesehen fast schon korrekt, wenn da nicht noch eine ganze Reihe von Personen, teils einige Minuten nach Beginn des Kessels, von Polizisten gepackt und zum Kessel gezerrt wurden. Mal ganz abgesehen davon, dass eine Auflösung einer Demonstration mit dem bloßen Argument eines flüssigen Verkehrs auf der Rossauer Lände verfassungsrechtlich - hier ist das Versammlungsrecht verankert - als äußerst zweifelhaft betrachtet werden muss.

Bis ca. 22:45 Uhr werden die gekesselten Personen im 1-2-Minutentakt einzeln zur Personalienaufnahme abgeführt. Dabei kommt es erneut zu einiger Aufregung, als eine Person von PolizistInnen hinter die Baustellenabsperrung gebracht wird und BeobachterInnen befürchten, es könnte zu Übergriffen kommen. Daraufhin werden auch die BeobachterInnen von einem Trupp PolizistInnen von der Ebene hinter den Plakatwänden verscheucht. In Befürchtung eines Kessels liefen die meisten Personen davon, ohne dass die Polizei direkt einschreiten musste.

Gegen 23 Uhr kann die Versammlung als aufgelöst betrachtet werden. Es gab dutzende Identitäts-Feststellungen und angeblich auch Verhaftungen (unbestätigt). Wie viele Personen in dieser Nacht tatsächlich abgeschoben wurden bzw. unmittelbar zuvor vom PAZ Rossauer Lände überstellt wurden, ist zur Zeit ebenso nicht klar.

Linksammlung: Videos und Berichte

Videos:
* welyman94 / Youtube: "Wiener Polizei geht gewaltsam gegen DemonstrantInnen vor." (12.04.) (Video vom Benutzer entfernt; Im Video war klar zu sehen, wie Polizisten sich auf einzelne DemonstrantInnen stürzen, an diesen zerren und versuchen diese hinter die eigenen Reihen zu bringen)
* Peter Romano Horn / ichmachpolitik.at: "11. April 2013 Rossauer Lände, Wien." (12.4.)
* RhabarberTV / Youtube: "Kundgebung gegen Massenabschiebung" (12.04.)

Berichte:
* Sozialistische Linkspartei (SLP): "Menschlichkeit im Kapitalismus? Massendeportation mit Polizeigewalt durchgeprügelt" (Bericht einer Aktivistin, 12.4.)
* Bernhard Jenny: gewaltbereit? die polizei. (12.4.)
* pizza.noblogs.org: repression überall (12.4.)
* Indymedia: Erich Zwettler - Leiter des Verfassungsschutz Wien (13.4.) 
* nochrichten.net: Protest gegen neuerliche Frontex-Sammelabschiebung nach Nigeria in Wien bzw. Radio Orange / cba.fro.at: Protest gegen Frontex-Sammelabschiebung nach Nigeria in Wien (13.4.) 

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Wien: Heftige Konfrontationen vor PAZ Rossauer Lände mit Polizei bei Versuch Abschiebungen zu verhindern (5.12.2012)

 [ Text: FMO, 6.12.2012 / alle Fotos (c) Daniel Hrncir ]

Am Abend des 5. Dezember 2012 versammelten sich gegen 19 Uhr zunächst etwa 30 Personen vor dem PAZ Rossauer Lände (Polizeianhaltezentrum, Schub-Gefängnis), um eine geplante Abschiebung nach Nigeria zu verhindern. Vermutlich wegen der vorangehenden Bildungsdemo waren bereits viele Polizei-Einheiten "bereit", und so füllte sich die Umgebung des PAZ Rossauer Lände rasch mit 10, 20 und schließlich 30 (!) VW-Bussen der Wiener Polizei. Etwa 200 PolizistInnen - also ca. 3 pro DemonstrantIn - "kümmerten" sich in der Folge um eine möglichst verzögerungsfreie Abschiebung. Lieber zigtausende Euro für das Durchboxen einer jeden Abschiebung mit Polizeigroßeinsätzen und Charterflügen investieren als den Leuten Asyl und eine Arbeitsbewilligung zur Selbsterhaltung zu geben. Eine interessante Umsetzung des "Leistungs"-Gedanken der österreichischen Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik! Sadismus muss einem schon was wert sein!

Polizei im Gewaltrausch

Auch die Zahl der Protestierenden wuchs auf etwa 70 Personen an, bis der erste Gefangenen-Transport Richtung Flughafen aus der Garagen-Ausfahrt fahren wollte. Die Menge versuchte am Gehsteig, die Ausfahrt zu blockieren, und als dies nicht gelang, versuchte man, die Transporter auf der Straße zu blockieren. Die Polizei ging dabei immer ruppiger vor.

Wie sich die Ereignisse im Detail zuspitzten, kann ich zur Zeit nicht genau rekonstruieren*, aber Fakt ist - das zeigen zum Teil Fotos und Videos, vor allem aber verschiedene Augenzeugenberichte bzw. Berichte von Beteiligten - dass die Polizei mit ungewohnter Gewalt gegen die unbewaffneten Protestierenden vorging. Es wurden Personen gewürgt bzw. im Würgegriff über die Straße gezerrt, von Blutergüssen, Schürf- und Kratzwunden erzählen andere. Laut einer Presseaussendung der SJ wurden auch Pfefferspray und Schlagstöcke gegen zum Teil noch SchülerInnen eingesetzt! Auch das Refugee Camp Vienna berichtet in einer Aussendung von Polizeigewalt.

Die Kommentare der PolizistInnen vervollständigen das Gesamtbild eines menschenverachtenden, zynischen Abschiebe-Apparats, der keine Skrupel hat, Menschen direkt ins Gefängnis des Herkunftslandes abzuschieben oder ihr Leben anderweitig aufs Spiel zu setzen, der lebensgefährlichen und oft traumatischen Flucht nach Europa Hohn spottend: "auf die frage "was soll das? warum so brutal?", die antwort: "weil ihr es verdient habt" ... auf die frage nach der dienstnummer, die antwort: "0664" (3mal!) und ein blödes grinsen", schildert eine Anwesende auf Facebook.

Wenn die Medien wegschauen


"Herkömmliche" Medien waren wieder mal keine vor Ort. Wenns die APA nicht weiß, macht sich auch sonst kein/e Journalist/in die Mühe, zu einer Spontandemo (über die Stunden im Voraus auch auf Facebook und Twitter durchaus öffentlich mobilisiert wurde) aufzubrechen. Klar, es gibt kaum noch "Reporter/innen" im klassischen Sinn - die auf der Straße Ereignisse beobachten, dokumentieren und zusammenfassend berichten. Das liegt an der Sparpolitik zwecks Gewinn-Maximierung bei Mediaprint, Raiffeisen- und anderen Konzern-Zeitungen (und leider nicht nur bei diesen), aber irgendwo müssen sich auch die JournalistInnen selber an die Nase greifen, denn das kann ja nicht sein, dass im Jahr 2012 PolizistInnen "unbeobachtet" SchülerInnen verprügeln - und niemand nimmt davon Notiz, auch wenn es noch so viele ZeugInnen gibt, denn wo kein "offizieller" Journalist, da keine glaubhafte Meldung (so offenbar das Credo) - meistens bleibt die Kronen Zeitung übrig, die ja ihre Informationen häufig direkt von der Polizei "zugesteckt" bekommt - bloß dann halt so, wie die Polizei gerne berichtet zu haben wünscht - die Krone liefert. Ein Armutszeugnis für den sich gern selbst beweihräuchernden "Watchdog der Demokratie".

Umso stärker empfehle ich daher jene JournalistInnen und Medien, die zwar nicht bei einem Medienkonzern arbeiten, dafür aber unabhängig agieren und keine Mühen scheuen, auch bei Schneeregen zu später Abendstunde und bei riskieren der eigenen Unversehrtheit jene Vorgänge zu dokumentieren, bei denen das offizielle Österreich, inklusive seine (Massen-)Medien, offenbar nur allzugerne wegschaut:




* eine ausführlichere Zusammenfassung der Ereignisse von jenem Journalisten, der von Anfang an dabei war und oben stehendes Video aufgenommen hat, findet man seit 6.12. hier: Richtigstellung von: Anti-Abschiebungs-Demo auf Rossauer Lände: Angeblich Polizeigewalt







Weitere Foto-/Video-/Textberichte:

- Daniel Hrncir: Abschiebung nach Nigeria (flickr)
- Daniel Weber: #NOBORDER Demo gegen eine Abschiebeaktion vor dem PAZ in #WIEN #stopdep (Fotos)
- neuwal.com / Daniel Weber: #NOBORDER Demonstration gegen eine Abschiebeaktion in #Wien (Artikel)
- vienna.at / Daniela Herger: Anti-Abschiebungs-Demo auf Rossauer Lände: Angeblich Polizeigewalt (Artikel)
- akin: PAZ Wien: Wieder Abschiebung durchgeprügelt

 

Mittwoch, 8. Juni 2011

Linksammlung (Medienspiegel) noWEF-Proteste in Wien - 7.-9. Juni 2011

Von 7. bis 9. Juni tagt in der Wiener Hofburg das World Economic Forum (WEF), Regionalforum Zentralasien und Kaukasus. Das WEF ist ein privates Treffen von Wirtschaftsbossen und PolitikerInnen. "Die Aufgabe ist beim WEF, den Eindruck zu erwecken man würde sich mit den wirklichen Problemen beschäftigen, ohne dass man sich tatsächlich mit diesen Problemen beschäftigen möchte." meint der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister dazu am Vorabend des Gipfels in der ORF-Nachrichtensendung Wien Heute. Das Areal in und um die Hofburg wurde zur polizeilichen Sperrzone erklärt und zeitlich gestaffelt abgeriegelt.

Krawallmedien ohne Krawalldemo

Die Auftaktdemo am Dienstag, 7. Juni, wurde von etwa 300 bis 500 Personen besucht (Polizei: 400, OrganisatorInnen: 600). Dem gegenüber stand ein Polizeiaufgebot von - laut Medienberichten im Vorfeld - bis zu 4.500 BeamtInnen. Die Demo verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. Da in sämtlichen, meist gratis und umsonst erhältlichen, Krawallzeitungen Krawalle "befürchtet" wurden (obwohl die Polizei zuletzt von "keinem akuten Gefährungspotential" ausging) war die Medienaufmerksamkeit im Vorfeld groß: Dementsprechend viele Berichte finden sich heute in den Zeitungen, denen nichts anderes übrig blieb, als eine "friedliche Demo" festzustellen und die linken VeranstalterInnen zu Wort kommen zu lassen, die im massiven Polizeiaufgebot, das die Proteste möglichst weit von der Hofburg fernhalten sollte (was problemlos gelang), eine "demokratiepolitische Katastrophe" sahen. Allerdings sprechen die meisten Zeitungen (die offenbar lediglich eine APA-Meldung verwenden, vgl. z.B. krone.at, nachrichten.at) jetzt nur noch von "mehreren dutzend Polizisten", die nichtsdestotrotz als "Großaufgebot" bezeichnet werden.

Einzig derstandard.at übte (unter den Zeitungen) unabhängige Berichterstattung aus und nennt realistische Zahlen. Der konservative Gegenpart, Die Presse, berichtete lediglich in Form einer sarkastischen Foto-Galerie über die Demo, trifft aber auch ein paar wunde Punkte (z.B. "rotes Fahnenmeer", Markenartikel der DemonstrantInnen). Peinlich jedoch: eine Frau mit "Club Mate"-Flasche (eine Art Tee-Limonade) in der Hand wird von der offenbar etwas vorurteilsbelasteten diepresse.com-Redaktion "Mut antrinken" zugeschrieben [Anmerkung: diese Formulierung wurde kurz darauf zu "sich stärken" geändert]. Mit einem sarkastischen Bericht über den "Terror der Globalisierungskritiker" nimmt die Kleine Zeitung zum WEF-Gipfel Stellung. Bemerkenswert hingegen die kritische Berichterstattung der "Wien Heute"-Redaktion des ORF (drei aufeinanderfolgende Berichte). Eine gute und kommentierte Zusammenfassung der Demonstrationen am ersten Tag gibt es auf nochrichten.net: WEF-Auftakt in Wien: Polizei-Großaufgebot voll ins Leere laufen gelassen. Angemerkt sei lediglich, dass die anschließende, via Mundpropaganda propagierte "DIY-Vernetzungsparty" (so die Bezeichnung laut Ankündigung auf Indymedia), die am Campus hätte stattfinden sollen, nicht abgesagt wurde, sondern in die I:DA verlegt wurde.

WienTV-Bericht über Krawallgerüchte der Polizei zur (erfolgreichen?) Abschreckung von DemonstrantInnen und Film-Dokumentation der TeilnehmerInnen



Linke Kritik an linker Präsenz

Die Demo wurde in ihrer Sichtbarkeit sehr stark durch die KPÖ und andere kommunistische Gruppen geprägt, was unter anti-autoritären und kritischen Linken vielfach kritisiert wurde, letztlich jedoch nicht der KPÖ und den kommunistischen Gruppen (etwa die Maoisten, die mit Parolen wie "Alle Macht im Staat dem Proletariat" oder "Hammer, Sichel und Gewehr ..." auffielen) vorzuwerfen ist (immerhin: sie haben etwas organisiert, mobilisiert und in großer Zahl öffentlich gut wahrnehmbar gegen den Kapitalismus demonstriert, was ja an sich ein gemeinsamer linker Nenner ist), sondern jenen vielfältigen anderen Linken, die es in Wien durchaus gibt, aber der Demo und den dazugehörigen Vorbereitungstreffen aus welchen Gründen auch immer fernblieben. Einer entsprechenden Kritik auf Indymedia (NO-WEF Demo - kurzer Bericht vom (vorderen Bereich) der Demo oder VIENNA, WE`VE A ACTIVIST PROBLEM!) gäbe es wenig hinzuzufügen. Positiv hervorzuheben ist jedoch die Friedlichkeit, in der die Demo abgelaufen ist, was in Kombination mit der geringen TeilnehmerInnenzahl immerhin für heftige Kritik an der Politik seitens des Krawallblattes "Österreich" ("4.500 Polizistenfür Scherz-Gipfel" und "10 'Bullen' für 1 Demonstrant") sorgte, das seine Enttäuschung über ausgebliebene Krawalle nun (logischerweise?) Richtung "Steuergeldverschwendung" durch die Politik umleitete - der Einsatz von 4.500 BeamtInnen an drei Tagen soll, so die Behauptung des Blattes, in etwa 10 Millionen Euro kosten.

Folgende Linksammlung widmet sich den Protesten gegen das WEF und wird laufend erweitert, erhebt aber zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf Vollständigkeit:

Berichte (zur Demo & Auswahl kritischer Nachberichte und Kommentare)
- Indymedia: Live-Ticker der Demonstrationen und Kundgebungen zur Nachlese
- derstandard.at: Linker Protestmarsch gegen WEF-Gipfel
- Kleine Zeitung: Wider den "Terror der Globalisierungskritik"
- Indymedia: NoWEF: Kurzbericht Auftaktkundgeung Yppenplatz
- Indymedia: NO-WEF Demo - kurzer Bericht vom (vorderen Bereich) der Demo oder VIENNA, WE`VE A ACTIVIST PROBLEM!
- Wirtschaftsblatt: Nur ja unter sich bleiben (Kommentar, Forderung nach mehr Transparenz und Offenheit - "nicht nur auf Facebook und Twitter" - statt Sperrzonen)
- Kurier: WEF-Gipfel: Sperren in Wiens Innenstadt (kommentierte Fotogalerie; "Ein Polizei-Aufgebot wartete auf gewaltbereite Demonstranten - doch die scheinen gar nicht nach Wien gekommen zu sein.")
-

(einzige) OTS-Aussendungen (zur Demo):
- FPÖ Wien: FP-Gudenus: WEF-Gipfel zeigt Personalknappheit bei der Polizei schonungslos auf

Videos
und TV
- Vorabbericht zum Weltwirtschaftsforum und seinen GegnerInnen am 6.6. in Wien Heute (ORF) mit Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister: Was bringt das World Economic Forum (3:02) (alternativ-Link)
- ORF, Wien Heute 7.6.: Gipfel beginnt - Demos dagegen auch (2:02) + Schlusskundgebung am Westbahnhof (1:20) + Leben in der Sperrzone (2:09)
- ORF, ZIB 7.6.: demonstration bei wef gipfel (0:23)
- WienTV.org: NO WEF Demo in Wien
- AUGEIUG: Polizeidemo gegen den WEF legt halb Wien lahm
- WienTV.org: Fahrrad Fahrrzeugkontrolle (Realsatire in der Tradition von "Kottan ermittelt")
- Lisa Köppl: Neonazis provozieren WEF Demo in Wien
-
kaputtzige: NOWEF-Demo, Wien, 7. Juni 2011 (Personalienaufnahme einer Person wegen angeblichem Verstoß gegen das Vermummungsverbot)
- Mediawhistle: WEF-Demo 2011
- derstandardattube: Nowef-demo
- derstandardattube: Demo-Teilnehmer
- derstandardattube: Abschluss nowef-Demo
- Press TV: Protests Mount As World Economic Forum Opens (english)
- [Anwohner]: Kpö Demonstration WEF Wien 2011 (Kurzvideo aus der Vogelperspektive)

offizielle WEF-Videos und Imagefilme auf Youtube (Auswahl):
- World Economic Forum: Europe and Central Asia 2011 - Spotlight on Russia (eine Stunde langer Beitrag von der Podiumsdiskussion über Situation und Perspektive der russischen Wirtschaft; das "gleiche" gibts auch über Zentralasiens Wirtschaft, "from Lisbon to Vladivostok")
- World Economic Forum: East Asia 2011 - Stuart Gulliver (HSBC) (HSBC-"Group Chief Exekutive Officer" [sic!] Statement [Imagefilm])
- World Economic Forum: Indonesia Competitiveness Report - Thierry Geiger (Statement von Thierry Geiger vom WEF [Imagefilm])
- and se besst: Michael Spindelegger presented by World Economic Forum (weitere Videos und Statements im WEF-Channel auf Youtube)

(einziges) Mobilisierungsvideo des RJKV (184 Aufrufe zum Zeitpunkt des Eintrags hier), verlinkt auf der RKJV-Homepage: WEF-Gipfel angreifen! (vgl. auch "offizieller" Mobilisierungs-Blog mit dem selben Aufruf [einziger Eintrag vom 27. Mai])

Fotos
- Indymedia: NoWef: Photos der Demo
- Philipp Breu: Demonstration gegen das Gipfeltreffen des World Economic Forum (WEF) in Wien / 7.6.2011
- Daniel Weber: #NOWEF : Demonstration gegen das WEF in Wien
- Matthias Cremer, derstandard.at: Demo für eine bessere Weltwirtschaft
- Martin Juen: Ein bißchen Revolution - Demonstration gegen den WEF | Wien 07.06.2011
- Riotphotography.com: 07/2011 #NOWEF demonstration

eigene Videos:




Montag, 9. Mai 2011

8. Mai 2011 - Wien Nazifrei - Polizeiübergriffe am Schottentor

[zuletzt upgedatet: 11. Mai 2011; + Nachberichterstattung vom 26.7.2011 verlinkt]
Rund 1.700 Personen (Zählung nochrichten.net; laut Polizei 700) versammelten sich zur antifaschistischen Demo, die am Ring von der Universität Wien bis auf den Heldenplatz (durch ein einziges, das ganz rechte, geöffnete Burgtor) zog. Die Demonstration konnte nicht, wie geplant, unter großem Abstand von der Kranzniederlegung und den Heldenreden der Burschenschafter fern gehalten werden, sodass diese permanent von lautstarken Sprechchören und Pfeifkonzert gestört wurden. Im rechten Milieu wird davon gesprochen, dass es einen "Wink" der SPÖ an die Polizei gegeben habe, sodass diese die Demo näher "herangelassen" habe als ursprünglich "vereinbart".

Tumult am Heldenplatz - Polizei gibt nach

Gerüchteweise hätte von Teilen der Demo eine Sitzblockade (am Ring?) bzw. Blockade der Schließung des Burgtores initiiert werden sollen. Dergleichen geschah zwar nicht, jedoch zog ein Teil der DemonstrantInnen vor Einmarsch der Burschenschafter am Heldenplatz in jene von der Polizei aus Tretgittern eingerichtete Ecke direkt vor dem Burgtor, sodass diese möglicherweise am Schließen bzw. Freimachen des Eingangsbereichs hinter dem Burgtor gehindert wurden. Eine mehrreihige Kette aus Polizisten der Einsatzeinheit versuchte zwar die Menge aus der Ecke abzudrängen, beendete dieses Unterfangen jedoch nach ein, zwei Metern Raumgewinn binnen weniger Minuten wieder - ob wegen des ausgebrochenen Tumults und Ansätzen von Massenpanik im dichten Gedränge zur Ecke hin (was aufgrund der zahlreich vertretenen Medien im schlimmsten Fall - auch international - ein sehr schlechtes Licht auf die Exekutive bzw. den Umgang der Republik Österreich mit einem derart symbolträchtigen Datum geworfen hätte) oder weil gar kein größerer "Raumgewinn" von der Polizei angestrebt wurde kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden. Es flogen vereinzelt Gegenstände Richtung Burschenschafter-Versammlung (erreichten diese aber, bis auf ein paar Ausnahmen vielleicht, nicht), insgesamt wurden vielleicht drei oder vier laute Knallkörper in den "Sicherheitsbereich" zwischen den beiden Versammlungen geworfen. Ansonsten machte die antifaschistische Demo nur mit durchgehenden Sprechchören auf sich aufmerksam, teilweise so laut und deutlich, dass sie auch auf dem derstandardat-Video von den Reden am "Heldengedenken" verständlich wahrnehmbar waren.

Ring-Ausgänge geschlossen

Gegen Ende des "Heldengedenkens" machten sich erste Teilnehmer der antifaschistischen Demonstration Richtung Ausgänge auf, von denen jedoch alle bis auf jenen Richtung Michaelerplatz geschlossen waren. Zahlreiche Personen, die bei der Nationalbibliothek den Heldenplatz zum Ring hin verlassen wollten (etwa, um mit Straßen- oder U-Bahn nach Hause zu fahren) wurden zum Michaelerplatz verwiesen, lautstarke Diskussionen und gegenseitiges (!) Beschimpfen waren die Folge. Nach wenigen Minuten forderte die etwa 10 Personen starke "Gitterwache" (davon zwei Beamtinnen "eingesperrt" um die Gitteröffnung von innen zu sichern) Verstärkung an, woraufhin erstmals TeilnehmerInnen der Demonstration eingeschüchtert wurden, als die ca. 10 Mann/Frau starke Verstärkung das Gitter öffnete und auf dahinter versammelte Teilnehmer los rannte / diese verscheuchte. Denn wer stehen bleibt, riskiert umgeschubst zu werden, was schließlich nicht nur Verletzungen sondern auch noch eine teure Anzeige zur Folge haben könnte (= "Widerstand gegen die Staatsgewalt"). Ein derart doppelt ungerechtes Vorgehen soll auch jene, die am vehementesten auf ihre Bürger- und Menschenrechte pochen (Versammlungs- und Bewegungsfreiheit, Recht auf Meinungsäußerung aber auch Dokumentation mit Kamera und Video, also Medienfreiheit), dauerhaft abschrecken.

Eskalation am Schottentor

In der Folge versuchten viele, rasch den Ausgang Michaelerplatz zu erreichen um den auf einer parallel zwischen Ring und Herrengasse verlaufenden Rückmarsch der Burschenschafter an den Absperrungen der Seitenstraßen durch Parolen und Pfiffe zu stören. Nach 10 bis 15 Minuten folgten bereits ein paar Dutzend den Burschenschaftern bis zur Schottengasse/Ecke Mölker Bastei. Einige weitere liefen am Ring um die Ecke um die mit Fackeln auf der Anhöhe der Mölker Bastei versammelten Burschenschafter von dort aus zu beschreien. Wenige Minuten später waren somit etwa 150 DemonstrantInnen am Ring versammelt, weitere 100 bis 200, vielleicht auch mehr, in der Schottengasse/Mölker Bastei. Zahlreiche Burschenschafter besuchten daraufhin das an der Schottengasse liegende Restaurant Leupold, etwa 150 bis 200 demonstrierten in Sprechchören davor.

Die Hundertschaften der Polizei wirkten in dieser Zeit etwas verwirrt, fuhren immer wieder in Schleifen über den Ring, Schottentor, Schottengasse, Herrengasse, ohne irgendein erkennbares Ziel - außer vielleicht Verwirrung - damit zu verfolgen. Die lautstarken, aber friedlichen Kundgebungen rund um die Mölker Bastei gaben keinen Grund zum Einschreiten, abgesehen davon, dass diese "Nachdemos" natürlich nicht angemeldet waren, was nach vorherrschender Meinung unter den Beamt/innen der Wiener Polizei illegal und - je nachdem wie viele DemonstrantInnen ihnen gegenüber stehen - möglichst umgehend geräumt werden müsste.

Dieser Zeitpunkt, an dem die Polizei numerische Überlegenheit erreichte, dürfte gegen 22 Uhr erreicht worden sein, als nur noch etwa 100 bis 150 rund um die Mölker Bastei verteilt versammelt werden und die Sprechchöre leiser und seltener wurden. Zu den bereits dutzenden Mannschafts-Kleinbussen der Polizei gesellte sich ein weiteres Dutzend dazu, die Auflösung der Versammlung wurde durchgesagt, woraufhin sich der Großteil der Leute rasch Richtung Schottentor zurückzog, im Bewusstsein des massiven Polizeiaufgebotes, das rasch Position einnahm. Rasch war die gesamte Schottengasse zum Ring hin von einer Polizeikette abgesperrt, ein paar Dutzend Personen standen am Gehsteig/Haltestellenbereich auf der rechten Ring-Fahrbahnseite, direkt vor der Polizeikette.

Polizeiübergriffe ab 22:15 Uhr

Zwischen 22 und 22:15 Uhr (laut Indymedia-Liveticker um 22:14 Uhr) begann die Polizei auch gegen die restlichen verbliebenen Leute, die außerhalb der Polizeiabsperrung im Haltestellen- und Gehsteigbereich am Schottentor dem Treiben der Polizei (die in der Schottengasse mehrere Personen, die möglicherweise zu langsam weggingen, eingeschlossen hatte) zusahen, offensiv vorzugehen.

Eingeschlossen zwischen Polizeikette und Ring-Fahrbahn (der Verkehr floss bereits wieder) konnten diese Personen nicht ausweichen, als eine Gruppe Polizisten die Leute wegzuschubsen begann, und jene, die wegliefen, mit schnellem Schritt verfolgten. Wer dabei zu Sturz kam wurde fixiert und mit Handschellen abgeführt. Mehrere FahrradfahrerInnen wurden bei dieser plötzlichen und unangekündigten Aktion der Polizei äußerst unsanft vom bzw. über das Fahrrad gestoßen und ebenfalls (vorübergehend) festgenommen. Es gab weder zuvor noch nach diesem Einsatz der Polizei irgendeine Gewaltanwendung seitens der DemonstrantInnen, die sich ja zuvor widerstandslos bis zum Schottentor/Lueger-Ring zurückdrängen ließen.

Im Anschluss wurde auch die Hundestaffel beigezogen, die kurz darauf auf die andere Straßenseite des Rings stürmte, um jene Leute zu vertreiben, die sich dorthin zurückgezogen hatten und gegen das gewaltsame Vorgehen der Polizei skandierten. Dabei befanden sich auch mehrere Gruppen von Touristen und Passanten an der Haltestelle, die nicht wussten, wie ihnen geschah. Es folgten weitere Aktionen dieser Art, um die immer wieder an der Haltestelle versammelten letzten Reste der (ehemaligen) KundgebungsteilnehmerInnen zu verscheuchen. Bei einer dieser "über-den-Ring-Stürmen"-Aktionen wurden einige Personen festgehalten und ihre Personalien aufgenommen. Möglicherweise werden auch diese angezeigt? Fragt sich nur, nach welchem Paragraf?

Ein WienTV-Bericht (siehe Link-Sammlung unten) zeigt die Szenen vor der Eskalation und lässt danach Zeugen zu Wort kommen. Die Eskalation selbst wurde aufgrund der Annahme, die Kundgebung klinge nun langsam ab, verpasst. Ein Amateurvideo zeigt jedoch das aggressive Vorgehen der Polizei und die Verhaftungen unschuldiger DemonstrantInnen: ein Typ mit Fahrrad wird von Polizisten gepackt und weggezerrt, das Bild ist rucklig, Leute laufen hin- und her, aber man sieht doch, wie der Typ plötzlich mit dem Rücken am Boden liegt und Polizisten hinlaufen (sie hatten ihn vorher schon zu viert oder fünft am Körper gepackt, plötzlich liegt er 3 Meter weiter mit dem Rücken auf dem Boden, was ist wohl passiert?), zwei oder drei Polizisten tragen sein Fahrrad und schmeißen (!) es plötzlich auf den am Boden liegenden drauf (das ist jene Stelle, wo alle laut aufschreien), mindestens einer der neben/hinter ihm stehenden Polizisten tritt dann auch noch mehrmals auf ihn ein.

Nachtrag, 10.5.:
In einem Kommentar auf Facebook [Details dem Verfasser bekannt / belegbar] schildert ein Anwesender, wie er die Gewalteskalation der Polizei erlebt hat (Auszug, Originalschreibweise):

[...] in den Gesichtern der Poliziesten hat man direkt die Freude beim verwenden der Schlagstöcke und Treten auf Kopf und Oberkörper der demonstranten im Gesicht gesehen. Das ganze war aber min. 50m von diesem Lokal [Restaurant Leupold, Anm.] entfernt und sie haben leute die nie in der nähe des lokals waren wurde auch völlig grundlos zu boden geworfen und mit triten u knüppel weiter bearbeitet. ein bekannter kam mit in den Tumult obwohl er min. 50m meter vom lokal weg war und auch nicht einmal dort war, versuchten sie ihn trotzem niederzureißen, als das nicht geling, bekam 2-3 sehr feste schläge mit den stöcken auf die hand!!!
er hat natürlich die dienstnummer verlangt, darauf bekam er die antwort:" dienstnr ham wir heut kane, mußt zum einsetztleiter!" wo man diesen findet, kam:" des der mit´n vün gold, frag wem andern und jetzt kannst di schl..., a entfernen!" als antwort. er hat gezälhte 15 andere beamte gefragt und ca 90% sagten, "is ma wurscht, i kenn kan einsatzleiter, da mußt ume geh zum lokal" dass aber der ausgangs punkt der prügel aktion der polizei war. wahrschlich, damit gleich wieder ein paar leute nieder prügeln können. im Endeffekt bekam ausser großteils eigentlich beleutigungen keine einzige vernünftige antwort, so wie man im bericht sieht, z.b.: die adresse!! nach 13 beleutigungen und 2 völlig sinnlose antworten haben die freunde und helfer nicht geholfen! [...]
Videos zur Eskalation am Schottentor:
1) Amateurvideo auf Youtube: Eskalation bei Demo 8.Mai 2011 (Schottentor ca 22:00) (Polizisten überfallen Radfahrer)
2) WienTV: Eskalation (zur Eskalation durch die Polizei am Schottentor ab ca. 22 Uhr, ohne Bilder der Eskalation selbst)
3) Joyfilm99: Demo Wien 8. Mai (Bilder der Demo(s) inkl. Schottentor, ohne Eskalation selbst)

Nachtrag 11.5.:
Ein anonymes Posting auf Indymedia berichtet (unabhängig von den Polizeiübergriffen am Schottentor) von einem anderen Vorfall nach der offiziellen Demonstration, das hier der Vollständigkeit halber zitiert werden soll:
Einer Gruppe von vielleicht 40-50 Antifaschist_innen gelang es am Weg zurück zur Uni durch Hinterhöfe und ein Restaurant zum Sammelpunkt der sicher über 150 Rechtsextremen vorzudringen. Dabei ist es beinahe zu einer Konfrontation gekommen, lediglich ein einzelner Polizist versuchte die beiden Gruppen zu trennen. Als sich allerdings einige rechtsextreme Schläger aufbauten und die Antifas zum Kampf aufforderten, drehten diese klugerweise um. Außerdem kamen offensichtlich ziemlich gestresste Riot-Cops angerannt, die nicht wussten, ob sie Antifas festhalten oder vertreiben sollten. Ein Einsatzleiter schimpfe die Antifas noch "Satz es deppat, es satz in da Sperrzone!"
Links zur antifaschistischen Demo zum 8. Mai (Tag der Befreiung) gegen das "Toten-" bzw. "Heldengedenken" der deutschnationalen Burschenschaften des Wiener Korportationsringes (WKR) und FPÖ-Politikern am Wiener Heldenplatz.

Berichte (Auswahl):
- Indymedia: verschiedene Artikel zum 8. Mai - kein Tag der Trauer, Tag der Befreiung!
- nochrichten.net: Gestörtes Nazigedenken – Erstmals am 8. Mai nicht nur Deutschnationale auf Heldenplatz – Mehrere Antifaschist_innen beim Schottentor festgenommen.
- fm4.orf.at: 8. Mai: Trauer- oder Feiertag?
- derstandard.at: Rechtes "Totengedenken" ohne Strache
- derstandard.at (26.7.): "Totengedenken" am 8. Mai Burschenschafter als "öffentliche Belustigung"

Videoberichte Mass Media:
- ZIB 20: Spannungen am Heldenplatz - ZIB 20 Uhr - 8.5.2011
- derStandard.at-Nahaufnahme: Das "Totengedenken" der Burschenschafter am 8. Mai 2011. (Video links oben; Burschenschafter-Reden und Gedenkveranstaltung am Heldenplatz)
- derstandardattube: Burschenschafter

Videoberichte Social Media:
- Beitrag in WienTV-Nachrichten vom 10. Mai
- ichmachpolitik.at: Video vom "Totengedenken" am Heldenplatz samt Gegendemonstrationen, inkl. "Interview" mit David Ellensohn und Michael Genner (Asyl in Not) - 8.5.2011
- AUGEIUG: 8. Mai: NAZIFREI!! 8.5.2011 (Über die Gegen-(Antifa-)Demo, bis Heldenplatz)
- sonstige Youtube-Videos: Antifa-Demo 8.Mai 2011 - Wien, Nazis am Burgtor, 8.Mai 2011

Audio:
- cba.fro.at: Deutschnationale Heldenehrung am 8. Mai 2011 erstmals ernsthaft gestört – Tausende bei Befreiungsfeier und antifaschistischer Kundgebung am Heldenplatz.
- Die gesamte Burschenschafter-Rede als Audio-File

Fotos:
- Martin Juen: 8. Mai - Tag der Brefreiung "Totengedenken" d. Wiener Burschenschaften
- Indymedia: [Photos] Demo 8. Mai - Tag der Befreiung
- Indymedia: [Photos] Feier am Schwarzenbergplatz
- Indymedia: [Photos] Absperrungen am Heldenplatz

Montag, 2. Mai 2011

Demonstration gegen Staat und Justiz - die Exekutive war auch da

Freispruch für alle in allen Anklagepunkten! So endete heute der Prozess gegen die TierrechtsaktivistInnen in Wiener Neustadt. Für den Tag der Urteilsverkündung, den 2. Mai, wurde daher via Flyer seit einigen Tagen unter dem Motto „Nach dem Prozess ist vor dem Prozess!“ zur „Demonstration gegen Staat und Justiz“ aufgerufen. Dadurch sollte zum einen darauf hingewiesen, werden dass dieser medial viel beachtete Prozess nicht der einzige ist und § 278a nach wie vor dazu eingesetzt wird, organisierte Proteste zu kriminalisieren (vgl. Verfahren gegen Akademie-Studierende, denen das filmen einer Abschiebung als „Vorbereitung einer strafbaren Handlung“ angelastet wird), zum anderen sollte gezeigt werden, dass sich durch diese Repression niemand einschüchtern lässt.

Im Flyer-Text heißt es: „Jahrelange Bespitzelungen, Überwachungen, Hausdurchsuchungen, Festnahmen, über 3 Monate Untersuchungshaft und nun nach über einem Jahr der plötzliche Versuch gegen die 13 Tierrechtsaktivist_innen so schnell wie möglich ein Urteil zu sprechen. […] Repression ist auch kein Einzelfall, sondern ein Teil des System[s], ein Versuch 'unliebsame, kritische Stimmen' Mundto[t] zu machen, weg zu sperren und kann jede und jeden treffen!“


"Nach dem Prozess ist vor dem Prozess" - "Wir sind alle 278 a!"

Wie zum Beweis versammelte sich heute gegen 19 Uhr die Polizei gegenüber der Universität Wien, um besagte Demonstration zu unterbinden. Was der Großteil der Versammelten vermutlich nicht wusste (und was eigentlich, zumindest bei einer Demonstration zu einem anderen Anlass, unerheblich sein sollte): am selben Abend wurde – wie heute in Zeitungen zu lesen war – der türkische Staatspräsident Abdullah Gül anlässlich eines dreitägigen Staatsbesuchs von Bundespräsident Heinz Fischer feierlich empfangen. Dementsprechend hoch war die dafür vorgesehene Polizeipräsenz im Bereich um die Hofburg, ein Polizeihelikopter kreiste über die Wiener Innenstadt.

Gegen 19:30 waren etwa 150 bis 200 Protestierende anwesend, als via Megaphon vorgeschlagen wurde, via Landesgericht zum PAZ Hernalser Gürtel zu demonstrieren. Als die Menge über den Gehsteig Richtung Universitätsstraße loszog, rannte sogleich ein Zug PolizistInnen über den Ring um sich an die Demo anzuheften. In der Folge versuchten sie die Menge davon abzuhalten, von den Straßenbahngleisen auf die Universitätsstraße zu wechseln. Doch ab der ersten Kreuzung „sicherten“ Polizeimotorräder und -fahrzeuge die umliegenden Kreuzungen, der Demonstrationszug durfte die gesamte Fahrbahnseite beanspruchen. Vor, neben und hinter der Demo marschierte ein Teil der BeamtInnen her, zahlreiche weitere fuhren in VW-Bussen neben und hinter der Demo.


Nach dem Kessel ist vor dem Kessel
Als der Demonstrationszug auf der rechten Seite vollständig durch den Universitätscampus eingegrenzt wurde, fuhr das Lautsprecherfahrzeug der Polizei vor und spielte das (schlecht verständliche) Band zur Auflösung einer Versammlung ab – man habe sich sofort zu zerstreuen (was zu diesem Zeitpunkt, umringelt von Polizeieinheiten und Campus, nicht möglich war). Laut Indymedia-Protokoll war dies kurz vor 20 Uhr. In den nächsten 5 Minuten wurden die ca. 150 Personen durch den mittleren Eingang in den Campus hineingedrängt. Ein Teil davon zerstreute sich in verschiedene Richtungen, der andere Teil zog geschlossen über den Eckeingang des Campus zurück auf die Universitätsstraße. Um 20:06 hieß es dazu auf Indymedia: „Demo bewegt sich wieder zurück Richtung Landesgerichtsstraße, Aktivist_innen gehen teilweise am Gehsteig und auf der Straße, Polizeiwägen sind mitten drinnen“. PolizistInnen liefen die Alser Straße hinunter und versuchten die Menschen auf den Gehsteig zurückzudrängen, zogen zu diesem Zweck auch an den Transparenten und schubsten die eine oder den anderen. Die Menge wurde nun Richtung Landesgerichtsstraße/Garnisongasse abgedrängt, zerstreute Teile kehrten zur Demo zurück.

Als die Spitze der Demo in die Garnisongasse einbog, schnitten ihnen mehrere VW-Busse über die Garelli- und die Frankgasse den Weg ab. Die Spitze wurde vom Rest der Menge, die aus der Garnisongasse zurückwich, abgetrennt. Es kam zu kleineren Gerangeln und Schubsern durch die Polizei, ein weiterer Zug PolizistInnen wurde als Verstärkung angefordert und zog eine zweite Linie hinter dem Kessel, um die „Amtshandlungen“ abzuschirmen. Etwa 30 bis 40 Personen befanden sich nun innerhalb der Polizeisperre, die von niemandem betreten werden durfte, weitere 60 bis 70 außerhalb, dazu einige aufmerksam gewordene PassantInnen, die sich über den Grund des massiven Vorgehens der Polizei wunderten.

Wenns scho do san, soins a wos hackln!

Und warum eigentlich das Ganze? Als mittlerweile gelernter Wiener und regelmäßiger Demo-Beobachter liegt die Ursache tatsächlich „auf der Hand“, wie einer der Polizisten in einem Gespräch mit außen stehenden Personen andeutete. Zunächst ging es um die Frage, ob eine Demonstration, die nicht mindestens 24 Stunden zuvor angemeldet wurde, „illegal“ sei, oder ob das Verfassungsrecht auf Versammlungsfreiheit nicht überwiege (vgl. auch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30.11.1995: "Auch sogenannte Spontanversammlungen [...] sind als Versammlungen iS des VersammlungsG zu qualifizieren [...] Die Mißachtung der Anzeigepflicht allein rechtfertigt die Auflösung einer Versammlung noch nicht.").

. Laut den anwesenden PolizistInnen steht das außer Frage: „Selbstverständlich“ ist eine unangemeldete Demo illegal und zur Herstellung der „öffentlichen Ordnung“ aufzulösen. Aber dies geschehe nur deswegen nicht jedes Mal, da es nicht immer genügend PolizistInnen gibt, um eine spontane Demo aufzulösen. Da müsse man eben „Kompromisse eingehen“. Dass dies nach Ansicht der außen stehenden Personen dem auf Verfassungsrang stehenden Versammlungsgesetz widerspreche, zumal es auf der Demonstration keinerlei Zwischenfälle gegeben habe oder absehbar wären, wurde von den anwesenden PolizistInnen nur mit einem herzhaften Auflachen kommentiert. „Studiern's erst amol fertig!“, meinte einer der Beamten zu einem JUS-Studenten.

Ein anderer Beamter fragte, ob wir denn nicht gewusst hätten, dass heute Staatsbesuch ist und deswegen auch der Hubschrauber kreise. Auf Nachfrage, was das denn mit dieser Demonstration zu tun haben solle, hieß es, „ihr wisst's ja eh, wie des is“. Bei so hohen Anlässen sei man eben sehr sensibel, und sie selbst, also die Hundertschaft an PolizistInnen vor Ort, seien heute nur für den Staatsbesuch eingesetzt. „Wäre heute also kein Staatsbesuch gewesen, wäre die Demo auch nicht aufgelöst worden?“ - „Najo“ [aufsteigende Betonung auf dem „o“] lautete kopfnickend die Reaktion des Beamten.

Dies würde eine Erfahrung bestätigen, die immer wieder gemacht werden kann, zuletzt im Vorfeld der diesjährigen noWKR-Demonstration in Wien. Neun Tage davor, am 19. Jänner 2011, wurde eine spontane Demonstration gegen die Abschiebung einer Frau, die sich als Opfer von Menschenhändlern der Wiener Polizei gestellt und ausgesagt hat, ebenfalls eingekesselt. Die in einem Großaufgebot präsente Polizei setzte 14 (!) VW-Busse, acht Funkstreifen und einen Gefangenentransportwagen zur glorreichen Einkesselung und Besiegung von etwa 50 Personen ein. Diese wurden daraufhin wegen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung angezeigt, da eine Auflösung der Versammlung damals nicht durchgesagt wurde. Auch damals wurde ein Zusammenhang mit dem Ball des rechtsextremen Wiener Korporationsring vermutet und von einem Beamten bestätigt.

Wiener Kesselhüpfen #3/2011

Das dritte Wiener Kesselhüpfen in diesem Jahr - nach einem intensiven Jänner mit Kesselungen am 19.1. und 28.1. - fand also nach über dreimonatiger Pause wieder relativ überraschend statt. Notwendigkeit gab es auch dieses Mal keine, aber das ist fester Bestandteil der Veranstaltungsreihe und sorgt für den gewissen Überraschungsmoment. Etwas, was an keiner guten Demo fehlen sollte. Im Vergleich zu den anderen beiden Kesseln dieses Jahr ging es dieses Mal schon relativ routiniert zu, man merkt den TeilnehmerInnen auf beiden Seiten die zunehmende Erfahrung an. Auch auf das Abspielen des Tonbands zur Versammlungsauflösung wurde dieses Mal nicht vergessen, ganz im Gegenteil: bis ins kleinste Detail durchorchestriert fuhr das Lautsprech-o-mobil just in jenem Moment an der Demo vor, als diese am mittleren Campus-Eingang umzingelt wurde. An den Lyrics ließe sich aber noch arbeiten, auch das Soundsystem auf dem Dach des Polizeifahrzeuges fiel mit geschätzten 2 Watt deutlich geringer aus als jenes der Demonstrierenden am Anhänger eines Fahrrads.

Dennoch lässt sich bereits ein gewisser Trend ablesen: Großveranstaltungen, Staatsanlässe oder bevorstehende Polizeigroßeinsätze (wie etwa die Massenmobilisierung zum 28.1., wo Teams aus unterschiedlichen Bundesländern zusammenarbeiten und eingerostete Bereitschaftspolizisten aufgewärmt werden mussten) befördern die Wahrscheinlichkeit einer Kesselung, während verfassungs- und strafrechtlichen Grundlagen nur nachrangig Bedeutung zukommt. Eine Nicht-Anmeldung einer Versammlung kommt also laut gegenwärtiger Praxis der Wiener Polizei einem Verbot gleich.

Links

- nochrichten.net: § 278a: Freispruch für Tierrechtsaktivist_innen. Polizeikessel für Antirepressionsdemonstrant_innen.

- Indymedia: Nach dem Prozess ist vor dem Prozess: Bericht und Fotos vom Kessel in der Garnisonsgasse

Fotos:
-Rosa Antifa Wien: Eindrücke aus Wiener Neustadt [und Wien]

Samstag, 29. Januar 2011

No WKR 2011 - Die verbotene Demo

[letztes Update: 3.2.2011 (+Karte + Links)]
#nowkr 2011-Protest Map ;)
Einschub: Der Verlauf der Proteste an beiden Tagen (mit bebildertem Überblick über die verschiedenen Treffpunkte) aus Sicht der VeranstalterInnen wurde mittlerweile auf linksunten.indymedia.at veröffentlicht

Nach der für viele überraschenden Kesselung bei der NoWKR-Demo 2010 (bei der alle rund 500 DemonstrationsteilnehmerInnen angezeigt wurden sowie rund 170 unbeteiligte PassantInnen) setzte die Polizei dieses Mal auf ein totales Demonstrations- und Kundgebungsverbot - mit der absehbaren Folge einer Zersplitterung der Proteste auf die gesamte Innenstadt (besonders auf die Bezirke 6 bis 9, wie sich letztlich gezeigt hat). Abermals dürften rund 500 Personen an den dezentral, via SMS und Twitter koordinierten Proteszügen teilgenommen haben - Brennpunkte waren die Mariahilfer Straße und die Westbahnstraße, beide im siebten Bezirk, wo die Polizei zwei vom Gürtel hereinströmende Protestzüge gegen 19/20 Uhr einkesseln konnte.

Weitere Auseinandersetzungen bzw. Zusammenstöße mit der Poliei gab es im Laufe des Abends (bis etwa 23 Uhr wurden Aktivitäten gemeldet) beim Rathaus, vor dem Burgtheater, Heldentor (zeitweise großes Polizeiaufgebot, dann wieder fast gar keines), Volkstheater, Karlsplatz/TU (Foto), Kettenbrückengasse, Schwedenplatz, Stubentor und PAZ Rossauer Lände [Aufzählung mittlerweile mehr oder weniger vollständig; letztes Update: 30.1.2011] - die von der Polizei unter großem Personal- und Materialaufwand großräumig abgesperrten Bereiche um die Staatsoper, den Universitäts-Campus sowie die gesamte Innenstadt (die schon am Vorabend Schauplatz von Protesten war, siehe voriger Blogeintrag) wurden hingegen von den Demonstrierenden gemieden.

Außerdem gab es verschiedene Aktionen von Kleingruppen: so gelang es etwa, ein Transparent an der Hofburg anzubringen. Ein weiteres Transparent wurde am Gitter des Heldenplatzes angebracht, in Straßenbahnen und Bussen waren "Burschis platzen"-Luftballone zu sehen. Weiters wurde der erste Abend von einigen auch der Verschönerung revisionistischer Denkmale gewidmet.

Treffpunkte für die größten Demonstrationszüge (jeweils etwa 150 bis 200 Personen) waren zunächst die U6-Station Alser Straße, die U6-Station Burggasse sowie die Akademie der Bildenden Künste, wo der erste Protestzug schon um 17:40 Uhr (Quelle: SLP-Ticker) startete (und über die Mariahilfer Straße via Neubaugasse, Lerchenfelderstraße und dann zerstreut zur Alser Straße zog und sich teilweise mit den dort versammelten Personen traf).

Nach rund fünf bis sechs (!) Stunden an mehreren Dutzend Schauplätzen in den westlich der Innenstadt gelegenen Bezirken und Straßenzügen konnte die Polizei die Demonstrationen dann tatsächlich so weit zerstreuen und von einer Neu-Organisation abhalten (Twitter-Meldungen wurden zeitecht mitverfolgt), dass von einem durchschlagenden Erfolg des Polizeikonzeptes, das nach Medienberichten rund 1.200 [ursprünglich waren 900 angekündigt; nach Presse-Bericht am 30.1. korrigiert] BeamtInnen (mit Unterstützung aus den Bundesländern) miteinbezog, gesprochen werden muss. Oder anders gesagt:

"Sie [die Polizei] wollten mit möglichst viel Aufwand wenig erreichen und das ist ihnen gelungen"
(Zitat Wolfang Weber, WienTV.org
)

Ein Polizist meint sogar, "... die Demonstration is besser organisiert wie wir" (beim Eintreffen der Polizei in der Westbahnstraße/Gürtel auf diesem Video (bei 1:54) zu hören).

Radio Orange 94.0 berichtete den ganzen Abend über live von den Protesten. Den gesamten Mitschnitt gibts im Sendungsarchiv zum nachhören (Zusammenfassung).

BerichteViceland Today: WIEN DEMONSTRIERT ODER KESSELHÜPFEN FÜR FORTGESCHRITTENE
derstandard.at: Riesiges Polizei-Aufgebot, 500 Demonstranten, vier Festnahmen
scoop.at:
Wiener Linien, Polizei und der WKR-Ball 2011
fm4.orf.at: Katz und Maus
Die Presse: Wien: Die Demo-Metropole
SLP: NoWKR-Ticker des Demo-Abends der Sozialistischen Linkspartei
zurPolitik.com:
Die Vollkoffer im eigenen Auge
nochrichten.net: Unaufhaltsam, unberechenbar, vielfältig wie noch nie: Proteste gegen WKR-Ball 2011.

be24.at:
#nowkr - Wir sind Ägypten

Fotos
cg-politics: #nowkr2011 - demo(s) gegen ball des wiener korporationsring in der hofburg

Daniel Weber: Demonstration gegen den WKR-Ball 2011
... deutscher Berufsdemonstrant ;)

Videos und Videoberichte:
Wien Heute (ORF / keine Berichte in der Zeit im Bild!):

-> Bericht über Demonstration gegen WKR-Ball
WienTV.org:
-> NOWKR 2011 (ausführlicher Bericht mit Interviews des Polizeisprechers Hahslinger)
-> Daniel Hrncir:
NOWKR 2011 (wie es zum Kessel in der Westbahnstraße kam)
AG Doku:
-> 20110129 NoWKR (Eindrücke, Chronik-artig)
ichmachPolitik.at:
-> Spontane Demo gegen das Demonstrationsverbot zum WKR-Ball (am Vorabend, Innenstadt)
-> Erste Eindrücke der dezentralen Protestzüge, Neubaugasse Wien ... (Fahrrad-Kamera)
-> Nowkr-Demo: Dialog zwischen PassantInnen und 2 Polizisten vor dem Kessel in der Westbahnstrasse

-> Der brutalste Kessel bei der #nowkr Demo vor dem Burgtor ...
-> Einkesselung von ca. 200 Demonstranten in der Westbahnstrasse, ORF-Team wird (auch nicht) durchgelassen ...
diverse:
-> NO WKR Demo Impressionen 28/01/2011 (abgeriegelter Uni-Campus)
-> Superheld zum WKR-Ball ;)
-> OE24.AT // WKR Ball Demonstration 28.01.2011

Samstag, 15. Januar 2011

Medienfreiheit für Ungarn - kein Blick zurück - Demonstrationen vom 14. Jänner

Foto: Daniel Weber (CC by-nc-sa 2.0)
Am 1. Jänner 2011 trat Ungarn für ein halbes Jahr den EU-Rats-Vorsitz an. Am selben Tag trat ein neues Mediengesetz in Kraft, das zum einen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einer zentralen Lenkung unterwerfen soll, zum anderen das Redaktionsgeheimnis aller Medien aufhebt und Verstöße gegen sehr weit gefasste Vorgaben wie "politische Unausgewogenheit" oder Gefährdung der "nationalen Sicherheit" mit sehr hohen Geldstrafen (bis zu 200.000 Forint bzw. je nach Wechselkurs ~730.000 €, bei Online-Medien und Blogs bis zu 35.000 €) bedroht. Festgestellt werden solche Verstöße durch eine im August 2010 ins Leben gerufene nationale Medienbehörde (kurz: NMHH, siehe auch Wikipedia-Artikel), die zunächst nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständig war. Das Problem dabei, sofern die bisherigen Punkte nicht ohnehin schon Problem genug sind: Das Präsidium, das diese Behörde leitet, wurde ausschließlich durch die Regierungspartei Fidesz von Viktor Orbán ernannt. Die Präsidentin der Behörde, Annamária Szalai, wurde sogar auf 9 Jahre ernannt. Also über die nächsten zwei Wahlen hinaus.

Da das Mediengesetz per 2/3-Mehrheit, über welche die Fidesz seit den Wahlen letzten Jahres verfügt, in der Verfassung verankert wurde, kann an all den genannten Punkten auch nur mit 2/3-Mehrheit wieder etwas geändert werden. Dass dies so schnell bei einer anderen Partei als der Fidesz der Fall sein wird, ist unwahrscheinlich. Und auch die Fidesz selbst kann sich bei den nächsten Wahlen schon mit einer einfachen Mehrheit oder gar einer Koalition zufrieden geben: Die Kontrolle über die Medien wird sie dank parteitreuer Besetzung der Behörde selbst dann noch bis 2020 besitzen.

Großer Tatendrang der Behörde schon am ersten Tag

Dass die Behörde von ihren weit gefassten Rechten Gebrauch macht, zeigte sich bereits am 1. Jänner. Offenbar lange vorbereitet wurde an diesem Tag ein Verfahren gegen Tilós Radio, ein kleiner, ehemaliger Piratensender, "der in alternativen Kreisen Kultstatus genießt", eingeleitet. Vorgeblich deswegen, weil der Song des US-Rappers Ice-T gespielt wurde und dieser einen "jugendgefährdenden" Text enthält. Wenig später wurde ein Verfahren gegen RTL-Club, die ungarische Tochter des RTL-Konzerns, eingeleitet. Beide Fälle stammen aus dem Vorjahr, das Gesetz soll offensichtlich auch rückwirkend Gültigkeit haben. Und ein Journalist beim öffentlich-rechtlichen Radio wurde entlassen, nachdem er in seiner Sendung eine Schweigeminute wegen des Mediengesetzes abgehalten hat.

Völlig zurecht wird daher eine "Vorzensur" bei den betroffenen Medien selbst befürchtet. Um Strafen, die bei keinem Gericht oder einer anderen Stelle als der Medienbehörde selbst beeinsprucht werden können, zu vermeiden, werden sich viele Medien und JournalistInnen lieber selbst an der Nase nehmen.

Nachdem binnen weniger Tage heftige Kritik aus ganz Europa eintraf und EU-Kommissionspräsident Barroso bei einem Besuch in Budapest mahnende Worte ausgesprochen hat, ruderte Orban zuminest verbal zurück. Er kündigte an, Änderungen am Gesetz vorzunehmen, wenn die EU dies für nötig erachte. Nachsatz: Er gehe nicht davon aus, dass dies so sein wird. Das Problem dabei: Bevor die EU das Gesetz prüfen kann, muss es übersetzt werden. Die NMHH hat zwar ebenfalls eine englische Übersetzung auf ihre Webseite gestellt - diese ist jedoch unvollständig. So bleiben bisher nichts als Worte, denen noch keine Taten gefolgt sind. Einzig: Das Verfahren gegen Tilós Radio soll mittlerweile eingestellt worden sein.

Einheitliche Kommunikationslinie Ungarns

Seit mehreren Tagen herrscht nun Ruhe. Zumindest tauchen keine neuen Fälle mehr auf. Die ungarische Regierung hat diese Zeit offensichtlich dazu genutzt, eine einheitliche Kommunikationslinie einzuführen. So war in den letzten Tagen von Orbán, seinem Außenminister oder - wie heute in Wien - von ungarischen Botschaftern und Orbán-Anhängern nur folgendes zu hören:

1.) Ungarn sei Opfer einer Hetze von - wahlweise - Sozialisten/Kommunisten/Paul Lendvai/EU/hysterische Intellektuellen

2.) Jene Kritiker, die nicht in das in Punkt 1 ohnehin sehr breit gefasste Spektrum hineinpassen, haben das Gesetz schlicht nicht vollständig gelesen (was derzeit auch gar nicht möglich ist). Es enthalte nämlich gar keine bedenklichen Passagen, jedenfalls hätten Kritiker bisher nichts konkretes nennen können

Protest-Vernetzung und -Mobilisierung auf Facebook

Jedenfalls möchte sich Orban endlich als EU-Rats-Vorsitzender feiern lassen und die "ärgerliche" Debatte abdrehen. Dass dies nicht gelingt, ist nicht zuletzt einer aufmerksamen internationalen Presse zu verdanken, die wiederum vielfach erst durch Proteste in Ungarn selbst auf die Brisanz der Gesetze aufmerksam gemacht wurde. So wurde bereits im Dezember die ungarische Facebook-Seite Egymillióan a magyar sajtószabadságért ("Eine Million für die ungarische Pressefreiheit") gegründet, die für den 22. Dezember zur ersten Demo rief, die von 1.500 vorwiegend jungen Leuten besucht wurde. Von den selben Leuten wurde auch eine internationale Version der Seite gegründet [und zwischen 17. und 18. Jänner gelöscht, Anmk.], um die Facebook-Weltöffentlichkeit auf die bedenklichen Neuerungen aufmerksam zu machen.

Als am 1. Jänner das neue Mediengesetz inkraft trat und sofort aus fadenscheinigen Gründen ein Verfahren gegen das kleine Tilós Radio eröffnet wurde, startete ich eine deutschsprachige Protestseite: Medien- und Meinungsfreiheit für Ungarn - da sich durch die sofortige Anwendung des Gesetzes eine bedenkliche - und schnelle - Entwicklung abzeichnete, die rasche Reaktionen erfordert. Da mittlerweile in einigen europäischen Ländern bedenklich hohe Verflechtungen von Regierungschefs und Medienkonzernen bestehen - Berlusconi ist nur der Gipfel dieses Zustands - war nicht unbedingt von einem ent- und geschlossenen Vorgehen der EU zu rechnen. Jedenfalls sollte die kritische Öffentlichkeit - nennen wir sie mal Zivilgesellschaft - vorbereitet sein, wenn sie "gebraucht" wird.

Also begann ich - oder besser gesagt "wir" (ich gab im Grunde nur den Startschuss, den Rest erledigt "die Community" von selbst) - diese kritische Öffentlichkeit auf Facebook einzusammeln. Dank Uni- und Anti-Abschiebungs-Protesten bestehen ja mittlerweile schon ganz gut funktionierende Netzwerke/Plattformen zur Mobilisierung. Daraus resultierten längst auch immer dichter werdende persönliche Netzwerke der regelmäßig beteiligten Personen. All dies war die Basis für die neue deutschsprachige Protestseite. Womit auch die von Orbán-Anhängern dogmatisch vorgetragenen Behauptungen, es handle sich bei den AktivistInnen gegen das Mediengesetz (egal ob in Ungarn oder im Ausland) um "ferngesteuerte" Anhänger der ungarischen Sozialisten (oder wem auch immer; die Orban-Fans sind da flexibel) oder gar Marionetten der internationalen Banken und Konzerne (die von Ungarn ja kürzlich mit Sondersteuern belegt wurden), widerlegt sein sollten.

Freilich dauerte es keine paar Stunden, schon wurde auch die ungarische Community in Österreich/Wien auf die Seite aufmerksam. Freilich habe ich ja die neue Seite auch auf der ungarischen und internationalen Facebook-Seite verkündet. Alles andere erledigt sich wie gesagt "von selbst". It's the Community, great!

Schon am 2. Jänner zählte die Seite über 700 "gefällt mir" (oder im alten Duktus: "Fans"). An diesem Tag wurde auf der internationalen Version der ungarischen Protestseite die Demo in Budapest am 14. Jänner angekündigt - und gleichzeitig dazu aufgerufen, in allen europäischen Hauptstädten aus Solidarität ebenfalls Demos zu organisieren. Wie praktisch, dass es in Wien bereits eine entsprechende Seite gibt ;)

Also hab ich auf Facebook einige Kontakte angeschrieben, auf die Solidaritäts-Bitte aus Ungarn hingewiesen und gefragt, ob jemand mit Erfahrung eine Demo organisieren und anmelden würde. Am nächsten Tag fand ich eine Antwort von Sigi Maurer von der ÖH vor, die zwar skeptisch war, ob sich viele Leute zu solch einer Demo mobilisieren ließen, aber nach einer Diskussion der ÖH-Bundesvertretung kam ebendiese zur Übereinstimmung, eine Demo anmelden zu wollen. Jedenfalls sollten noch die Medienrechtsorganisationen, die JournalistInnen-Gewerkschaft und andere potenzielle Unterstützer der Demonstration möglichst mit ins Boot geholt werden. Der Rest der Geschichte ist mehr oder weniger bekannt.

Am Freitag, den 7. Jänner, gab es das OK für die öffentliche Ankündigung der Demonstration. Der Aufruftext war fertig und wurde auf der Facebook-Seite, die mittlerweile über 1.500 UnterstützerInnen zählte, veröffentlicht. Am Montag den 10. Jänner ging eine gemeinsame Presse-Aussendung der Organisatoren (zu diesem Zeitpunkt: ÖH, GPA-djp, Reporter ohne Grenzen, Österreichischer Journalistenclub, Presseclub Concordia, Radio Orange und Amnesty International) hinaus. In den Tagen danach schlossen sich noch weitere Organisationen dem Aufruf an, etwa das International Press Institute und der Österreichische Medienverband.

Bis zum 14. Jänner, dem Tag der Demo in Budapest, der auf Facebook schließlich rund 7.500 Leute ihr Kommen zugesagt haben, erreichte auch die deutschsprachige (Wiener) Protestseite fast 2.000 UnterstützerInnen (zum Vergleich: die ungarische zählte am 14.1. 71.000 "Fans", die internationale Version knapp 2.700), der Wiener Demo-Aufruf rund 470 Zusagen.

Demonstrationen
Foto: Daniel Weber (CC by-nc-sa 2.0)
Einen Tag vor der Demonstration wurde auf Facebook auch für Berlin eine Protestaktion angekündigt. Auf englisch, und mit dem Hinweis, dass es sich um keine angemeldete Aktion handelt, weshalb möglichst Blumen oder ähnliches vor der Botschaft niedergelegt werden sollten. Auch auf polnisch wurde eine Protestaktion angekündigt, vermutlich in Warschau. Näheres ist mir bisher allerdings nicht zu Ohren gekommen, auch keine Übersetzung. Dass in der ungarischen Stadt Pécs (zwei Fotos) demonstriert wird, war hingegen schon seit einigen Tagen bekannt und angekündigt.

In Budapest nahmen schließlich etwa 10.000, die Veranstalter sprechen gar von 15.000, Menschen teil. Eine sehr starke Demonstration, wenngleich der Pester Lloyd etwas relativiert: Der Kossuth-Platz vor dem Parlament wurde nicht gefüllt, der Altersschnitt war (im Gegensatz zur ersten Demo am 22. Dezember) überraschend hoch. Das Programm (Rede- und Musikbeiträge) sei relativ schnell durchgespielt worden, das ganze habe, so der Pester Lloyd, eher wie die Absolvierung eines Pflichtprogramms gewirkt. War es im Grunde ja auch.

In Wien versammelten sich etwa 200 bis 250 Personen vor der ungarischen Botschaft.
Auch hier gab es nur kurze, aber nicht weniger prägnante Redebeiträge. Die Stimmung war gut, das Publikum war sehr vielfältig gemischt. Jung und alt, ÖsterreicherInnen und Auslandsungarn bzw. Austro-Hungaren (falls es dieses Wort überhaupt gibt), Studierende, JournalistInnen, AktivistInnen der teilnehmenden Organisationen und auch eine kleine, aber sehr engagierte und auffällige (einige TeilnehmerInnen trugen Guy Fawkes-Masken, wie sie etwa von den durch die Wikileaks-Affäre bekannt gewordenen NetzaktivistInnen Anonymous getragen werden; es gab eine Piratenflagge sowie ein Freibeuter Sonderblatt der piratischen studentinnen und studenten) Fraktion der Pirat(inn)enpartei - die als einzige politische Gruppierung in Erscheinung trat, was man in Ungarn vermeiden wollte und eigentlich auch in Wien beherzigt wurde.

Aber als Partei, die sich als Kollektiv von NetzaktivistInnen entschieden gegen jede Form von Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit wendet, wodurch sie sich elementar von allen anderen politischen Parteien unterscheidet, halte ich ihre Teilnahme nicht nur für gerechtfertigt sondern auch für höchst erfreulich, erbaulich und lobenswert!

Im Anschluss wurde dem ungarischen Botschafter, der die meiste Zeit vor der Botschaft anwesend war, eine Petition für Medien- und Meinungsfreiheit von Amnesty International überreicht. Unter großem Medieninteresse, einem regelrechten Blitzlichtgewitter, wurden dem Botschafter schließlich mehrere Fragen zu seiner Position gestellt, die er ausführlich, aber pflichtgemäß beantwortete. Für die Menschen hinter den JournalistInnen war dieses Gespräch leider nicht zu hören. Wir warten auf entsprechende Videobeiträge, die wohl im Verlauf des heutigen Tages veröffentlicht werden, und die ich hier in der Linksammlung nachtragen werde.

Aus Pécs wurden übrigens etwa 200 DemonstrantInnen gemeldet, in Berlin sollen 35 Personen demonstriert haben (Quelle: pusztaranger.org). Aus anderen Städten ist (derzeit) nichts bekannt.


Weiterführende Links zu den Demonstrationen

Folgend ausgewählte Berichte kommerzieller Medien sowie eine möglichst umfangreiche Übersicht nicht-kommerzieller Beiträge:

Berichte:
- Martin Juen aus Budapest: Demonstration for free Speech & Press Freedom gegen das neue Mediengesetz | Ungarn
- digitaljournal.zib21.com: Ungarn: Puszta, Paprika, Pressezensur und Protest (eine Zusammenfassung der Ereignisse bis zum 14.1.)
- derstandard.at: Ungarisches Mediengesetz - Facebook-Generation macht mobil
- nochrichten.net: Gemeinsam in Budapest, Wien, Pécs und Berlin für Medienfreiheit in Ungarn
- neuwal.com: "Geben sie Gewissens- und Gedankenfreiheit, Herr Orbán" - Solidaritätskundgebung in Wien
- International Press Institute (IPI) / International Freedom of Expression Exchange (IFEX): Campaigns and Advocacy: IPI, RSF and Austrian Journalists' Union urge Hungarian government to withdraw new media legislation

Fotos
- Martin Juen aus Budapest (flickr-Album)
- Pécsi Napilap: Fotogalerie aus Pécs
- Daniel Weber (flickr-Album)
- AUGE/ug (flickr-Album)
- Daniel Hrncir (Facebook-Album)

Videos / Videoberichte:
- Daniel Hrncir: Aufzeichung des "offiziellen" Livestreams in zwei Teilen (wenig zu sehen, aber Redebeiträge gut zu verstehen)
- Daniel Weber: drei Handy-Livestream-Aufzeichnungen (auf bambuser.com in drei Teilen)
- wienTV.org --> folgt am Dienstag, 18.1.

Audio:
- Cultural Broadcasting Archive (CBA): doku demo: free media in hungary
- CBA: Die Wiener Kundgebung für Medienfreiheit in Ungarn vom 14. Jänner 2011
 
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